Der Herr der Ringe – Die Gefährten: eine Literaturverfilmung? (Teil III)

Geschrieben von:
Peter Kramer
Veröffentlicht am:
16. November 2002
Abgelegt unter:
Special

Peter Jacksons Der Herr der Ringe – Die Gefährten – eine Literaturverfilmung?

Freie Filmkunst und Werktreue

Teil III

Der Tragödie dritter Teil – Einige Vorbemerkungen

Verschiedene Gründe führten dazu, dass ich beim Schreiben meines Artikels eine längere Sommerpause eingelegt habe. Ich hoffe, dass ich meine Leser dadurch nicht vergrault habe, und bin zuversichtlich, dass auch der vierte und abschließende Teil noch vor dem zweiten Film Der Herr der Ringe – Die zwei Türme herauskommen wird. Ein Resümee soll dann Anfang 2003 erscheinen und ggf. einige Ausblicke auf den zweiten Film berücksichtigen. Ob ich zu diesem Film einen ähnlichen Artikel verfassen werde, muss ich mir gut überlegen. Das wird wohl wesentlich vom Film selbst abhängen und ob er mich zur Wiederholung einer solchen Arbeitsleistung herausfordert.

Die Diskussion im Forum (leider nicht mehr verfügbar, Anm. d. Red.) ist beim zweiten Teil des Artikels schon etwas ruhiger geworden, obwohl ich immer noch den Eindruck habe, dass einige Leute nicht zu einer sachlich-kritischen Auseinandersetzung fähig sind – oder nicht daran interessiert? Für diese scheint es nur schwarz und weiß, gut und schlecht zu geben. Aber vielleicht drücke ich mich ja auch so undeutlich aus. Deshalb versuche ich jetzt zum dritten Mal zu erläutern, worum es hier geht und worum nicht.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit die Verfilmung von Peter Jackson der literarischen Vorlage von J. R. R. Tolkien entspricht. Dabei schienen mir allgemeine Äußerungen wie „Peter Jackson trifft die Grundaussage des Buches“ oder „Der Film gibt den Inhalt von Tolkiens Werk weitgehend korrekt wieder“ zu oberflächlich und wenig hilfreich, weshalb ich die Geschichte Szene für Szene im Detail verfolge und jeweils für sich und im Zusammenhang beurteile. In dem Bewusstsein, dass man kein Buch (schon gar nicht ein so dickes) wortgetreu verfilmen kann, stelle ich nicht nur die (wichtigsten) Abweichungen von der Vorlage fest, sondern beurteile sie auch danach, ob sie sich positiv oder negativ auf den Film als solchen auswirken. Von den vier Kategorien, die ich am Ende des Vorwortes zum ersten Teil aufgelistet habe, ist immerhin die Hälfte positiv-wertend oder zumindest neutral.

Es geht in diesem Artikel sicher nicht darum, den Film in den Himmel zu heben (dafür gibt’s genügend Beispiele), oder in die Hölle zu verdammen (dafür kenne ich allerdings kein Beispiel; für Hinweise wäre ich dankbar). Solche Pauschalurteile überlasse ich anderen, die daran Gefallen finden. Zu einzelnen Szenen sage ich aber gerne mal dezidiert meine Meinung. Wer jedoch aus diesen Szenen-Beurteilungen ein Urteil zum gesamten Film ableitet, hat mich offensichtlich nicht verstanden. Auch beschränke ich mich (meistens) auf mein Hauptthema, also im Wesentlichen das Drehbuch bzw. die Filmstory im Vergleich zum Buch (gelegentliche Abschweifungen, z. B. zu den Schauspielern, möge man mir verzeihen). Das ist der Grund, warum ich Oscars für Filmmusik und andere Preise übergehen kann (ein Preis für das Drehbuch würde mich allerdings schon sehr irritieren). Ich fühle mich wirklich nicht berufen, über Kameraführung, Schnitt- oder Lichttechnik etc. pp. zu urteilen.

