The Rock

Geschrieben von:
Dietrich Haas
Veröffentlicht am:
30. Juni 2002
Abgelegt unter:
CD

Score

(3/6)

Wohl kaum eine Filmmusik der letzten Jahre wurde kontroverser diskutiert als die zu The Rock – Fels der Entscheidung. Das damals noch relativ junge Media-Ventures-Team (Nick Glennie-Smith und nach anfänglicher Unzufriedenheit des Produzenten auch Harry Gregson-Williams und Hans Zimmer in unterstützender Funktion) schrieb zu Michael Bays Actionfilm einen stark elektronisch geprägten Score, der seit seinem Erscheinen die Filmmusikgemeinde in zwei Lager spaltet.

Auf die Inhalte dieser teilweise sehr unsachlich geführten Debatte möchte ich hier nicht mehr näher eingehen; bis heute kann man sich davon beim Lesen hitziger Forumsbeiträge zum Thema ein Bild machen.
Ob einem mehr die synthetisch-rockige Filmmusik gefällt, die bei The Rock in Reinform präsentiert wird, oder man eher den orchestral-sinfonischen Kompositionen z. B. im Stile John Williams’ den Vorzug gibt, ist Geschmackssache. Deshalb ist eine einigermaßen objektive Bewertung des vorliegenden Scores nicht ganz einfach.

Die Musik zu The Rock ist geprägt von einem sehr eingängigen, recht düsteren Hauptthema, das gleich im ersten Titel „Hummel Gets the Rockets“ in üppiger Besetzung (tiefe Streicher, viel Blech und Schlagwerk, wummernde Bässe sowie stets der „russisch“ anmutende Männerchor im Hintergrund) zu hören ist. Desweiteren nehmen die fetzig-rockigen Actionpassagen eine bedeutende Stellung ein, oft unter Zuhilfenahme von E-Gitarren, viel synthetischen Percussions und Effekten.
Dabei kommt eine musikalische Gratwanderung zwischen mitreißenden, dynamischen Passagen, wie z. B. im zweiten Teil des ersten Cues oder dem Beginn des zweiten Titels „Rock House Jail“, und relativ anstrengenden, manchmal schlicht lärmenden, weil elektronisch überfrachteten, Elementen (Titel 8 „The Chase“) herausso manche Box überlebt die Musik bei etwas lauterer Einstellung nicht. Mag sein, dass dieses Klanggetöse im Film vonnöten ist, abseits trägt es aber nicht zu dem insgesamt positiven Gesamteindruck der CD bei.

Es gibt aber auch ruhige, melodiöse Passagen, z. B. Titel 3 „Jade“, mit einem schönen Flöten-Solo, was man als eine Art Sekundärthema bezeichnen kann. Immer wieder erklingen zwischendurch Instrumentalsoli (meist Solo-Horn oder Trompete), die einen angenehmen Kontrast zu den oben beschriebenen Actionpassagen bilden.
Leider geht so manche Ohrwurm-verdächtige Stelle im allgemeinen Klang-Durcheinander unter, manches offenbart sich erst bei mehrmaligem Anhören. Schuld hat daran vor allem auch die nicht besonders glückliche CD-Einteilung: Wie schon bei anderen Zimmer-Scores (z. B. Crimson Tide, siehe unten) sind manche Titel einfach zu lang geraten (Track 6, „Rocket Away“ über 14 Min.), beeindruckende Passagen quasi darin versteckt.
Trotz manchen rhythmischen und klanglichen Strukturbrüchen bietet der Score eine überdurchschnittlich hohe Hörqualität, hier überzeugen neben Titel 7 und 5 vor allem das schon angesprochene Auftaktstück, sicherlich das Highlight dieser CD.
Die Musik zu The Rock ist fließender komponiert als thematisch ähnliche Zimmer-Musiken wie beispielsweise der Score zu Backdraft; es gibt längere, durchgängigere Passagen ohne rhythmische bzw. klangliche Brüche.

Natürlich ist eine deutliche Verwandtschaft zu eben diesem Score aus dem Jahre 1991 oder auch zu der Musik von Crimson Tide oder Project Peacemaker nicht zu leugnenmitunter kann so mancher, der sich mit Zimmers Werken nicht so gut auskennt, jene Scores auch nicht voneinander unterscheiden.

Dem muss man aber auch entgegenhalten, dass die Musik zu The Rock gewissermaßen stilprägend war für sehr viele Action-Scores der darauffolgenden Jahrebis zum heutigen Tag. Selbstredend ist zu differenzieren; einerseits „Beinahe-Plagiate“ wie z. B. Glennie-Smiths The Man with the Iron Mask • Der Mann mit der eisernen Maske, andrerseits die späteren Kompositionen der Media-Ventures-Komponistengilde. In Scores wie Armaggeddon von Trevor Rabin, Staatsfeind Nr. 1 (Rabin/Gregson-Williams) oder Face/Off • Im Körper der Feindes von John Powell sind deutliche Anleihen an The Rock zu hören.

Zur Bewertung: Wie schon erwähnt, schwanken die Meinungen zu dieser Musik vom totalen Verriss bis zur fast schon fanatischen Vergötterung. Die Wahrheit liegt meiner Meinung nach wie so oft nahe der goldenen Mitte. Was mich betrifft, so gehört jene CD bestimmt zu den meistgehörten meiner Sammlung; sie ist hervorragend geeignet, um bei bisher musikalisch eher Unbedarften die Brücke zur Filmmusik zu schlagen und genießt aufgrund ihres rockigen, mitunter mitreißenden Charakters eine ungemein hohe Popularität.

Das alles darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Score kompositorisch nicht in obere Kategorien gehört. Neben oben genannten Defiziten muss auch jeder kritische Zimmer-Fan letztendlich zugeben, dass der Komponist auch schon bessere Filmmusiken geschrieben hat (siehe z. B. Das Geisterhaus oder Der schmale Grat). Trotzdem ist der Score zu The Rock für jeden Anhänger Zimmerscher Musik ein absolutes Muss, in diesen Kreisen hat er ohnehin Kultstatus.
Zweifler der kompositorischen Schaffenskraft von Zimmer & Co werden in diesem Score sicherlich ein gelungenes Demonstrationsobjekt für ihre Kritik sehen. Jedem unvoreingenommenem Filmmusik-Hörer empfehle ich die CD mit oben genannten Abstrichen.


Mehrteilige Rezension:

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Erschienen:
1996
Gesamtspielzeit:
60:21 Minuten
Sampler:
Hollywood Rec.
Kennung:
162 062-2

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