Soldier Blue

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
24. November 1999
Abgelegt unter:
CD

Score

(2.5/6)

Soldier Blue/Kidnapped/The Sea Wolves

Drei Roy-Budd-CDs mit Filmkompositionen, die bis auf die Musik zu The Sea Wolves (1980) Anfang der Siebziger Jahre entstanden sind: Damals hatte die große Kinosinfonik noch eine lange Durststrecke zu überwinden. Die Filmproduzenten favorisierten ein möglichst simples, eingängiges Hauptthema, das im Verlauf einer Komposition möglichst permanent wiederholt werden sollte: Hatte es am Ende des Films auch der letzte Besucher im Ohr, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass anschließend die meist parallel zum Film produzierte Platte gut verkauft werden konnte. Meist sollte daher direkt ein Song für den Film komponiert werden, oder das Titelthema erschien in einer nachträglich erstellten Songversion auf Platte. Diese Entwicklung hatte zwar schon 1951 nach dem überwältigenden Erfolg des Songs aus dem Western High Noon • 12 Uhr Mittags begonnen und verlief zuerst noch zögerlich, wurde aber mit dem Verfall des Studiosystems seit Ende der fünfziger Jahre – was auch die Auflösung der Studio-Orchester und Musikdepartments beinhaltete – kräftig beschleunigt. Eine Komposition sollte der Musik, die das Gros der Filmbesucher abseits des Kinos hörte, möglichst nahe kommen: So erklärt sich die massive Verwendung von klanglichen Elementen der Rock-, Pop- und Tanzmusik in der Filmmusik jener Jahre. Zuerst sahen sich die Veteranen gezwungen, ein von einem Songwriter komponiertes Thema in ihre Orchesterpartitur zu integrieren – Bernard Herrmann und seine Komposition zu Tender Is the Night (1962) ist hierfür nur ein Beispiel. Dem der Unterhaltungsmusik entliehenen Nachwuchs gelang nur selten eine einigermaßen akzeptable Orchesterkomposition: Gekonnt sinfonisch-dramatisch auskomponierte Filmmusiken waren zur Mangelware geworden. In diesen Jahren entstand zwar durchaus manch netter Song, aber durch den betreffenden Film einigermaßen motiviert und organisch in die restliche Musik integriert waren davon nur wenige.

Der Brite Roy Budd, ein aus dem Bereich Unterhaltung und Jazz stammender Musiker, war begeisterter Kinofan und erhielt 1970 im Alter von 23 Jahren erstmals die Gelegenheit, für einen Film zu komponieren: für Ralph Nelsons Soldier Blue • Das Wiegenlied vom Totschlag. Dieser brutale Western kombiniert zwei überaus blutige historische Ereignisse: das Massaker von Sandcreek 1864 und die Schlacht am Wounded Knee 1889. Bei beiden Ereignissen handelt es sich um rücksichtslos und brutal ausgeführte Massaker der US-Armee an unkriegerischen Indianern und deren Frauen und Kindern. Der Film war seinerzeit berüchtigt, da er als einer der ersten seiner Art die Brutalität der Militäraktion ungeschminkt zeigte und wirkt auch heutzutage noch heftig. Budd erledigte seinen Job als Komponist ausschließlich durch Erstellen einer rein poporientierten, mit ein paar Jazz- und Countryelementen angereicherten Unterhaltungsmusik. Diese ist zwar nett anhörbar, aber völlig undramatisch und als Western-Filmmusik ein Anachronismus: Da aber das Hauptthema in der Songversion von Buffy Sainte-Marie ziemlich erfolgreich war, bekam er weitere Aufträge.

In Catlow • Catlow – Leben ums Verrecken (1971) ist der Titel im Gegensatz zu Soldier Blue nicht Programm: es handelt sich hier nur um eine ganz passable Westernkomödie. Roy Budds musikalischer Beitrag ist auch hier stark mit Popelementen durchsetzt, aber erstmalig quasi-sinfonisch aufbereitet. In ihren besten Passagen klingt die Musik wie ein stilistischer Mix aus Elmer Bernsteins The Magnificent Seven und Jerry Goldsmiths Wild Rovers.

Noch einen Schritt weiter ging der Komponist mit seinem markanten, recht breitorchestralen, marschartigen Hauptthema aus der Musik zu Zeppelin (1970). Der Film ist auch heute noch sehenswert: Ein recht spannend inszeniertes Kriegsabenteuer aus dem ersten Weltkrieg, in dem die Engländer durch eine raffiniert eingefädelte Verschwörung einen überlegenen deutschen Zeppelin (eine Art „frühe deutsche Wunderwaffe“) zur Strecke bringen können. Nicht zuletzt die schönen in Schottland gedrehten Außenaufnahmen geben der Story zusätzlichen Reiz, auch die Musik von Roy Budd hat daran Anteil. Leider präsentiert die CD hier nur das Hauptthema und die Songversion des Lovethemes: Schade, denn ausreichend Platz für mehr Musik wäre vorhanden gewesen.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Komponist:
Budd, Roy

Erschienen:
1999
Gesamtspielzeit:
38:04 Minuten
Sampler:
Cinephile
Kennung:
CIN CD 022

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