„Lo scoiattolo in gamba“ und „Cristallo di Rocca“
Bei „Lo scoiattolo in gamba (Das pfiffige Eichhörnchen)“ handelt es sich um einen temporeichen Operneinakter, der trotz Miniaturisierung der Form über alles verfügt, was die Gattung Oper auszeichnet. Die Oper um das pfiffige Eichhörnchen entstand 1959 als Auftragsarbeit für das XXII. Internationale Musikfest in Venedig und wurde an einem Abend desselben uraufgeführt, der unter dem Motto „Spiele und Geschichten für Kinder“ stand. Eine prickelnd-witzige Musik zur leicht anarchistischen Geschichte um besagtes Nagetier, welches nicht bösartig ist, aber in seinem „kindlich-naiven“ Benehmen vor Schwindelei nicht zurückschreckt. Und wenn die Musik seine Bemühungen um ein großes Festmahl in eine temporeiche Kombination aus Tarantella und Boogie-Woogie kleidet, fühlt man sich ironischerweise ein wenig an die Musik zu den Fellini-Filmen und besonders an die zu Il Bidone • Die Schwindler erinnert. Ob dieses hübsche Werk auch für die heutigen Computer-Kids ausreichend Reize besitzt, ist schwer zu sagen. Möge der Booklet-Text hier Recht behalten, wenn er feststellt, dass das Eichhörnchen viel schneller und flinker sei und auch größere Sprünge mache als die von den Kids so geliebten Pokemons.
Für die Weihnachtszeit 1950 lieferte Rota die Begleitmusik zu einer Rundfunkproduktion: Zu der Lesung eines Märchens aus dem 19. Jahrhundert von Adalbert Stifter, „Cristallo di Rocca (Bergkristall)“. Hier wird der Vortrag immer wieder durch eine Reihe musikalischer Miniaturen unterbrochen, die als Reflex von Stimmungen sowie Atmosphäre dienen und auch Überleitungen schaffen. Im Sujet zeigt sich Verwandtschaft zu Prokofieffs „Peter und der Wolf“. Allerdings kommt die Musik hier nur in den Sprechpausen zum Einsatz und ist im Tonfall — auch durch das verwendete Orchester — wesentlich intimer. Der Komponist setzt hier „nur“ auf ein kleines Kammerensemble aus 7 Spielern: ein Streichquartett sowie Flöte, Klavier und Kontrabass. Dass er diesem vielfältige Klangfarben und Nuancen im Ausdruck abzugewinnen versteht, dürfte besonders für den, der zuvor bereits einige der sinfonischen Kompositionen Nino Rotas kennen gelernt hat, kaum eine Überraschung bedeuten. Alles in allem eine sehr warm und liebevoll wirkende Angelegenheit, die ihren Charme entfaltet, auch für den, der des Italienischen nicht mächtig ist. Wer ausschließlich auf die Musik fokussieren möchte, kann dies erfreulicherweise ebenfalls tun: mit Hilfe der Programmierfunktion des CD-Spielers.
Beide Werke gerieten übrigens bereits kurz nach ihrer Uraufführung in Vergessenheit. Erst im vergangenen Jahrzehnt wurden sie aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt und liegen seit 1998 auch (bei Schott) gedruckt vor.
Das Orchestra Sinfonica und der Chor di Milano Giuseppe Verdi unter der Leitung von Giuseppe Grazioli interpretieren die Kinderoper engagiert und kompetent und auch die Tontechnik hat hörbar gut gearbeitet. Entsprechendes gilt für das kammermusikalisch begleitete Märchen (für die Spieler des Ensembles wie auch für den Sprecher).
Allein das überwiegend italienisch gehaltene Booklet wirkt — zumindest für Interessenten nördlich der Alpen — doch etwas spartanisch.
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