Überzeugende, pure Nostalgie: Star Wars Episode VII – Das Erwachen der Macht
Mit dem 1977er Star Wars (Episode IV) und seinen beiden Sequels, The Empire Strikes Back (1980) und Return of the Jedi (1983), gelang es George Lukas, ebenso wie auch Komponist John Williams, eine Kultlegende zu begründen. Was bereits bei Die Rückkehr der Jedi-Ritter mit den etwas nervigen Ewoks als Tribut an eine neue, jüngere Zielgruppe begann, wurde rund 16 Jahre später in Episode I – The Phantom Menace mit dem glupschäugigen, tölpelhaften Jar Jar Binks für viele Freunde der damals bereits „klassischen “ Star-Wars-Trilogie zur quälenden, überzogen kindlichen Entgleisung. Episode II – Attack of the Clones (2002) besitzt neben einigen eindrucksvollen Momenten, etwa dem Pod-Race, zuviel sichtbar unausgereifte CGI-Technik und das gilt auch für die Eröffnung von Episode III – Revenge of the Sith (2005). Wobei dieser dritte Teil es allerdings dann doch recht überzeugend schafft, den Anschluss an die klassische Star-Wars-Trilogie zu finden. Damit schien es dann allerdings auch Schluss mit dem großen Weltraummärchen à la Hollywood zu sein.
Seitdem ist freilich viel passiert. Im November 2012 vermeldete die Presse, Mickey Maus habe von George Lucas das Star-Wars-Imperium gekauft. Die von manchen befürchtete Disneyfizierung ist bei Episode VII jedoch erfreulicherweise ausgeblieben.
Rund 32 Jahre nach dem Finale von Episode VI – Return of the Jedi ist der Kampf zwischen Gut und Böse offenbar doch noch nicht entschieden. Nach so langer Zeit ist bei den Protagonisten der Handlung zwangsläufig ein Generationswechsel inbegriffen. Aber nicht nur den haben Regisseur J.J. Abrams und sein Produktionsteam, darunter auch Lawrence Kasdan (der bereits das Drehbuch zum besten Film der klassischen Trilogie geliefert hat: The Empire Strikes Back), geschickt gehandhabt. Das Spektakel beginnt direkt visuell eindrucksvoll und vertraut zugleich: auf dem Wüstenplaneten Jakku, der ein Friedhof für zum Teil riesige Weltraumkreuzer ist.
Schnell wird deutlich, dass offenbar „Back to the Roots“ als einhelliges Motto für alle Beteiligten galt. So erhalten neben den die Handlung tragenden neuen Helden auch ihre mittlerweile ehrenvoll ergrauten Pendants drollige Auftritte. Die Neuen, das sind der abtrünnige Angehörige der imperialen Sturmtruppen FN-2187 (John Boyega), späterhin Finn genannt und die junge, offenbar vom Weltraum-Schrott ihren Lebensunterhalt bestreitende Rey (Daisy Ridley). Ihnen zur Seite stehen Luke Skywalker (Mark Hamill) und Han Solo (Harrison Ford) nebst seinem Wookie-Partner Chewbacca (Peter Mayhew). Auch die ehemalige Prinzessin Leia (Carrie Fisher) gibt’s noch: Sie ist mittlerweile zur Generalin, Leia Organa, aufgestiegen. Dagegen stehen die Bösewichte des Imperium-Nachfolgers „Erste Ordnung“: General Hux (Domhnall Gleeson) und der oberste Anführer Snoke (Andy Serkis) nebst seinem Schüler Kylo Ren (Adam Driver). Ren ist der Nachfolger Darth Vaders, dabei allerdings einer, der zwischendurch auch mal die Maske abnimmt und sein (nicht entstelltes) Gesicht zeigen mag.
Vieles im Plot erinnert derart an die alles begründende Episode IV aus dem Jahr 1977, dass Das Erwachen der Macht fast schon wie ein Remake derselben wirkt. Nicht nur der gute alte Millennium Falke fliegt wieder, die Tie-Fighter des Imperiums wie auch die X-Wings der Rebellen sind ebenso wieder mit von der Partie. Darüber hinaus spiegelt sich die in Teilen düstere Atmosphäre der klassischen Trilogie inklusive des typischen Plastik-Looks der imperialen Sturmtruppen wieder. Auch wieder dabei ist ein neuer, freilich gegenüber früher wesentlich größer, geradezu gigantischer Todesstern: Starkiller Base. Das zeitgemäße Pendant für den Androiden R2-D2 ist der zwar ebenso piepsig, aber ansonsten wesentlich eleganter wirkende kugelrunde BB-8. Und um das Retro-Maß vollzumachen sind sowohl R2-D2 als auch sein goldener Kollege C-3PO zu sehen. So richtig unterhaltsam wird das Ganze, wenn man sich zuvor den 1977er Erstling nochmals vornimmt. Dann stechen die Referenzen und Verweise besonders deutlich hervor.
