Die Silvester-Konzerte Ingo Metzmachers: Who Is Afraid of 20th Century Music?
Der Dirigent Ingo Metzmacher zelebrierte an der Alster zwei Silvester-Konzerte (1999 und 2000) der etwas anderen Art, nämlich ausschließlich mit Werken des 20sten Jahrhunderts. In Form von zwei Live-Mitschnitten präsentieren die beiden randvoll bestückten EMI-CDs das jeweilige Programm.
Natürlich sind bei einem derartigen Anlass primär leichter zugängliche Stücke angesagt, deren Modernität sich weniger in radikaler Atonalität, sondern eher rhythmisch äußert. In Teilen des ersten Konzertes geht es schon recht experimentell zu: Bernd Alois Zimmermanns „Stille und Umkehr“ sowie Anton Plates „You must finish your way alone“ und auch Hans Werner Henzes Mänadentanz aus der Oper „Die Basseriden“ erfordern ein gewisses Maß an Konzentration. Daneben steht Publikumswirksames wie Gershwins zündende „Cuban Overtüre“, Leonard Bernsteins dynamisch-melodisches Pendant zur Opern-Parodie „Candide“, Coplands populäres Hoe-Down aus dem „Rodeo-Ballett“, die reizvolle Gavotte aus Prokofjews Ballett „Cinderella“, Honeggers berühmte Maschinen-Musik für die Fahrt einer „modernen“ Dampflokomotive „Pacific 231“ und der selten gebotene forsche „Militärmarsch“ von Korngold. Melodisch Schmissiges wird ebenfalls geboten: z.B. die lustige „Circus Polka“ (für einen jungen Elefanten) von Strawinsky steht neben der humorvollen Polka aus „Das goldene Zeitalter“ von Schostakowitsch, und der unverwüstliche, berühmte Säbeltanz aus „Gayaneh“ von Chatschaturjan fehlt ebenfalls nicht. Farbige Werke, wie John Adams „Short Ride in a Fast Machine“, George Antheils „Archipelago“, die beiden Märsche aus Mauricio Kagels „10 Märsche den Sieg zu verfehlen“, Toru Takemitsus „Green“ und „Desi“ von Michael Daugherty, halten mit einer etwas größeren Portion Modernität im Ausdruck dagegen, freilich ohne den Zuhörer zu überanstrengen. Wobei auch Besinnliches wie Ravels „Pavane“ nicht fehlt.
Das 2000er Silvester-Konzert bietet unter dem Strich zwar ein etwas konventionelleres, aber keinesfalls flaueres Programm als der Vorläufer aus dem Jahr 1999. Dem Spaß an der Sache und der Spielfreude des Augenblicks tut das keinen Abbruch. Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg ist in beiden Fällen gut bei der Sache.Dass moderne Musik eben nicht nur sperrig ist, sondern vergleichbar gute Stimmung erzeugen kann, wie z. B. Musik von Johann Strauß, Josef Lanner und Jacques Offenbach, wird vom Publikum hörbar begeistert quittiert. Die beiden Silberlinge legen darüber klingendes Zeugnis ab und sind originelle, willkommene Ergänzungen zum Gewohnten aus Wien und haben nicht ausschließlich Souvenir-Qualität.
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