Im Übrigen bietet die mittlerweile erschienene DVD jedem die Gelegenheit, meine Szenenkritiken im Einzelnen zu überprüfen, wovon ich mir etwas zielgerichtetere Kommentare und Kritiken erhoffe.

Die Szenen im Detail (Fortsetzung):

27. Frodo erwacht in Bruchtal

Frodos Erwachen in Elronds Haus und die folgenden Szenen bieten wieder einmal Gelegenheit, die besondere Stärke des Films zu bewundern: das hervorragende, durchdachte und wunderschöne Produktions-Design.

Hier gibt es nichts auszusetzen – auch nicht an der Einstreuung von Gandalfs Flucht vom Orthanc als Erinnerung (obwohl er davon eigentlich erst bei der Ratsversammlung erzählt).

28. Wiedersehen mit Bilbo

Auch diese Szene ist sehr schön (es werden u. a. wieder Illustrationen aus dem Buch verwendet) und anrührend. Ich will nur kurz darauf hinweisen, dass schon wieder Zeitlupe verwendet wird und dass Bilbo im Film auf seinen Besuch beim Einsamen Berg verzichten musste, da ja gegenüber dem Buch glatte 17 Jahre weggefallen sind (siehe Szenen 9-11).

29. Diskussion zwischen Gandalf und Elrond

Diese Szene ist so überflüssig wie ein Kropf. Gandalf und Elrond erzählen sich soviel Unsinn und Gemeinplätze, dass ich hier nicht alles im Einzelnen darlegen will. Das wenige Gehaltvolle, das die Szene enthält, hätte besser beim Rat von Elrond (Szene 32) gesagt werden sollen, wo es hingehört, anstatt dass diese beiden über Dinge diskutieren, bei denen sie in Wahrheit einer Meinung sind, und anstatt dass sie hier Informationen austauschen, die ihnen beiden bereits bekannt sein müssten.

Es ist sehr schade um die schauspielerischen Fähigkeiten von Hugo Weaving, der durch das Drehbuch gezwungen wird, Elrond als rassistischen, plappernden Menschenverächter darzustellen. Er erhält (insbesondere wegen der missglückten Ratsszene) kaum eine Gelegenheit, Elrond Halbelb darzustellen, den Herrn von Bruchtal, einen der Großen von Mittelerde.

Die vielleicht größte Entstellung in diesem Gespräch ist Elronds Behauptung, dass Aragorn sich von seinem Erbe abgewandt und sich für das Exil entschieden habe. Elrond selbst war doch sein Ziehvater und sollte es besser wissen, hat er doch seine Mühen über fast 70 Jahre hin verfolgt. Auch war er es, der Aragorn sagte, seine Tochter solle niemand geringeren als den König der vereinigten Reiche von Arnor (das im Film allerdings der Vereinfachung zum Opfer fiel) und Gondor heiraten.

Während Elrond spricht, wird die Ankunft der Gesandten Boromir, Legolas und Gimli gezeigt. Sie werden jedoch nicht vorgestellt. Boromirs Name wird tatsächlich erst auf dem Weg durch die Berge (in Szene 35) zum ersten Mal genannt.

30. Bei den Bruchstücken von Narsil

Obwohl die Bedeutung Narsils zugunsten des Kampfes an der Wetterspitze (Szene 22) verleugnet wird (vgl. auch Szene 18), gibt es diese Szene, in der das zerbrochene Schwert eine quasi-religiöse Verehrung erfährt. Was soll das? Entweder es ist das symbolbehaftete Erbstück von Isildurs Haus, das Aragorn zur ständigen Erinnerung an seine Aufgabe immer bei sich trägt und das vor dem Aufbruch aus Bruchtal neu geschmiedet wird, um auf die Wiedererrichtung des Königreiches hinzudeuten. Oder aber man lässt es einfach weg!

