Tobruk (Blu-ray)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
11. Juni 2016
Abgelegt unter:
Blu-Ray

Film

(3/6)

Bild

(4/6)

Ton

(3/6)

Extras

(3/6)

War-Action der Sixties: Tobruk vom späteren Love-Story-Regisseur Arthur Hiller

„What they did that day will be remembered all time!“ prangt vollmundig auf mehreren der Plakatmotive und damit ist die Geschichtsklitterung in einem Maße perfekt, wie man es auch im Kino längst nicht alle Tage erlebt. Die Filmhandlung suggeriert nämlich einen Sieg, den es nicht gab. Tobruk bezieht sich, wenn auch fast grenzenlose Freiheiten in der Gestaltung nehmend, letztlich auf die großangelegte „Operation Agreement“ gegen das im Sommer und Herbst 1942 Ägypten und damit den Suez-Kanal bedrohende deutsche Afrikakorps unter Rommel.

Ein gewichtiges Element der „Operation Agreement“ waren die deutschsprachigen Sondereinheiten der „Special Interrogation Group (SIG)“ der britischen Armee, welche sich überwiegend aus deutschen Juden aus dem unter britischem Mandat stehenden Palästina rekrutierten, um hinter den deutschen Linien Sabotageakte durchzuführen.

In Hillers Film gelingt es einer SIG nach einem gefahrvollen, abenteuerlichen Weg durch die Wüste, unerkannt ins von den Deutschen besetzte Tobruk einzudringen und die gut gesicherten, großen Treibstoffdepots in die Luft zu jagen, wodurch, wie der Film suggerieren will, die Offensivkraft der Nazis endgültig gebrochen ist. In der Realität verloren die Briten mehrere hundert Soldaten und drei Schiffe. Ein Großteil der beteiligten SIG geriet in deutsche Gefangenschaft. Abgesehen von ein paar schmerzhaften Nadelstichen für die Deutschen, war die Operation damit für die britischen Alliierten im Ergebnis insgesamt ein verlustreicher Fehlschlag.

Auch wenn Tobruk im Resultat gewiss nicht großartig ist, handelt es sich trotz seiner Unglaubwürdigkeiten und Schwächen, um ein doch recht unterhaltsames Kriegsabenteuer, das auch aus Elementen des Sabotage- und Agenten-Thrillers punktuell Spannung zu generieren vermag. Die so interessante wie originelle Ausgangssituation im Verbund mit einigen recht pointierten, freilich oberflächlich bleibenden Dialogen und ebenso die recht markante Besetzung markieren Pluspunkte der Produktion. Rock Hudson, George Peppard und besonders der als Verkörperung des britischen Offiziers so typische Nigel Kennedy machen Tobruk zum kleinen Popcornkino-Event für verregnete Sonntagnachmittage. Natürlich wirkt die damals recht ansehnliche Tricktechnik heutzutage durchweg veraltet. Dass als deutsches Kriegsgerät amerikanische Panzer und Fahrzeuge herhalten mussten, wirkt zudem unfreiwillig komisch. Dafür versöhnen neben der gelungenen Filmmusik von Bronislaw Kaper einige der schönen Hintergrund-Glasmalereien von Albert Whitlock, welche unter anderem zur Illustration Tobruks dienen, was einigen nostalgischen Charme besitzt.

Im Jahr 1974 wurde der Film vom sehr kleinen Düsseldorfer Verleih Cfc-Contact-Film übernommen. Werbetechnisch abzielend auf die annähernd parallel erfolgte Wiederaufführung von Die Kanonen von Navarone (1961), ist er unter dem Titel Die Kanonen von Tobruk neu herausgebracht worden.

Tobruk in HD auf BD

Das breite Scopebild ist praktisch frei von Schäden. Es wirkt meist sehr detailfreudig und ist abgesehen von einzelnen, etwas softeren Momenten von guter Schärfe. Es zeigt außerdem sehr sauberen Kontrast nebst gutem Schwarzwert und weist zudem überzeugende, mitunter satte Farben auf. Qualitätsmindernd ist freilich das über weite Teile sehr ausgeprägt hervortretende, recht grobe Filmkorn. Der Mono-Ton zu den Bildern in Deutsch ist ordentlich. Gegenüber der recht dynamischen und voller klingenden englischen Originalfassung wirkt er allerdings deutlich flacher.

