The Dirty Dozen

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
24. Dezember 2007
Abgelegt unter:
CD

Score

(3.5/6)

Robert Aldrich landete mit The Dirty Dozen • Das dreckige Dutzend (1966) einen Kassenerfolg. Im Zentrum der fiktiven Story stehen Ausbildung und Einsatz einer Special-Force. Besagtes dreckiges Dutzend soll hinter den deutschen Linien der Invasionsfront eine in einem Schloss untergebrachte Gruppe hochrangiger SS-Offiziere außer Gefecht setzen. Unterm Strich ist Aldrichs Kriegsspektakel der Vietnam-Ära zwar pyrotechnisch effektvoll inszeniert, aber letztlich nur ein arg fragwürdiger Actionstreifen für harte Männer, ausgeprägte Durchhaltetendenz inklusive. Die Tatsache, dass es sich bei den „Guten“, welche gegen die bösen Deutschen zu Felde ziehen, um auf Bewährung befindliche Schwerverbrecher handelt, macht nichts besser: allein makabrer und garantiert brutal. Hinzu kommen noch allein ärgerliche Klischees die Deutschen betreffend, deren Dümmlichkeit an Filme wie The Guns of Navarone gemahnt.

2498Frank De Vol hat The Dirty Dozen im Sinne einer klassischen Weltkrieg-II-Film-Vertonung angelegt. Das belegt erst einmal der typisch militärische Tonfall, der mit kräftigem Einbinden von Traditionals wie dem Glenn-Miller-Hit „Don’t Sit under the Apple Tree“ einhergeht. Ähnlich wie Steiner greift der Komponist dabei auch auf bekannte Märsche wie „The Star-Spangled Banner“ und ebenso die deutsche Nationalhymne zurück. So wirkt der handwerklich überaus solide ausgeführte melodische Score streckenweise wie eine modernisierte Steiner-Musik zu vergleichbaren Sujets — siehe auch Battle Cry. Letzteres unterstreichen besonders die für die Szenen im Trainingscamp zum Zuge kommenden, überraschend ironisierend wirkenden komödiantischen Stilismen, wie das ausgeprägte Mickey-Mousing. Eigenes Material bilden in erster Linie zwei knappe Motive, von denen das vier Noten umfassende als markantes Dirty-Dozen-Motiv fungiert. Dieses wird direkt eingangs, zum Titelvorspann in marschartiger Form präsentiert. Zusammen mit einem aus drei Noten bestehenden Gefahrenmotiv bestreitet es besonders wirkungsvoll die geschickt vertonten Sequenzen des Himmelfahrtskommandos im letzten Drittel des Films. Gerade in den Action- wie den ausgedehnten Suspensepassagen erweist sich De Vol als effektvoller musikalischer Gestalter. Dabei wird nicht nur mit überzeugenden modernistischen Einschüben gewürzt, auch gut gewähltes Zeittypisches steht auf dem Programm. So erinnert eine ausgedehnte, das Geschehen vorantreibende rhythmische Passage im fast 8-minütigen Track 22 mit Snare Drums, Pauken sowie Einwürfen des gestopften Blechs deutlich an TV-Musiken Lalo Schifrins. Hier kommen besonders seine Musik zu Mission Impossible, aber auch Teile seiner Vertonungen zu Solo für O.N.K.E.L. in den Sinn.

Seinerzeit war die LP ziemlich erfolgreich und dürfte wohl die insgesamt bestverkaufte De-Vol-Filmmusik auf Tonträger sein. Das vorzüglich editierte FSM-Album bietet die komplette Filmmusik, wie üblich in bestmöglicher Tonqualität. Rund 59 Minuten Score plus ca. 21 Minuten Bonustracks (Alternativ-Versionen für die LP-Ausgabe sowie Source Cues) in feinem, sehr frisch klingendem Stereo-Sound ergeben nicht allein ein randvolles Album. Neben ausführlichen Infos zum Film sowie zu jedem einzelnen Stück des CD-Albums gibt’s im Begleitheft auch die Liner-Notes zur ehemaligen MGM-LP-Ausgabe des Scores zu lesen. Und selbst eine detaillierte Aufschlüsselung des in den LP-Tracks kombinierten Original- oder auch speziell eingespielten Musikmaterials fehlt nicht. Und so kann der Käufer unter anderem das recht originell im Lili-Marleen-Stil komponierte melancholische deutsche Lied „Einsam“ in der Original-Film-Version mit der spürbar anders gelagerten LP-Variante vergleichen. Entsprechendes gilt auch für den flotten, eindeutig der Pop-Ära der Filmmusik verpflichteten Song „Bramble Bush“, gesungen von Trini López.

Nicht nur an dieser Stelle spielt eine für das (Hör-)Album gegenüber der originalen Filmmusik merklich veränderte Konzeption hinein. Ein oftmals Sinn machender Aspekt, der nicht vergessen werden sollte. Ein besonders einschneidendes Beispiel dazu liefert The Fury von John Williams.

Alles in allem ist die Komplettversion von Das dreckige Dutzend zwar kein absolutes Muss, sie garantiert jedoch gute Unterhaltung und ebenso interessante Einblicke in die Vertonungspraxis Mitte der 1960er Jahre.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2007.

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Komponist:
De Vol, Frank

Erschienen:
2007
Gesamtspielzeit:
79:58 Minuten
Sampler:
FSM
Kennung:
Vol. 10 No. 5

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