Strauss: Orchestral Works (EMI)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
13. Dezember 2003
Abgelegt unter:
Klassik

Richard Strauss: Orchestral Works, EMI-Box

Wer bei Richard Strauss tiefer einsteigen möchte, der erhält mit der preiswerten EMI-Box aus der Reihe „Budget Box Sets“ geradezu ideale Voraussetzungen. Die Platz sparende, zurückhaltende Ausführung — 9 CDs in Papphüllen, nebst ordentlichem Booklet in einer stabilen Pappbox — lässt die Power der Kollektion kaum erahnen. Die Box vereint die Einspielungen des ersten umfangreichen Zyklus der Straussschen Orchesterwerke, den Rudolf Kempe mit der Staatskapelle Dresden in den 70er Jahren realisiert hat.

Hier gibt es nahezu alles, was es beim spätromantischen Klangzauberer Richard Strauss (abseits der Opern) zu entdecken gibt. An besonders bekannten Werken findet man: die reizende Tondichtung „Till Eulenspiegels lustige Streiche“, in ihrem geradezu plastischen Ausdruck fast schon eine Filmerzählung durch Musik; den schwelgerischen und zugleich sinnlich-leidenschaftlichen „Don Juan“; „Also sprach Zarathustra“, der auch neben der berühmten durch Kubricks 2001 zum Hit avancierten Eröffnungsfanfare wertvolle Musik enthält; „Eine Alpensinfonie“ als die wohl machtvollste in Töne gefasste Natur- und Stimmungsschilderung einer Bergwanderung. Strauss zieht hier alle Register technischen Könnens, malt eindrucksvoll Tagesanbruch und Sonnenaufgang, suggeriert perfekt das spritzende Wasser eines kleinen Wasserfalls, setzt zur akustischen Visualisierung der Alm-Idylle Kuhglocken ein und scheut beim machtvollen Gebirgsgewitter nicht vor naturalistischen Theatereffekten mit Wind- und Donnermaschine zurück. Und „Auf dem Gipfel“ wurde das majestätische Vorbild für unzählige Musiken zur Untermalung von Landschaftspanoramen.

Gerade dieses zum Teil zweifellos Plakative des Ausdrucks hat es der Alpensinfonie im Werkkanon des Komponisten in ihrer Rezeptionsgeschichte nicht leicht gemacht. Auch heutzutage ist gelegentlich noch der Vorwurf der Effekthascherei und damit Oberflächlichkeit zu vernehmen. Hierbei wird aber übersehen, dass der Komponist das Werk nicht allein als Effektstück angelegt, sondern darin dem musikalischen Ausdruck der vielfältigen Empfindungen und Stimmungen seines Wanderers — in leisen Tönen — insgesamt sogar breiteren Raum eingeräumt hat, als den Passagen mit zum Teil krachendem Effekt.

Gerade die bis hierher genannten Stücke sind bis heute für die Musik der tönenden Leinwand sämtlich unverzichtbar. Sie dienen entweder als Stilvorbilder — z. B. „Eine Alpensinfonie“ für J. Goldsmith in The Blue Max — oder werden sogar eindeutig beliehen — „Don Juan“ beispielsweise von Victor Young in Scaramouche. Mr. Skeffington von Franz Waxman und Boys from Brazil von Jerry Goldsmith wären ohne „Der Rosenkavalier“ nicht denkbar. Entscheidende Strauss-Einflüsse finden sich auch in folgenden Filmmusiken: Korngolds Adventures of Robin Hood, Waxmans Prince Valiant und Sunset Boulevard, Rosenthals Clash of the Titans und Williams Jurassic Park, um nur einige zu nennen.

Und neben dem selbstironischen „Ein Heldenleben“, der familiär-innigen, fast schon kammermusikalischen „Sinfonia Domestica“ sind auch seltener zu hörende Werke vertreten. Beispielsweise die beiden schönen romantischen Hornkonzerte, das subtile Oboenkonzert und neben dem frühen Violinkonzert auch ein früher Ausflug in die Welt der sinfonischen Dichtung: „Aus Italien“.

Von den Werken für Klavier und Orchester sind neben der „Burleske“ das „Parergon zur Sinfonia Domestica“ und der „Panathenäenzug“ als klangschöne Raritäten enthalten. Und nicht vergessen werden dürfen an dieser Stelle zwei reizende Ausflüge des Komponisten in Historisierendes: „Der Bürger als Edelmann“ und die „Tanzsuite nach Klavierstücken von Couperin“. Und keinesfalls unbedeutend ist der „Don Quixote“: im Untertitel als „Fantastische Variationen über ein Thema ritterlichen Charakters“ ausgewiesen, ist er ein Geheimtipp für Fortgeschrittene und Feinschmecker. Es handelt sich um einen raffinierten Variationszyklus, ausgeführt als eine Art Cellokonzert. Ein komplexes Werk, für das man sich etwas mehr Zeit nehmen muss, um seine großen Schönheiten und die herrlichen und dabei zum Teil quasi filmisch-bildhaften Einfälle richtig einschätzen zu können.

Kempes EMI-Strauss-Zyklus genießt interpretatorisch nach wie vor hohen Rang und darf auch heutzutage noch als klangtechnisch „Sehr gut“ bezeichnet werden. Im sehr ordentlichen Booklet findet der Käufer zur Fülle des Gebotenen zwar keine tief schürfenden, aber zu jedem der vertretenen Stücke immerhin solide Informationen. In Anbetracht des ebenfalls tadellosen Preis-Leistungsverhältnisses kann man hier nur zum Zugreifen raten.

Komponist:
Strauss, Richard

Erschienen:
1999
Sampler:
EMI
Kennung:
5 73614 2 (9-CD-Box)
Zusatzinformationen:
Staatskapelle Dresden, R. Kempe

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