Aber so wie hier dargestellt, ist das Ganze einfach unsinnig. In Gondor weiß man ja gar nicht, dass die Bruchstücke von Elendils Schwert nicht beim Untergang Isildurs verlorengegangen sind. Für Boromir hat das zerbrochene Schwert dagegen eine besondere Bedeutung wegen des Traumes, der ihn in den Norden geführt hat. Doch da es keine ordentliche Ratsversammlung gibt (vgl. Szene 32), werden auch die Beweggründe und Informationen der Gesandten nicht mitgeteilt.

Die Darstellung Aragorns als an sich selbst und seinem Erbe zweifelnder Zauderer entbehrt jeder Grundlage in Tolkiens Werk und ist eine grobe Entstellung seines Charakters.

Boromir ist ein stolzer Hochmensch aus Gondor, Sohn des regierenden Truchsesses eines großen Königreiches. Er ist zwar viel jünger als Aragorn (40 Jahre alt), kommt ihm aber an Hoheit und Würde fast gleich. Sean Bean ist keine schlechte Wahl dafür; er spielt seine Rolle gut. Allerdings ist mir Boromir im Film etwas zu flach angelegt: Er erscheint von Anfang an als zwielichtiger Charakter, wozu seine etwas schmierige Frisur ein Übriges tut. (Oder täuscht mich da mein Vorwissen? Ich muss zugeben, dass ich mich gerade in dieser Beziehung nicht in jemanden hineinversetzen kann, der die Geschichte nicht kennt.)

31. Aragorn und Arwen

Ein frei erfundenes Gespräch zwischen Aragorn und Arwen veranschaulicht die Liebe der beiden und deren Bedeutung für Arwens Zukunft (obwohl nicht erläutert wird, warum sie dadurch sterblich wird). Die Szene ist ganz hübsch und nett (auch die elbische Sprache), aber warum man dafür extra Zeit verschwenden muss, sit mir uneinsichtig (vielleicht wieder der angebliche Frauenmangel der Vorlage?; vgl. Szene 24).

Die Bedeutung des geschenkten Schmuckstücks bleibt unklar. Wenn es das Juwel sein soll, das zu Aragorns Krönungsnamen „Elessar“ (Elbenstein) führt, müsste es grün sein.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Obwohl der Ausgang des Ringkrieges für Arwens und Aragorns Leben bestimmend wird, hat Arwen an diesen Vorgängen – außer als Beweggrund – keinerlei Anteil. Man kann gespannt sein, ob ihre Rolle im Film noch vergrößert wird.

32. Rat von Elrond

Die Ratsszene hat mich von Anfang an wirklich geärgert, weil hier eines meiner Lieblingskapitel des Buches gründlich verhunzt wurde. Dort ist dies eine der zentralen Stellen, an der eine große Ratsversammlung mit Informationsaustausch, Debatte und Beschlussfassung so geschildert wird, wie man es wohl erwarten darf. Doch im Film wird daraus eine peinliche Farce.

Natürlich kann man den Rat nicht in der Ausführlichkeit des Buches darstellen (immerhin ca. 30 Druckseiten). Trotzdem hätte ich eine Umsetzung erwartet, die der Würde einer solchen internationalen Versammlung und der Bedeutung ihrer Ergebnisse angemessen ist.

Warum werden die Ratsteilnehmer nicht vorgestellt? Boromir z. B. redet zwar viel, aber man erfährt lediglich, dass er der Sohn des Truchsesses von Gondor ist. Seinen Namen hört man, wie gesagt, erst in Szene 35. Übrigens: Frauen scheinen im Film zwar zur Kriegerin geeignet (s. Szenen 24-26), nicht jedoch zum Ratsmitglied zu taugen. Weder Arwen noch sonst eine Frau nehmen an der Versammlung teil, was natürlich dem Buch entspricht, aber bei der angeblich gesteigerten Bedeutung Arwens (vgl. Szenen 24-26 und 31) etwas fragwürdig ist.

