Valley of the Kings / Men of the Fighting Lady

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
15. Mai 2005
Abgelegt unter:
CD

Score

(4/6)

Valley of the Kings/Men of the Fighting Lady

FSM schreitet voran in der Komplettierung von Rózsas MGM-ŒŒuvre: Das vorliegende Album vereint die Musiken zu Valley of the Kings • Das Tal der Könige (1954) mit Zugaben aus King Solomon’s Mines • König Salamons Diamanten (1950) sowie Men of the Fighting Lady • Verwegene Landung (1954). Im Vergleich mit der 1999 erschienenen tickertape-Edition zu Valley of the Kings ist die reine Albumspielzeit des FSM-Albums rund zweieinhalb Minuten länger, obwohl vom als Source-Music vertretenen Madame-Bovary-Walzer keine zweite Fassung (bezeichnet als Alternativ-Version) vertreten ist. Vielmehr präsentiert die FSM-CD tickertapes „Alternate Waltz“ als die Filmfassung. Da das wiederum sehr informative und sowohl mit Filmbildern als auch Plakatmotiven versehene 20-seitige Begleitheft eine derartige Alternativfassung überhaupt nicht erwähnt, bleibt letztlich unklar, was es mit der rund dreißig Sekunden kürzeren „Filmversion“ besagten Walzers auf dem tickertape-Album wirklich auf sich hat. Letztlich erscheinen mir an dieser Stelle aber die rund fünf Minuten mehr Rózsa bei FSMs Valley of the Kings doch als ein Quäntchen bedeutender.

(Auf Anfrage teilte Lukas Kendell mit, dass besagte alternative Version des Madame-Bovary-Walzers in der Tat zum Film gehört. Das Stück erschien ihm zum Zeitpunkt der Albumkonzeption als zu Redundant, wurde deswegen nicht aufgenommen. Inzwischen hat er aber beschlossen, dieses kleine, sicher nicht wichtige, aber trotzdem reizvoll andersartige Arrangement ins Bonusmaterial eines passenden späteren Albums mit aufzunehmen. Das letzte Wort zu Valley of the Kings wird also noch gesprochen werden.)

Auch wenn es sich hierbei zweifellos „nur“ um eine routinierte Arbeit des berühmten ungarischen Komponisten handelt, sind der Umgang mit dem musikalischen Material und seine Gestaltung tadellos und sorgfältig ausgeführt. Das gilt ebenso für das reizvolle Verschmelzen von Rózsas unverwechselbar ungarischem Klangidiom mit arabisch anmutenden Melodien und Rhythmen. Dabei deuten die Ethnoeinflüsse allerdings in Richtung der (eher Pseudo-)Klangexotik des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Damit ist das Resultat natürlich hollywoodtypisch und im heutigen Sinne zweifellos konventionell, denn kein einziges exotisches Instrument wird dem klassisch-romantisch zusammengesetzten Orchester dabei einverleibt. Dank der handwerklichen Souveränität in der Ausführung besitzt der Score jedoch zeitlose Klasse und auch Charme, darf mehr als „nur“ hübsch genannt werden. Vergleichbare Sorgfalt ist im Rózsa’schen Œuvre auch abseits der großen Werke eine Selbstverständlichkeit: siehe dazu auch The Seventh Sin (1957) und Green Fire (1954).

Valley of the Kings ist im deutschen Fernsehen seit längerem immer wieder einmal zu Gast — wurde die letzten Male übrigens in verbesserter Farbqualität und im originalen Bildformat präsentiert. Die Hauptreize des in CinemaScope produzierten Films liegen in einer Reihe gelungener Landschaftspanoramen und Rózsas Musikbegleitung. Die eher dürftige Abenteuerfabel um Grabräuber in Ägypten ist jedoch einigermaßen unterhaltsam und optisch solide umgesetzt. Wer sich den heutzutage letztlich bieder anmutenden Streifen anschaut, bei dem dürfte die im Begleithefttext bemühte Parallele zu Indiana Jones und damit auch zwischen Robert Taylor und Harrison Ford eher ein amüsiertes Lächeln, denn zustimmendes Kopfnicken hervorrufen.