Episode VII lebt aber eben auch durch seine oftmals witzigen Dialoge inklusive einer angenehmen Portion Selbstironie insbesondere der alten Helden. So gerät der temporeich verpackte aktuelle Film zum insgesamt betont nostalgischen Anknüpfungspunkt an die klassische Star-Wars-Trilogie. Es findet sich alles, was den Fans so vertraut und liebgewonnen ist, technisch freilich angekommen auf der Höhe der Zeit. Die exzellent produzierten CGI-Effekte sorgen durchweg für eindrucksvolle Bildeindrücke. Und so belegt der große Erfolg an den Kinokassen die breite Zufriedenheit der Fanklientel. Sowohl deren ganz alte Garde als auch die jüngeren, die erst durch die Prequel-Trilogie hinzugestoßen sind, wurden kaum enttäuscht. „Episode Nummer Sicher“ titelte dazu „Der Spiegel“. Das kann man natürlich kritisieren, aber man kann über den Mangel an Neuem bei der Reanimation der Kult-Legende auch erst einmal hinwegsehen und Episode VII als das nehmen, was sie ist, nämlich eine sympathisch-solide Popcornunterhaltung. Das gilt trotz diverser Ungereimtheiten und Logiklöcher, die man dem neuen Plot – allerdings ähnlich wie auch in der klassischen Trilogie – klar attestieren muss. Anstatt das Kind jetzt mit dem Bade auszuschütten, ist m.E. jetzt erst einmal angeraten, in Ruhe abzuwarten, wie es weitergehen wird. Vielleicht hat Das Erwachen der Macht letztlich ja doch das Zeug dazu, zur Neuen Hoffnung zu werden.
Die Filmmusik von John Williams
Auch musikalisch steht unübersehbar Nostalgie auf der Agenda, und das nicht erst, wenn die fest in der Populärkultur verankerte Eröffnungsfanfare erklingt. Bereits das CD-Cover ist nämlich, abgesehen vom zwischen dem Star-Wars-Schriftzug eingefügten Titel von Episode VII, Das Erwachen der Macht, eine exakte Replik der 1977er LP zu Episode IV.
Auch wenn sich unter dem neuen musikalischen Material kein unmittelbarer Hammer wie der unvergessliche Darth-Vader-Marsch (den es allerdings auch erst seit The Empire Strikes Back gibt) und keine breit ausschwingenden Ohrwürmer wie etwa das für Meister Yoda befinden, ist die aus diversen Forumseinträgen sprechende Enttäuschung so mancher Fans nicht nachvollziehbar. Obwohl natürlich die musikalische Macht, in Gestalt von Altmeister John Williams, ebenfalls in die Jahre gekommen ist, gilt: Von Williams schwächelt oder davon, er sei gar im Auto-Pilot-Modus befindlich gewesen, kann keine Rede sein.
Was es über die rund 77 Albumminuten zu hören gibt, ist, wie zwangsläufig zu erwarten, im typischen Star-Wars-Idiom gehalten. Beim ersten Hören trat zwar auch für mich das neue Themenmaterial noch nicht so deutlich hervor. Dafür fiel jedoch direkt auf, wie sorgfältig die geläufigen Themen aus der klassischen Trilogie im Score zitiert und verarbeitet worden sind.