Wegen der (leider) veränderten Erzählstruktur (vgl. Szenen 2, 9, 13, 21, 23) ist ein Informationsaustausch für den Zuschauer natürlich nicht mehr so wichtig. Die Ratsversammlung wird jedoch durch das völlige Fehlen der Berichterstattung der Teilnehmer unglaubhaft. Weder die Gründe für das Erscheinen der verschiedenen Delegationen werden dargelegt, noch die Geschichte des Ringes erzählt (Bilbo sollte hier von seinem Ringfung erzählen, aber er ist gar nicht anwesend). Es wird nicht erläutert, worin denn nun die Bedrohung von Mittelerde besteht, und es wird auch nicht bewiesen, dass es sich wirklich um den Einen Ring handelt. Man erfährt nichts Näheres über Gondor. Sarumans Verrat wird der Versammlung nicht enthüllt. Es müssen wohl vorher schon einige „Ausschusssitzungen“ stattgefunden haben; jedenfalls scheinen alle Anwesenden über diese grundlegenden Dinge bestens informiert zu sein.

Die Debatte über die weitere Vorgehensweise ist äußerst schlicht: Der Feststellung Elronds, der Ring müsse in Mordor vernichtet werden (ohne weitere Argumente vorgetragen), wird nur der Vorschlag Boromirs (mit ziemlich guten Argumenten!) entgegengestellt, den Ring selbst gegen Sauron zu verwenden. Mal abgesehen davon, dass die Diskussion für Elrond nicht von Gandalf, sondern von Aragorn und Legolas geführt wird (warum bloß?), wäre mir das Vorgetragene als Entscheidungsgrundlage völlig unzureichend.

In die Diskussion über den Ring hineingemischt wird die Frage nach Aragorns Stellung, und zwar von Legolas, der etwas vorlaut wirkt und merkwürdig viel weiß für einen Waldelben aus dem Düsterwald. Im Buch wird diese Frage sehr delikat behandelt – nicht durch plumpe Ansprüche, da die Rechtslage ja schließlich gar nicht so eindeutig ist, wie der Film-Legolas sie darstellt. Boromirs Antwort ist ebenso plump, und er versteigt sich zu dem Satz: „Gondor hat keinen König; Gondor braucht keinen König.“ So eine Aussage ist für den Sohn des Truchsesses von Gondor absolut undenkbar.

Die Diskussion endet im Tumult, als Gimli völlig unvermittelt einem Anfall von Anti-Elben-Rassismus erliegt. Die Ratsversammlung gerät aus den Fugen. Man fühlt sich an die Worte Gandalfs (im Buch) erinnert: „Wenn alles, was Elben und Zwerge einander vorzuwerfen haben, hier zu Sprache kommen sollte, wäre es besser, diese Ratsversammlung gleich abzubrechen.“ Ach, hätten die Drehbuch-Autoren doch diesen Satz beherzigt, zumal der elbisch-zwergische Gegensatz für den weiteren Verlauf der Geschichte nicht benötigt wird.

Einzig die Entscheidung Frodos, den Ring zu tragen, und seine damit verbundene Angst werden im Film gut dargestellt – und die Einmischung Sams, obwohl dieser Witz dadurch entwertet wird, dass er von Merry und Pippin wiederholt wird.

Ich finde in der ganzen Szene nur ein positiv beeindruckende „Zugabe“ des Drehbuchs: Gimlis Versuch, den Ring zu zerstören.

Noch ein Wort zu den Schauspielern: Sowohl Orlando Bloom als edlen Elbenprinzen Legolas als auch John Rhys-Davies als grantigen Zwerg Gimli finde ich durchweg überzeugend.

