Jack Sparrows erfolgreiche zweite Runde!
Vom Disney-Park-Event zum Leinwand-Kassenmagneten haben es die Verfluchten der Karibik des ersten Filmteils geschafft und Buena Vista damit bereits eine fette Prise eingefahren. Entsprechend hat man sogar zum Fortsetzungsdoppelpack ausgeholt und wiederum nicht gekleckert, sondern kräftig geklotzt. Da kann man dem großen Werbegetrommel sogar mal getrost Recht geben, wenn von in Breitseiten abgefeuerten Gags und säbelscharfer, halsbrecherischer Action die Rede ist. Zwar bekommt man auch dieses Mal in erster Linie eine, allerdings liebevoll gemachte und drollig gestaltete, Aneinanderreihung von Gags geboten, und weniger einen in sich stimmigen Plot. Letzteres kann man klar bemängeln und im Film primär eine Disneyland-Ride-Attraktion sehen. Im Gegensatz zu recht vielen Kritikern, die — im Widerspruch zur Masse der Zuschauer — den zweiten Teil des Bruckheimer’schen Piraten-Epos eher als madige Meeresfrucht identifizierten, funktioniert in meinen Augen gerade Sparrows zweite Runde infolge des eindeutig zur Schau gestellten Spaßfaktors, dank fortwährend unübersehbarer Selbstironie, eindeutig besser als der erste Filmteil.
Über die rund 150 Filmminuten fühlt man sich an aktuelle Vorbilder wie die Trilogie Der Herr der Ringe und King Kong (2005) erinnert, aus denen parodierend entliehen wird. Dazu gehört Jack Sparrows Flucht von einem düsteren Eiland im Sarg, analog dem Grafen von Monte Christo. Wobei die Szenerie verflixt an maritime Teile im Land Mordor gemahnt — so Herr Tolkien derartige überhaupt ersonnen haben sollte.
Unterm Strich bleibt kaum ein Klischee aus Hollywoods großer Mottenkiste unzitiert, wie die Kannibalen, denen in 20.000 Meilen unter dem Meer (1954) bereits Kirk Douglas begegnet. Dieses Mal dürfen diese Jagd auf arme Piraten machen oder — nachdem Letztere entkommen sind — gar den wackeren Schiffshund aufs Korn nehmen. Verfolgt wird unter anderem auch Captain Sparrow, der nicht nur wieder dicken Lidstrich aufgetragen hat, sondern mit auf den Augenlidern aufgemalten Augäpfeln geradezu hinreißend glubschen kann. Gebunden an einen Holzpfahl wird er von den Kannibalen mit großkalibrigen Früchten beworfen, bis er ausschaut wie eine Art Gemüse-Schaschlik.
Gewürzt wird der rasante Mix aus organisiertem Nonsens mit einem Segelschiffe ratzfatz verschlingenden Riesenkraken, der Hand in Tentakel mit der verfluchten Mannschaft des „Flying Dutchmans“ zusammenarbeitet. Wobei besagter „Fliegender Holländer“ originellerweise wie ein modernes U-Boot manövriert und sogar über eine dreiläufige Kanone verfügt, die feuern kann wie eine Getling-Gun. Obendrauf gibt es natürlich diverse Schwertkämpfe, z. B. auf einem riesigen Wassermühlrad, das, von den kämpfenden Protagonisten aus der Verankerung gerissen, mit diesen durch den abschüssigen Urwald rollt.
Da bleibt wahrlich kein Auge trocken. So witzig, leichtfüßig und dabei selbstironisch ist das alles inszeniert, ebenso geschickt miteinander kombiniert und Dank exquisiter Spezialeffekte auch prächtig anzuschauen. Noch etwas mehr zum Film und auch zur besonders beim zweiten Filmteil partiell durchaus unterhaltsamen Filmmusik von Hans Zimmer findet sich im Kommentar zu Film und Filmmusik. Der mit Hilfe eines E-Gitarrenverstärkers auf Heavy-Metal getrimmte Orchestersound für Barbossas ruchlose Piratengang ist dabei besonders lustig.
Jetzt ist der zweite Teil der Piratensaga auf DVD angetreten, die Heimkinos zu entern. Und das Resultat ist vergleichbar überzeugend geraten wie bei der DVD-Edition zum ersten Filmteil. Das Bild verdient in allen Punkten die Bezeichnung „Spitzenklasse“ und auch der Ton ist in Deutsch wie in Englisch (sowohl in AC3-5.1 als auch dts) einfach superb. Hier wird das gesamte Dynamikspektrum perfekt präsentiert: vom feinsten Knarren der Schiffsplanken bis hin zum brachialen Kanonendonner. Alles (Dialoge wie Geräusche und Effekte) ist dabei sehr natürlich und transparent, unter perfekter Nutzung sämtlicher Kanäle räumlich platziert worden: eine Wucht.
Ebenso prima wird der Kunde bei den Bonusmaterialien bedient. Neben dem auch bei der Einzel-DVD-Ausgabe vertretenen, sehr informativen Audiokommentar der beiden Drehbuchautoren sowie einem knappen Segment missglückter Szenen, „Best of Patzer“, erhält der Käufer der Special-Edition (2 DVDs) darüber hinaus noch rund 150 Minuten weiteres Material. Darunter ist zwar auch einige Werbung wie „Premiere in Disneyland“, aber auch viel an zusätzlichen echten Informationen, wie das rund einstündige Making Of „Die Geschichte der Truhe des Todes“. Unterhaltsames der Kategorie Gimmick ist ebenso vertreten in „Captain Jack von Kopf bis Fuß“, wo man entweder durch Anklicken eines Körperteils oder Accessoires der Figur (oder auch klickfaul mittels Play-All-Funktion) weitere Hintergrund-Infos erhält. Ein Mini-Wermutströpfchen ist das Fehlen eines ausführlicheren, dabei etwas in die Tiefe gehenden Segments zur Filmmusik. Derartiges besitzt allerdings bei DVD-Boni ohnehin Seltenheitscharakter.
Fazit: Der zweite Piratenstreich fürs Heimkino ist besonders in der Special-Edition etwas, das kaum Wünsche offen lässt — auch wenn späterhin möglicherweise, wie jetzt bei Teil 1, noch eine „verlorene“ dritte DVD hinzukommen mag.
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Dieser Artikel ist Teil unseres umfangreichen Programms zum Jahresausklang 2006.
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