Beim Neuen sticht besonders das mit jedem Hören eingängiger und schöner erscheinende Thema für Rey hervor, das einem übrigens besonders häufig und in vielfältigen Varianten begegnet. Dem Darth-Vader-Nachfolger Kylo Ren ist dagegen „nur“ eine etwas unscheinbare fünfnötige Tonfolge zugeordnet, an der Williams sicher noch basteln wird. Das ist vergleichbar mit dem 1977er Score, wo der so charakteristische Darth-Vader-Marsch als markante Signatur des Imperiums ebenfalls noch nicht existierte. Hinzu kommt noch ein fugenartiger Marsch für die Kämpfer der Republik „March of the Resistance“. Interessanterweise wirkt dieser infolge seiner Chromatik recht harsch und damit eher wie ein Kriegsmarsch als zur Heldenverehrung tauglich. Der damit charakterisierte Widerstand erhält dadurch im Ausdruck eine dunkle, dezent drohende und damit bemerkenswert ambivalente Note. Fugenartig geht es auch im Set-Piece „Scherzo for X-Wings“ zu. Williams arbeitet hier äußerst virtuos mit dem berühmten Fanfarenmotiv und demonstriert prachtvoll, was ein Könner daraus zu machen versteht. Nicht nur an diesen Stellen zeigt sich, auf welch hohem handwerklichen Niveau und zugleich liebevoll die gesamte Musik gestaltet worden ist. Last but not least sind da auch noch die außergewöhnlich sorgfältig auskomponierten End Credits, wo über ausladende rund sechs Minuten die wichtigsten Themen und Motive nochmals elegant Revue passieren. Derartiges ist im heutigen Kinoalltag längst nicht mehr die Regel. Es ruft vielmehr, in passend nostalgischer Betrachtung, die Erinnerung an die Kino-Ouvertüren so mancher klassischer Großproduktion in Erinnerung. Sowohl die Oscarnominierung als auch die vergebenen vollen fünf Cinemusic.de-Sterne hat sich Altmeister Williams redlich verdient. Es bleibt zu hoffen, dass er (nicht aussschließlich) dem Star-Wars-Projekt noch möglichst lange erhalten bleiben möge.
Das Erwachen der Macht auf Blu-ray
An den Verkaufsstart geht Star Wars Episode VII derzeit nur als 2D-Version in einer zwei Discs umfassenden Ausgabe. Disc zwei widmet sich ausschließlich der umfangreichen Boni-Kollektion, wobei sämtliche Features in HD vertreten sind.
Bild und Ton
Die Silberscheibe mit dem Film hinterlässt optisch wie akustisch einen vorzüglichen, fast durchweg sogar annähernd perfekten Eindruck. Für eine Fülle an Details sorgen beim Bild das sehr gute Kontrastverhältnis sowie ein knackiger Schwarzwert im Verbund mit exzellenter Schärfe. Auch die häufiger kräftigen Farben erscheinen in saubersten Abstufungen und Übergängen. Der Gesamteindruck ist entsprechend tadellos.
Dahinter stehen auch die Tonspuren qualitativ nicht zurück. Zwar bietet die Blu-ray nicht den derzeit letzten Schrei der akustischen (Heim-)Kinotechnik: Dolby Atmos. Aber beide „nur“ in hochwertigen dts-Abmischungen vorliegenden Tonfassungen in Deutsch (5.1) wie auch in Englisch (7.1) sorgen für ein wohl ausbalanciertes sehr weiträumiges Klangfeld, durchsetzt mit vielen direktionalen Effekten. Dabei ist die dynamisch kraftvoll und ebenso in Sachen Feindynamik überaus differenziert agierende deutsche Tonspur dem englischen Original trotz des Fehlens zweier Surroundkanäle keinesfalls unterlegen.
Extras
Aus der insgesamt sehr gut aufgestellten Bonikollektion (komplett in HD-Qualität) ragt besonders das mit knapp 70 Minuten fast auf Spielfilmlänge agierende Making Of „Das Geheimnis hinter Das Erwachen der Macht: Eine cineastische Reise“ hervor. Dieses vermittelt bereits recht umfassende Einblicke in die Filmproduktion. Als Ergänzung findet sich eine handvoll weiterer Featuretten, z.B. zum neuen Droiden „Die Entwicklung von BB-8“ oder auch zur Filmmusik mit „John Williams: Die siebte Sinfonie“.
Fazit: Ein weiteres Mal heißt es „in a galaxy far, far away“. Zwar geht Episode VII des kultigen Weltraummärchens Innovation weitgehend ab, aber das Resultat ist vielleicht gerade deshalb ein so wohlig nostalgisches wie kurzweiliges Popcornkinoerlebnis geworden. Warten wir also entspannt ab, wie es mit Episode VIII weitergehen wird und vertreiben uns die Zeit bis dahin nicht nur mit der feinen Blu-ray-Edition, sondern ebenso mit der wiederum sehr überzeugenden Filmmusik vom ebenfalls zu den in Ehren ergrauten Star-Wars-Helden zählenden John Williams.
Weiterführender LINK: „14 Dinge, die uns an Star Wars VII nerven“ von Holger Kreitling, Kritsanarat Khunkham und Felix Zwinscher, in „Die Welt“
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.
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