33. Abschied von Bilbo

Zum Abschied schenkt Bilbo Frodo sein Elbenschwert „Stich“ und sein Mithril-Kettenhemd. Sein Griff nach dem Ring gehört eigentlich an eine frühere Stelle, ist aber hier gut einkomponiert. Der Computer-Effekt ist jedoch etwas übertrieben: Bilbo verwandelt sich nicht in ein Monster, sondern nur in Frodos Wahrnehmung (durch den Ring beeinflusst) scheint er eine „kleine, runzlige Kreatur mit gierigem Gesicht und knochigen Grabschhänden“ zu sein. Dieser kleine Einwand tut der Qualität der Szene jedoch keinen Abbruch, und Bilbos Bekümmerung ist wirklich anrührend.

34. Aufbruch aus Bruchtal

(In den von mir besuchten Kino-Aufführungen wurde am Anfang dieser Szene die „Filmriss-Pause“ eingebaut (s. dazu die Bemerkung am Ende von Teil 2 dieses Artikels.)

Die Szene nach dem Aufbruch aus Bruchtal bringt einige schöne Aufnahmen mittelerdisch-neuseeländischer Landschaften, doch obwohl sie mit den Worten Gandalfs unterlegt sind, dass die Gefährten 40 Tage lang am Rande des Gebirges entlanggehen müssen, wird weder das Verstreichen der Zeit noch die Länge des Weges ausreichend verdeutlicht. Vielleicht wäre das Einblenden einer Karte hier hilfreich gewesen.

Eine unverständliche Veränderung betrifft mal wieder das Ziel dieser Reise (wie schon beim „Ziel Bree“ in Szene [url=rezension.htm?rid=5124]11[/url]): Gandalf wollte von Anfang an nicht durch die Pforte von Rohan gehen (wegen der Bedrohung durch Saruman), sondern über den Pass des Cradhras (vgl. auch Szenen 35 und 36).

35. Crebain (incl. Berichterstattung)

Am Anfang der Szene üben sich Merry und Pippin mit Boromir im Schwertkampf. Das kommt zwar im Buch nicht vor, ist aber ein schöner Einfall, der das unbekümmerte Wesen der Hobbits zeigt, und Boromir wirkt hier zum ersten (und einzigen) Mal richtig sympathisch.

Gimli und Gandalf unterhalten sich über Moria, aber diese Idee kommt eigentlich erst auf dem Caradhras – und dann von Gandalf. Die Überraschung durch die Crebain, Sarumans Späher-Vögel, ist gut in Szene gesetzt. Man fragt sich jedoch, was mit dem Pony passiert, während sich die anderen verstecken. Und wie schon bei der vorhergehenden Szene angedeutet sind nicht die Crebain der Grund für die (versuchte) Überquerung des Caradhras.

Beim Aufstieg zum Pass stürzt Frodo und verliert den Ring, der von Boromir nur zögerlich zurückgegeben wird. Ist es wirklich notwendig, eine solche Szene einzuführen, nur um Boromirs Haltung in dieser offensichtlichen Weise als zweifelhaft darzustellen? Im Buch erweist er sich bis zum Amon Hen als treuer Gefährte. Vielleicht liegt es daran, dass im Film nicht von Anfang an klar gemacht wird, dass er seine Begleitung nur bis Minas Tirith zugesagt hat. (Boromirs Name fällt übrigens hier zum ersten Mal.)

Die Crebain erstatten Saruman Bericht. Eine unnötige, aber mögliche Ergänzung, wäre da nicht schon ein erster Hinweis auf den Weg durch Moria, von dem Saruman ja gar nichts weiß (vgl. Szene 36).

36. Schnee auf dem Caradhras

Der Schneesturm auf dem Caradhras wird als Zauberduell auf Entfernung inszeniert – sehr eindrucksvoll, aber ganz und gar „untolkienhaft“ (vgl. zur Magie Szenen 13 und 26).

Wirklicher Unfug und gänzlich ohne Grundlage ist die Idee, dass Gandalf und sogar Saruman etwas von dem Balrog in Moria wissen. Vielmehr kommt die Idee, durch Moria zu gehen, von Gandalf, und alle außer Gimli haben ein ungutes Gefühl dabei, weil der Name – „Schwarzer Abgrund“ – mit namenlosem Grauen in Verbindung gebracht wurde.

