Von Neuseeland nach Mittelerde: Die Welt des Peter Jackson

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
4. Dezember 2004
Abgelegt unter:
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Der aus Neuseeland stammende Regisseur Peter Jackson ist erst seit der erfolgreichen HerrderRinge-Filmtrilogie nach Tolkien in aller Munde. Zuvor war er vor allem den Fans des Horror-Splatter-Genres ein Begriff: dafür stehen Filme wie Braindead (1991), der viel beachtete, mit dem venezianischen silbernen Löwen ausgezeichnete Heavenly Creatures (1994) und The Frighteners (1996), der auch durch Danny Elfmans Musik geläufig ist. Nachdem sich Buchveröffentlichungen bisher fast ausschließlich dem Jackson des Tolkien-Filmtripels widmen, geht es dem im vorliegenden Band vereinten Autorenkollektiv (Hrsg.: Ursula Vossen) darum, den Regisseur und sein derzeitiges Gesamtwerk einem breiteren Publikum eingehender vorzustellen.

Jackson ist völliger Autodidakt, ein Selfmade Director „Down Under“, der sich von Kindesbeinen an alles selbst beibrachte, was zum Filmemachen gehört. Ob die früh erkennbare skurrile Neigung des kleinen Peter zu Horror und Gewaltdarstellung mit seiner Geburt an Halloween 1961 in Zusammenhang steht, zählt zum eher Wenigen, das das Buch unbeantwortet lässt. In flüssig und lebendig geschriebenen Essays werden sowohl die derzeit neun langen Filme als auch der Weg dorthin anschaulich vermittelt. Dabei werden auch die wichtigen Handlungsmotive beleuchtet, die in den Filmen immer wiederkehren, wie die Probleme des Erwachsenwerdens, das Horrormotiv Sexualisierung und ebenso, wie sich der Cinderella-Komplex in Jacksons Frauenfiguren widerspiegelt. Der Leser erfährt dazu auch einiges über die Vorliebe Jacksons für gemeinhin wenig zum Kuscheln einladende Viecher wie Riesenspinnen und Rattenaffen; selbst Ekliges wie ein grüner Kotzetrank wird dem Leser dabei nicht erspart.

Letztlich muss man sich eben (auch als Nicht-Splatterianer) durch mancherlei Untiefen, die im Œuvre dieses Regisseurs eine wichtige Rolle spielen, hindurchlesen, wenn man mehr über ihn und sein Schaffen erfahren möchte. Dabei erfüllt das Buch seinen Zweck überzeugend, auch indem es beim Hineininterpretieren in bildliche Symboliken auf dem Teppich bleibt, es vermeidet, allzu sehr ins rein Spekulative abzugleiten. Fast schon ironisch liest sich in diesem Zusammenhang die ausdrückliche Warnung vor freudianischen Schlussfolgerungen bei der Betrachtung der Dominanz der Eltern-Kind-Problematik in Jacksons Filmen: erhielt doch das Einzelkind von „Mum and Dad“ für seine außergewöhnlichen Vorlieben größtmögliche Unterstützung. Im Abspann von Bad Taste hat Peter seinen Eltern, Joan und Bill Jackson, daher auch als „Special Assistants to the Producer“ ein originelles Denkmal gesetzt. Und mit einer eindeutigen Widmung an seine Erzeuger hat er drum auch The Fellowship of the Ring versehen: „Thank you for your belief, support and love“.

Neben ausführlichen Besprechungen auch der frühesten fragmentarischen Filme wird auch deren Bezug zu „Down Under“ und die dortige Filmindustrie hergestellt. Und natürlich sind auch die drei HerrderRinge-Filme vertreten, sind als Ganzes in „Durch Feuer zum Licht: Die Odyssee des Rings (2001-2003)“ behandelt. Und neben einem Interview in „Ich liebe einfach, was ich tue“ finden sich interessanterweise noch drei weitere, völlig unterschiedliche Aspekte der Trilogie beleuchtende Artikel zum Thema, die LOTR als Fan-Phänomen betrachten, Vergleiche mit den früheren Verfilmungen ziehen sowie Film und Roman einander gegenüberstellen.

Zum Schluss gibt es noch einen Vorausblick auf das KingKong-Projekt, Jacksons Remake des 1933er Kinoklassikers, der 2005 in die Kinos kommen soll. Und vor der den Band abschließenden Filmografie und Bibliografie betrachtet Ursula Vossen noch Peter Jacksons Tätigkeit als Produzent für andere.

Die sachlich fundierte, sehr informative, lebendige und unterhaltsame Publikation erfüllt nicht allein ihren Anspruch, nämlich umfassend über den Regisseur zu informieren. Sie dürfte so manchem Leser Lust auf eine möglichst vollständige Peter-Jackson-Werkschau machen. Besondere Erwähnung verdient die reichhaltige Bebilderung, wobei erfreulicherweise ein Großteil nicht wie so oft als Bildausschnitt, sondern im originalen Kinoformat präsentiert ist.

Dieser Artikel ist sowohl Teil unseres umfangreichen Programms zum Jahresausklang 2004 als auch Teil unseres umfangreichen Herr-der-Ringe-Specials.

Erschienen
2004
Seiten:
160
Verlag:
Schüren Presseverlag
Kennung:
3-8947-2349-1
Zusatzinfomationen:
€ 14,90 (D)

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