The Keys of the Kingdom

The Keys of the Kingdom
Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
25. Dezember 2004
Abgelegt unter:
CD

Score

(5/6)

The Keys of the Kingdom

The Keys of the Kingdom • Schlüssel zum Himmelreich (1944) entstand nach dem gleichnamigen Buch von A. J. Cronin, das 1941 erschien. Titelgebend ist ein Ausspruch von Jesus an den Apostel Petrus aus dem Neuen Testament: „And I will give thee the Keys of the Kingdom of Heaven.“ Es geht um Leben und Wirken eines schottischen Paters, Father Chisholm (Gregory Peck), der im von Unruhen geschüttelten China im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert eine Missionsstation aufbaut und leitet. Fox-Chef Darryl F. Zanuck war davon überzeugt, dass der Film im Kielwasser von The Song of Bernadette (1943) platziert ein großer Erfolg würde – was sich jedoch (auch international) nicht erfüllte. Für den damals 28-jährigen Gregory Peck war die Rolle des Fathers Chisholm übrigens der zweite Leinwandauftritt.

Alfred Newman ging wie immer sehr sorgfältig zur Sache. Er entwarf aber nicht allein eine umfangreiche Musik, die neben fünf breiter angelegten Hauptthemen noch diverse Motive zur leitmotivischen Charakterisierung einsetzt. Um das exotische Kolorit Chinas besonders überzeugend in seiner Musik zu reflektieren, benutzte er einen damals noch sehr ungewöhnlichen Kunstgriff: Er verwendete originales, fernöstliches Instrumentarium, das aus der umfangreichen Sammlung des amerikanischen Komponisten Henry Eichheim stammte und speziell für diesen Zweck entliehen wurde. Und neben dem fernöstlichen ethnischen Kolorit klingt auch der schottische Ursprung der Hauptfigur an.

Das Begleitheft vermittelt einen Eindruck davon, wie außergewöhnlich und wahrlich exotisch diese zum Teil eher unscheinbaren Instrumente bei Fox empfunden worden sind. Im Jahr 1937 hatte Dimitri Tiomkin übrigens ebenfalls aus dieser Sammlung einige tibetanische Instrumente für The Lost Horizon • In Fesseln von Shangri La eingesetzt. Newman zeigt dabei in den exotisch gefärbten Passagen der Musik beträchtliches Geschick, erzielt den Ausdruck bereichernde Effekte und reizvolle Stimmungen – was zweifellos zuvor eingehender Studien bedurfte (siehe auch Rózsas The Seventh Sin). Damit bereitete er den Weg: zum einen für sich selbst in Love Is a Many Splendored Thing • Alle Herrlichkeit auf Erden (1955) und zum anderen für Bernard Herrmann in Anna and the King of Siam (1946). Im KeysoftheKingdom-Score begegnet dem Hörer außerdem ein Thema, das Big Al in seinem prächtigen 1955er Ausflug in fernöstliche Klangexotik wieder verwendet hat. Er komponierte in den Monaten August und September des Jahres 1944. Die Aufnahmesitzungen erfolgten mit größter Sorgfalt, nahmen 10 volle Tage in Anspruch – siehe auch Captain from Castile.

Die im Doppel-CD-Set präsentierte Musik ist übrigens vollständig und enthält sogar einige Stücke zu Szenen, die während der Postproduktionsphase der Schere zum Opfer fielen. Fünf breitere Hauptthemen und eine Reihe von Motiven für weitere Figuren der Handlung sind das Ausgangsmaterial, aus dem Newman seine Musik leitmotivisch gestaltet hat. Die besagten Hauptthemen, besonders das für Father Chisholm, sorgen nicht allein für Zusammenhalt im Score. Indem sie fortlaufend in ausgefeilten Varianten erklingen, wird den wechselnden Stimmungen der Filmhandlung geschickt Ausdruck verliehen. Und die exotischen Einschübe sorgen zusätzlich für markante und klangschöne Abwechslung in einer insgesamt reichhaltigen Musik.

Im Gegensatz zu The Song of Bernadette gab es seinerzeit (wohl wegen der enttäuschenden Einspielergebnisse) keinerlei Musikveröffentlichung auf Tonträger. Newman erhielt für seinen schönen Score immerhin eine der für den Film vergebenen vier Oscar-Nominierungen. In unseren Tagen wurde dem Score im Rahmen des Silva-Samplers „Essential Newman: Man of Galilee“ immerhin eine rund 7-minütige Suite gewidmet. Auch das Tsunami-Label brachte eine (klanglich allerdings sehr unzulängliche,) unvollständige Version des Scores auf den Markt, die der Käufer des vorliegenden Albums getrost vergessen kann. Der Klang der monoralen Lichttonmaster erweist sich in der SAE-Edition als für sein Alter überraschend frisch und klar, außerdem ist er besonders arm an Verzerrungen. Da kommt beim Hören schon echte Freude auf, zumal auch die Exotismen der Musik sehr schön herausgehört werden können.

Newman-Kenner Jon Burlingame verfasste die informativen Texte, für das – auch dieser Screen Archives Entertainment Production (SAE) – beiliegende üppig ausgestattete Begleitheft. In die umfangreichen Texte sind viele zum Teil colorierte Aushangfotos und ebenso schwarweiße Filmfotos eingebettet. Neben eingehenderen Infos zur Entstehungsgeschichte nimmt eine parallel zu den gelisteten Album-Cues verfasste Nacherzählung der Filmhandlung, „The Story in Music“, breiten Raum ein. Das ist zwar zweifellos eine liebevoll gemachte Sache; darin an wichtigen Stellen eingestreute weitergehende analytische Details zur Musik hätten dem Ganzen allerdings doch noch etwas mehr an Gewicht verliehen.

Alles in allem ist The Keys of the Kingdom ein abwechslungsreich gehaltenes und auch im chronologischen Schnitt sehr gut fließendes Höralbum. Eine Musik, der man für die kompositorisch überaus sorgfältige Verarbeitung des Materials und auch Dank ihrer Vielseitigkeit volle fünf Sterne zugestehen kann.

Komponist:
Newman, Alfred

Erschienen:
2004
Gesamtspielzeit:
2 CDs: 93:13 Minuten
Sampler:
SAE-CRS|
Kennung:
011

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