Die Labelbezeichnung cpo steht für „Classic Production Osnabrück“. Vertrieb ist die jpc-schallplatten Versandhandelsgesellschaft mbH, die ihren Sitz 1991 ins nahe gelegene Georgsmarienhütte verlegt hat. Ähnlich wie Marco Polo oder Chandos setzt auch cpo darauf, Nischenplätze des Repertoires auszufüllen: musikalisches Neuland entdecken, so heißt die Devise. Es begann im Jahr 1986 und die vergangenen rund 15 Jahre dürfen als Erfolgsstory bezeichnet werden. Das noch junge Label hat sich mittlerweile auch international Anerkennung verschafft, was sich in verschiedenen Preisverleihungen spiegelt. Der cpo-Katalog für 2001 gibt auf knapp 150 Seiten – mit sämtlichen Cover-Abbildungen im Vierfarben-Druck – Auskunft über das bisher Veröffentlichte. Dieser Review-Artikel will eine erste Auswahl besonders markanter CD-Produktionen des vielseitigen Programms dieses wichtigen Labels vorstellen.
Sämtliche CDs sind mit sorgfältig editierten Booklets ausgestattet, die ausführliche und informative Texte in Deutsch, Englisch und Französisch enthalten. Die Einspielungen werden weltumspannend in Co-Produktion mit Dritten (z. B. dem Australischen Rundfunk, dem NDR und der BBC) in der Regel mit sehr guten Nachwuchskräften realisiert, wobei sich auch die Tontechnik ausnahmslos auf sehr gutem Niveau befindet. Und noch etwas macht die Veröffentlichungen zusätzlich interessant: Nach einem gewissen Angebotszeitraum werden die Neuerscheinungen preislich deutlich reduziert.
Auf Cinemusic.de waren cpo-Produkte bisher noch recht spärlich vertreten. Dies hat seinen Grund primär darin, dass bislang nur wenig Filmmusiken erschienen sind. Neben Erich Wolfgang Korngolds Midsummer Night’s Dream findet sich auf Cinemusic.de ein eingehender Blick auf den verdienstvollen Benjamin-Frankel-Sinfonien-Zyklus, der für den Filmmusikfreund durch Battle of the Bulge gekrönt wird. Last but not least sind im Special „Der Walzer“ die reizvollen „Waltz Reflections“ mit Bearbeitungen von Strauß-Walzern durch Komponisten der Neuen Wiener Schule vertreten.
Alfred Schnittke: Music for the Movies
Die aktuelle Kompilation mit Filmkompositionen des russischen Komponisten Alfred Schnittke (1934-1998) ist ein weiterer Schritt von cpo, auch Film-Musik nicht auszuklammern. Die vier hier in Auszügen vertretenen Filmmusiken (Die Vergangenheit und die Gedanken, Agonie, Die letzten Tage von St. Petersburg und Meister und Margarita) spiegeln die polystilistische Arbeitstechnik des Tonschöpfers wider. Alfred Schnittke scheut sich nicht, vielseitige Stile zu adaptieren und auch Klischees zu verwenden, um einen gewünschten Effekt zu erzielen. So stehen z. B. barocke Klangschemata neben modernen Klangschichtungen (Ennio Morricone lässt grüßen), Pauken- und Chorglissandi und sinnfällig Melodisches neben rhythmisch wuchtigen Akkordfolgen. Ebenso erklingen Formen der Tanzmusik der 20er Jahre (z. B. der Tango) und neben Walzerseligem à la Tschaikowsky bekommt man sogar das mittelalterliche „Dies Irae“ in Form eines Walzers zu hören. Daneben gibt es Fanfaren, volkstümlich Marschartiges und auch ein verzerrtes Zitat aus dem berühmten Ravelschen „Bolero“ fehlt nicht.
Das Gebotene wirkt durchdacht und raffiniert konzeptioniert. Insofern ist es schon etwas schade, dass hier kaum die Möglichkeit besteht, die Wirkung der Musiken zusammen mit dem jeweiligen Film zu beurteilen.
Insgesamt ist Schnittkes Tonsprache hier sicher verbindlicher als in manchen seiner eher sperrigen Schöpfungen für den Konzertsaal. Alles in allem muss von sehr gutem Handwerk mit beträchtlichem Pfiff gesprochen werden. In der Rhythmik und den grotesken Anspielungen spiegeln sich Klangschemata seiner berühmten Landsleute und Kollegen Sergej Prokofieff und Dimitri Schostakowitsch wider (siehe auch Das neue Babylon). Da bislang von Schnittkes Filmmusiken noch nichts auf Tonträger zugänglich ist, bildet die vorliegende CD eine echte und sehr willkommene Repertoire-Bereicherung.
Der 1966 in München geborene Dirigent Frank Strobel ist kein Unbekannter im Bereich Filmmusik. Manch einem dürfte sein Name speziell im Zusammenhang von Stummfilmen mit Live-Musik geläufig sein. Strobel hat bis heute sowohl eine Vielzahl derartiger Originalmusiken als auch speziell neu komponierte Partituren diverser Komponisten eingerichtet und live in Opernhäusern, Filmtheatern und Open-Air-Veranstaltungen aufgeführt. Zusammen mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin hat er diese interessante CD produziert, die auch klanglich keine Wünsche offen lässt.
Mehrteilige Rezension:
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