37. Das Tor von Moria

Vor dem Tor von Moria gibt es nur einige geringfügige Dinge zu bemängeln. Ansonsten ist die Szene gut gelungen.

Ein rührseliger Abschied von Lutz kommt zwar im Buch vor, ist hier aber völlig unangebracht, da vorher nichts von Sams besonderer Beziehung zu dem Pony gesagt wurde.

Der Einfall mit dem elbischen Wort für „Freund“ kommt nicht von Frodo, sondern von Gandalf. (Frodo müsste auch nicht danach fragen, da er recht gut Elbisch spricht.)

Nicht Merry, sondern Boromir wirft einen Stein in das Wasser, und nicht Aragorn, sondern Frodo warnt davor.

Die Gefährten finden an der Westseite von Moria keine Spuren von Zwergen (oder Orks).

Der Kampf gegen den Wächter im Wasser zeiht sich zu lang hin. Man fragt sich, warum das Ungeheuer sich nicht einfach schnell mit seinem Opfer außer Reichweite zurückzieht. Ich finde es nicht gerade spannender, das Monster als Ganzes und in sein Maul hinein zu sehen. Im Buch tauchen nur die Fangarme aus dem Wasser auf. Der Rest bleibt ein Rätsel.

Der Eingang wird nicht zum Einsturz gebracht, sondern das Tor wird zugeschlagen und von außen verbarrikadiert.

38. Reise durch Moria incl. Gespräch über Gollum

Die äußere Gestalt von Moria scheint mir ebenfalls gut getroffen – manchmal vielleicht etwas zu unwegsam, besonders die sehr steilen, „unzwergischen“ Treppen.

Das Gespräch über Gollum zwischen Gandalf und Frodo ist schön gemacht, und die Qualität des Dialogs resultiert wohl daraus, dass man die Vorlage zitiert. Dort findet er allerdings schon bei Frodo zuhause im Auenland statt.

39. Kammer von Mazarbul

Der Anfang dieser Szene ist etwas merkwürdig: Gimli rennt heulend in die Kammer, aber woher weiß er, dass dort das Grab seines Vetters Balin ist?

Dass die Episode mit Pippin und dem Brunneschacht in die Kammer von Mazarbul verlegt wurde, ist eine durchaus akzeptable Zusammenziehung. Und dass aus dem Stein, den er (absichtlich) hineinwarf, ein Skelett mit Rüstung, Kette und Einer wurde, mag etwas übertrieben sein, ist aber ein schöner komischer Einfall.

Eigentlich bin ich mit der ganzen Szene in der Kammer zufrieden und habe nur einen wesentlichen Kritikpunkt: Der Kampf ist – mal wieder – zu lang; insbesondere der Höhlentroll ist zu „widerstandsfähig“ und offenbar nicht totzukriegen. Im Buch ist es ein Orkhäuptling, der Frodo den Speer in die Rippen stößt, und das Mithril-Hemd wird erst am Ende der ganzen Flucht im Tal des Celebrant enthüllt. Nervig ist wiederum der Einsatz der Zeitlupe bei Frodos Pseudo-Tod, und man staunt, dass sich der Film für so ein „Rührstück“ an Stellen Zeit nimmt, an denen eine temporeiche Flucht angebracht wäre.

Durch den Zeitverlust in dieser und den beiden folgenden Szenen blieb wohl leider keine Zeit für eine Einstellung, in der die Gefährten durch den Hinterausgang der Kammer über eine lange Treppe fliehen, und in der Gandalf bei dem Versuch, die Tür zu versperren, fast getötet wird – eine der wenigen Stellen im Buch, wo „richtig“ gezaubert wird.

40. Flucht durch die große Halle

Mit Verlaub: Die ganze Szene ist Mist.