Die Boni-Kollektion ist (wie fast zwangsläufig bei derartigen Titeln) recht schlicht ausgefallen. Neben der Koch-Media-typischen netten, mit Kapermusik unterlegten Galerie, bestehend aus Werbematerialien, finden sich nur der deutsche Wiederaufführungs- (s.o.) und ein englischer Trailer. Gegenüber der insgesamt recht hochwertigen Filmpräsentation sind diese nicht allein wegen SD, sondern zusätzlich durch farbliche und mechanische Defekte qualitativ von deutlich bescheidener Qualität.

Die Filmmusik von Bronislaw Kaper auf INTRADA

Als Bronislaw Kaper (1902–1983) die Musik für Tobruk komponierte, befand sich das Ende seiner Tätigkeit für Hollywood bereits in Sichtweite. Im Gegensatz zur Musik zu seinem Opus Magnum, Meuterei auf der Bounty (1962), erscheint die nur rund 36 Minuten umfassende Komposition (für rund 107 Minuten Film) erstaunlich knapp. Allein die Länge ist freilich kein zuverlässiges Kriterium für eine Einordnung. Allerdings erweist sich die Tobruk-Filmmusik beim eingehenderen Hören als nicht zu seinen großen Arbeiten zählend. Auch weil eine Liebesgeschichte fehlt, handelt es sich um eine stilistisch beschränkte Vertonung, die neben dem militärischen Akzent praktisch durchgehend aus oftmals sehr kurzen, betont atmosphärischen und dabei recht dissonant gehaltenen Spannungs-Cues besteht. Die Musik hat daher keine Gelegenheit sich breiter zu entfalten. Trotz ihrer unüberhörbaren Limitierung im Ausdruck ist die Komposition handwerklich geschickt ausgeführt worden. Kaper gestaltet monothematisch, mit einem einfachen, aber einprägsamen Acht-Noten-Motiv, das im Score in vielfältigen Veränderungen und auch bruchstückhaft in vielseitig ausgeführter Instrumentierung geradezu omnipräsent ist. Zum Rollentitel formt der Komponist es nach einer Eröffnungsfanfare markant zum gut ins Ohr gehenden, energischen und trotzigen Kriegsmarsch. Leider erfährt das interessante Motiv keine eingehendere kompositorische Entwicklung, was schon eine verschenkte Chance ist. Erst im Finale, im dreiteiligen Schlusstrack der CD („End Title/End Cast/Emblem”) wird es nochmals breiter ausgespielt: im End Title erscheint es verklärend zum strahlenden, kaum militärisch anmutenden Hymnus gesteigert, in End Cast gibt’s nochmals die Marschpassage aus dem Main Title und Emblem wiederholt die Coda des End Title. Was gerade in diesen Momenten einen großen Teil des zweifellos auch nostalgischen Reizes ausmacht, ist der Charme des so unverwechselbaren, üppigen Kaper’schen Golden-Age-Sounds. Aber auch die meisten der für Kaper weniger typischen, recht dissonant gehaltenen Spannungsstücke vermögen nicht nur im Film, sondern auch von den Bildern gelöst recht gut zu funktionieren. Für Kaper-Freunde ist diese Veröffentlichung einer der kleineren Filmvertonungen aus dem Œuvre eines auf Tonträger lange Zeit arg unterrepräsentierten, dabei besonders gediegenen Tonsetzers aus der Glanzzeit Hollywoods in jedem Fall hochwillkommen.

Die vollständig erhaltenen Stereo-Tonmaster  haben die lange Zeit im Archiv in hörbar gutem Zustand überstanden. Der recht volle Klang ist überwiegend sehr frisch und knackig. Nur einige wenige Tracks weisen ein etwas ausgeprägteres Grundrauschen auf und klingen etwas enger.

Fazit: Tobruk (1967) ist eindeutig ein Kind seiner Zeit und zählt dabei sicher nicht zu den großen Vertretern des Genres. Unterm Strich handelt es sich um ein ordentliches Kriegsabenteuer der 60iger Jahre mit Nostalgiefaktor inklusive. Trotz seines sich im Umgang mit den historischen Fakten geradezu haarsträubende Freiheiten zubilligenden Plots gilt: Im Vergleich gibt es aus jener Zeit nicht wenige wesentlich schwächere Kriegsfilmadaptionen, solche, die man sich heutzutage kaum mehr antun mag. Nachhaltig unterstützt wird der Streifen zudem durch die trotz ihres über weite Strecken betont atmosphärischen Charakters recht markante Musikuntermalung von Bronislaw Kaper

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.


Mehrteilige Rezension:

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Originaltitel:
Tobruk

Regisseur:
Hiller, Arthur

Erschienen:
2016
Land:
USA 1967
Vertrieb:
Koch Media BD-Edition

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