The Seventh Sin

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
26. April 2003
Abgelegt unter:
CD, Hören, Score

Score

(4/6)

The Seventh Sin • Hongkong war ihr Schicksal (1957) schildert Reifungsprozess und Läuterung einer anfangs oberflächlichen und untreuen Arztfrau (Eleanor Parker) während einer Cholera-Epidemie in Hongkong. Der hier zum zweiten Mal verfilmten Story liegt der aus dem Jahr 1925 stammende Roman „The Painted Veil“ (deutscher Titel „Der bunte Schleier“) von W. Somerset Maugham zugrunde. Was im Jahr der Buchveröffentlichung ein zweifellos dramatischer Stoff um zuvor kaum thematisierte Beziehungsprobleme der besseren Gesellschaft gewesen ist, lag im Jahr 1957 nicht gerade im Trend der Zeit, den eher Schlagworte wie „Rebellen, Jeans und Rock’n’Roll“ markierten. Der hierin zum Ausdruck kommende Generationenkonflikt spiegelt sich in Filmen wie Rebel without a Cause • Denn sie wissen nicht was sie tun (1955).

Für MGM war The Seventh Sin ein solides aber eindeutiges B-Film-Projekt, das zwar in CinemaScope gedreht, aber nur mit Mono-Lichtton in den Verleih kam – und das heutzutage teilweise soapig wirkt. Kurioserweise ist auch die Musik ursprünglich nicht im damals MGM-üblichen 3-Kanal-Stereo-Verfahren auf 35-mm-Magnetton-Film aufgezeichnet worden, sondern nur in Mono. Das für derartige Aufnahmen verwendete nur halb so breite, magnetisch beschichtete Filmmaterial weist merklich geringere Stabilität bei Langzeitlagerung auf. FSM hat alles getan, um das Bestmögliche herauszuholen und präsentiert den kompletten Score in fast durchgehend sehr sauber und klar klingendem Mono. Miklós Rózsas Filmmusik zu The Seventh Sin zählt nicht zu den großen Werken des legendären Maestros, belegt aber, wie sorgfältig und handwerklich tadellos selbst seine Arbeiten für kleinere Filmprojekte gemacht sind.

Nach einem asiatisch angehauchten kurzen fanfarenartigen Auftakt erklingt das kraftvoll-dramatische Hauptthema, welches dem aus Lust for Life (1956) verwandt ist, ihm steht ein romantisches zweites Thema gegenüber. Beide Themen erscheinen im Laufe der folgenden rund 40 Minuten in vielfach gewandelter und auch stimmungsmäßig stark veränderter Gestalt. Derart sauber auskomponierte thematische und auch motivische Arbeiten sind die Ingredienzien, die selbst die „schwächeren“ Arbeiten Miklós Rózsas auszeichnen.

Dem exotischen Ort der Filmhandlung zollt Rózsa auf zweierlei Art Tribut: Zum einen in Form des in die Partitur partiell eingearbeiteten asiatisch angehauchten Kolorits, zum anderen in speziell komponierter Hintergrundmusik für Szenen auf Straßen und Plätzen. So entstanden allein 7 Stücke Source Music für kleines, auf ethnischen Instrumenten spielendes Ensemble. Diese charmante Musik ist auf der CD als knapp 17-minütige Suite „Chinese Montage“ vertreten. Hier hätte es sich der Komponist zweifellos leichter machen können, z. B. auf Archivmaterial zurückgreifen oder überhaupt einen versierten Mitarbeiter des MGM Music Departments mit der Aufgabe „Chinese Source Music“ betrauen können. Dass er diese – nicht in unmittelbarem musikdramatischen Zusammenhang zu seiner Filmkomposition stehende – Musik nicht als zweitrangig ansah, zeigt eindeutig, wie ernsthaft Rózsa auch diesen Vertonungsauftrag für einen „nur“ B-Film genommen hat. Immerhin erfordert das Komponieren für ethnische Instrumente, dass sich der Komponist zuvor mit deren klanglichen und spieltechnischen Möglichkeiten eingehender auseinandersetzt – vergleichbare (jedoch aufwändigere) Studien zur Musik der Antike gingen dem Kolossalfilm Quo Vadis (1951) voraus und begründeten das, was der Filmliebhaber als „echt römischen Klang“ empfindet (Basisinformationen zu Miklós Rózsa in Madame Bovary etc.).

Dass der Komponist gelegentlich auch mal aufs eigene ŒŒuvre zurückgriff und etwas Gelungenes recycelte, belegt der aus Story of Three Loves (1953) entliehene – hier als Hintergrundmusik dienende, in neuem Arrangement eingespielte – delikate Walzer (siehe hierzu auch Valley of the Kings und Tip on a Dead Jockey).

Wenn auch mittlerweile schon Standard, bleibt das liebevoll gestaltete Begleitheft doch erwähnenswert. Es enthält nicht allein eingehendere Infos zu Film und Musik, sondern sogar Detailliertes über die für Previews verwendete – aus Temp-Tracks bestehende – musikalische Untermalung. Etwas was seinerzeit – im Gegensatz zu heute – nur in Ausnahmefällen zur „Inspiration“ des Komponisten diente.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Komponist:
Rózsa, Miklós

Erschienen:
2002
Gesamtspielzeit:
59:26 Minuten
Sampler:
FSM
Kennung:
Vol. 5 No. 17

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