Weitere Pluspunkte sammelt das FSM-Album durch die als Boni beigegebenen Füller. Da ist die — in solidem, wenn auch etwas rauem Mono-Lichttonsound — sinfonisch ausgeführte Trailermusik zu King Solomon’s Mines: eine Rózsa-typische kraftvolle Abenteuermusik. Wobei der Film interessanterweise allein Source Music und afrikanische Dschungelrhythmik enthält. Neben dieser zwar nicht mehr ganz vollständigen, aber hübschen Fundsache ist noch die Musik zum pathetischen Koreakriegs-Epos Men of the Fighting Lady vertreten. Mit der ebenfalls präsentierten Main- und End-Title-Music hat Rózsa allerdings nichts zu tun: Es handelt sich um ein Arrangement William Beittels des patriotischen 1942er Liedes „Wings of Gold“ für Chor und Orchester, dirigiert von Jeff Alexander. Das Kalte-Kriegs-Epos ist hierzulande offenbar nach der Uraufführung im Jahr 1955 rasch wieder in der Versenkung verschwunden und scheint auch im TV bislang nicht wieder aufgetaucht zu sein. Nun, vermutlich ist das kein allzu großer Verlust: Der Film um die Erlebnisse von Marinefliegern während des Korea-Krieges wird von der zeitgenössischen Kritik als sentimental-verlogener Kriegsfilm ohne jedes Problembewusstsein gegenüber kriegerischer Gewaltanwendung bezeichnet. In der Beschreibung technischer Abläufe auf einem US-Flugzeugträger und der Landung eines erblindeten Piloten wird ihm immerhin dramatisches Geschick und gewisse Spannung zugestanden. So bleibt dem Neugierigen im Augenblick das o. g. patriotische Lied, das mit „To the Glory of the Navy“ immerhin musikalisch einen zünftigen Vorgeschmack liefert.

Rózsas Musikbeitrag zu Men of the Fighting Lady (in Großbritannien unter dem Titel Panther Squadron 8 gezeigt) ist recht ungewöhnlich angelegt, nämlich als im zusammenhängenden Block auskomponierte und auch durchgängig erklingende sinfonische Dichtung, „Blind Flight“. Auf den für Deutsche Grammophon (Polydor) eingespielten drei LP-Alben „Rózsa conducts Rózsa“ ist vom Maestro das die Landung eines im Einsatz erblindeten Piloten untermalende Stück übrigens nur in einer auf rund ein Drittel gekürzten Fassung vorgelegt worden. Dank FSM bekommt der Rózsa-Liebhaber besagten „Blind Flight“ jetzt erstmalig (offiziell) vollständig zu hören. Besonders in der langen Fassung steht jener, trotz einer Reihe tonmalerischer Akzente, den Konzertkompositionen des ungarischen Maestros recht nahe. „Blind Flight“ präsentiert sich als überaus hörenswerte sinfonische Dichtung, deren anfänglich eher kühler und bedrohlicher Noir-Charakter in ein optimistisch-melodisches Finale mündet. Dies alles wird überaus geschickt aus einem in Zick-Zack-Sprüngen verlaufenden Motiv geformt.

Schließlich zeigen (wieder einmal) sämtliche der auf dem vorliegenden FSM-Album vertretenen Filme, wie leicht man mit der pauschalierten Annahme, im Golden Age seien Filme generell annähernd flächendeckend mit sinfonischer Musik versehen worden, auf’s Glatteis geraten kann. Valley of the Kings ist mit rund 50 % keineswegs overscored, King Solomon’s Mines ist überhaupt nicht im herkömmlich-klassischen Sinne mit Musik unterlegt und Men of the Fighting Lady enthält neben der patriotischen Musik zu Vor- und Abspann gerade mal knapp 20 Minuten Score.

Klanglich hat FSMs Valley of the Kings gegenüber tickertape die Nase ein merkliches Stück vorn. Klingt die tickertape-CD für sich betrachtet keineswegs unbefriedigend, ist der Stereoklang der FSM-Ausgabe denn doch merklich klarer, wirkt natürlicher und frischer als die im Vergleich etwas dumpf klingende tickertape-Fassung. Ebenso vorzüglich und erfreulicherweise (obwohl nur im Normalformat aufgenommen) ebenfalls stereophon erklingt die Musik zu Men of the Fighting Lady.

Das vorliegende FSM-Album enthält Filmmusiken des ungarischen Maestros, die sicher nicht zu den für eine repräsentative Sammlung absolut unverzichtbaren Rózsa-Scores zählen. Wer allerdings beim markant-raffinierten Rózsa-Sound auf den Geschmack gekommen ist, der bekommt hier keineswegs belanglose Ergänzungen seiner Kollektion. Nicht zuletzt die geschickt gewählten Zugaben verleihen dem FSM-Album darüber hinaus zusätzlichen Repertoirewert. Wertungsmäßig verdient das charmante Valley of the Kings glatte vier, „Blind Flight“ tendiert klar zu viereinhalb Sternen.

Dieser Artikel ist Teil unseres umfangreichen Programms zu Pfingsten 2005.

Komponist:
Rózsa, Miklós

Erschienen:
2005
Gesamtspielzeit:
67:39 Minuten
Sampler:
FSM
Kennung:
Vol. 7 No. 17

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