The Prodigal

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
24. Dezember 2003
Abgelegt unter:
CD

Score

(5/6)

The Prodigal • Der Tempel der Versuchung (1955) ist ein typisches Produkt seiner Zeit. Der Film entstand im Umfeld des Erfolges von The Robe unter der Regie des Epos-erfahrenen Richard Thorpe Ivanhoe, Knights of the Round Table).

1039Die lose an das alttestamentarische „Gleichnis vom verlorenen Sohn“ angelehnte Story wirkt recht banal, ist aber visuell aufwändig und prachtvoll in CinemaScope fotografiert — wovon das edel mit Bildmaterial ausgestatte Booklet bereits einen Eindruck vermittelt. Durch und durch ein Glitzer- und Glamour-Produkt aus dem Hause MGM und außerdem ein Vehikel für den platinblonden Vamp Lana Turner, der beispielsweise in The Three Musketeers (1948) eine sehr überzeugende dämonisch-verführerische Mylady de Winter abgibt. In The Prodigal verkörpert Lana Turner die jüdische Hohepriesterin des Baal/Astarte-Kults, Samarrah, die (zumindest im Film) in verführerischen halbdurchsichtigen Gewändern posieren darf.

Bronislaw Kaper, der bei MGM lange auf das Schreiben wirkungsvoller Filmsongs festgelegt blieb, bekam erst seit Mitte der 40er Jahre vermehrt Gelegenheit, auch sein sinfonisch-dramatisches Talent unter Beweis zu stellen. Im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen hat er seine Kompositionen nie selber orchestriert und dirigiert. Allerdings belegt die Musik zu The Prodigal einmal mehr, wie exakt der gut geölte arbeitsteilige „Fließbandbetrieb“ eines der führenden Music Departments — wie das von MGM — damals funktionierte.

Kapers jetzt erstmals auf Tonträger zugängliche Musik ist von sehr guter Qualität. Die Nähe zu vergleichbaren Arbeiten des seinerzeit ebenfalls bei MGM beschäftigten Miklós Rózsa ist in Teilen durchaus spürbar. Die Musik erweist sich aber insgesamt als besonders ausgeprägt kammermusikalisch transparent angelegte Genre-Vertonung, in der ein alt-hebräisch liturgisch anmutendes Thema die Hauptrolle spielt. Im „Main Title“ wird dieses — intoniert von männlicher Solo-Vokalise über ebenfalls vokalisierendem Männerchor und Orchester — vorgestellt. Neben dieser, archaisch religiöses Flair ausstrahlenden Melodie finden sich weitere, die überzeugend in den ebenfalls effektvoll instrumentierten musikalischen Fluss eingebettet sind.

Daneben gibt es vielfältig eingearbeitete Source-Cues, in denen Holzbläsersoli zusammen mit ethnischem Schlagwerk der Musik einen reizvollen mittelöstlich-archaischen Touch verleihen. Auffällig sind die überaus feinsinnig und subtil instrumentierten Dialog-Passagen, in denen sich der sparsam aufgelichtete Vertonungsstil perfekt dem Bild unterordnet, ohne dabei musikalisch belanglos zu werden.

Rund 75 Minuten Musik in sehr guter Klangqualität und in Stereo. Die Einspielung dirigiert übrigens André Previn, der später insbesondere für seine Film-Musical-Arrangements und als renommierter Klassik-Interpret bekannt geworden ist. Das sind die Rohdaten eines mehr als nur hörenswerten FSM-Albums. Für jeden Freund der Monumentalfilmmusiken ein Pflichtkauf, aber auch allen anderen für das Golden Age aufgeschlossenen Hörern sehr zu empfehlen.

Kompositorisch liegen sowohl Home from the Hill als auch The Prodigal bei viereinhalb bis fünf Sternen. Als Albumwertung halte ich jeweils fünf Sterne für angemessen.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Komponist:
Kaper, Bronislaw

Erschienen:
2002
Gesamtspielzeit:
75:11 Minuten
Sampler:
FSM
Kennung:
Vol. 5 No. 9

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