Orks klettern wie Eichhörnchen an Steinsäulen rauf und runter. Im Begleitbuch steht, man wollte eine neue, spezielle Orkrasse erfinden – aber wozu? Mich erinnern sie in ihren ganzen Bewegungsabläufen etwas zu frappant an die Trolle aus Willow (Ron Howard, 1988).

Hunderte oder Tausende von Orks umzingeln mit großem Gekreisch die neun Gefährten – dann kehrt plötzlich totale Stille ein. Niemand greift an. Kein Pfeil wird abgeschossen.

Dann fliehen die Orks in panischer Angst vor ihrem eigenen Häuptling, dem Balrog.

Gandalf erkennt den Balrog offenbar an seinem Feuerschein. Aber er hat ja noch nie einen gesehen, und er weiß auch nicht, dass in Moria einer das erste Zeitalter überlebt hat (s. auch Szene 36). (In Wirklichkeit sagt Legolas zuerst „Balrog“, als er ihn an der Brücke zu Gesicht bekommt.)

Das ist alles unlogisch und unglaubwürdig – einfach schlecht erfunden, ein Beweis dafür, dass man sich besser ans Buch gehalten hätte.

41. Zusammenbrechende Felsentreppe

Zugegeben, so etwas habe ich im Kino noch nie gesehen. Aber das liegt vielleicht daran, dass dieser „Ritt“ von Aragorn und Frodo auf dem Treppenpfeiler einfach zu unwahrscheinlich, wenn nicht gar physikalisch unmöglich ist.

Die Szene ist sehr spannend und hat auch ihre komischen Momente wie: „Ein Zwerg wird von niemandem geworfen!“ Und wenn nicht so viele wichtige Punkte aus angeblichem Zeitmangel weggefallen wären, hätte man sie vielleicht als nette Erfindung akzeptieren können. Aber so ist sie schlicht überflüssige Zeitverschwendung. (Ein Pfeilflug ist – nebenbei bemerkt – aus Robin Hood • König der Diebe (Kevin Reynolds, 1991) entlehnt.)

42. Brücke von Khazad-dûm

Schließlich kommt man doch noch an der Brücke an, und das ist auch gut so, denn Gandalfs Kampf mit dem Balrog ist meine absolute Lieblingsszene in diesem Film. Der Balrog ist einfach ein perfekte Mischung aus Feuer und Schatten, „wie es im Buche steht“. Und auch die Magie ist wieder wunderbar umgesetzt – und beruht diesmal sogar auf dem Buch! (vgl. Szenen 13, 26 und 36). Sogar die Zeitlupe beim Fall des Dämons scheint mir wenigstens dieses eine Mal angemessen.

Ein Wermutstropfen, der wegen der Qualität der Szene umso mehr ärgert: Gandalf hält sich nicht am Rand fest – wie sollte er auch mit dem Gewicht eines Balrogs an den Füssen? Vielmehr stürzt er in die Tiefe und schreit während des Falles: „Flieht, ihr Narren!“ Der plötzlich kommende und verstörende Schock dieses Ereignisses wird im Film durch diese unsachgemäße Verlängerung und die nachfolgende unangebrachte Zeitlupe zunichte gemacht.

Es ist auch in sich unschlüssig, wenn keiner der Gefährten (außer Frodo, der von Bormir zurückgehalten wird!) Gandalf zu Hilfe eilt, wenn er sich schon festhalten kann.

43. Trauer vor dem Tor

Die Trauerszene vor dem Tor ist (trotz Zeitlupe, muss man sagen) in angemessener Weise sehr emotionell. Aber sie kann nicht so nah beim Tor stattfinden (vielmehr erst unten im Tal), und wird eigentlich recht schnell durch das Nachfolgende überrollt. Auch hatte ich mir an dieser Stelle einen Blick in den berühmten Spiegelsee erhofft – doch man kann eben nicht alles haben.

Teil I des Artikels, Teil II des Artikels und Teil IV des Artikels

Dieser Artikel ist Teil unseres umfangreichen Herr-der-Ringe-Specials.

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