Insgesamt drei Mal hat Regisseur Robert Wise, ehedem Cutter bei Orson Welles, sich dem Western-Genre gewidmet: Blood On The Moon Gun Man (1948, Musik: Roy Webb) und Two Flags West Vorposten in Wild West (1950, Musik: Hugo Friedhofer) sind heutzutage praktisch vergessen, einzig Tribute To A Bad Man Jeremy Rodack – Mein Wille ist Gesetz (1959, Musik: Miklós Rózsa) ist dank des Hauptdarstellers James Cagney hin und wieder Gast im Fernsehen.
Two Flags West zählt in jedem Fall zu den besonderen Raritäten, da der Film hierzulande bislang anscheinend niemals im Fernsehen gezeigt worden, also seit seiner Kinoauswertung 1952, zumindest offiziell praktisch nicht mehr verfügbar gewesen ist. Dies macht ihn nun sicher nicht automatisch zum vergessenen Meisterwerk des Kinowesterns. Aber auch wenn sich dieser Western im Vergleich zu Hochkarätigerem, etwa Broken Arrow oder auch The Last Wagon Der letzte Wagen (1956), ein Stück dahinter einreihen muss, so ist er für Westernfreunde in jedem Fall eine veritable Ausgrabung, welche das Entdecken lohnt.
Two Flags West wird in Besprechungen verschiedentlich mit Delmer Daves berühmtem Broken Arrow Der gebrochene Pfeil (1950, Musik: Hugo Friedhofer) verglichen. Die Indianer bleiben in diesem eher Bürgerkriegs- als Indianer-Western allerdings ähnlich gesichtslos, wie in den allermeisten Western zuvor. Und so ist auch der dramatische Höhepunkt, der Großangriff der Apachen auf Fort Thorne, primär Mittel zum Zweck, Nord und Süd wieder miteinander zu vereinen. Eher indirekt verbindet beide Streifen Jeff Chandler, der im erstgenannten einen großmütigen Indianerhäuptling und hier nun den im Fronteinsatz im US-Bürgerkrieg verkrüppelten Major Kenniston verkörpert, der im an der Indianergrenze in New Mexico gelegenen Fort Thorne völlig desillusioniert Dienst tut. Dass er für die zur Zeit im Fort weilende Mexikanerin Elena Kenniston (Linda Darnell), Frau seines ebenfalls im Krieg gefallenen Bruders, tiefere Gefühle empfindet, verkompliziert die ohnehin schwierige Situation. Elena interessiert sich ihrerseits nämlich mehr für Leutnant Clay Tucker (Joseph Cotten). Tucker war vordem Colonel der konföderierten Armee der Südstaaten. Er und seine Männer folgten einem Dekret von Präsident Lincoln vom 8. Dezember 1963, durch das sie aus der Gefangenschaft entlassen wurden, wenn sie an der Indianergrenze für die Union gegen die Apachen kämpften.
Major Kenniston misstraut Tucker und dessen Männern. Als heraus kommt, dass Tucker in der Schlacht bei Chancellorsville teilgenommen hat, bei der sein Bruder fiel, macht dies das Verhältnis zwischen den beiden Männern nicht entspannter. Kenniston begegnet darüber hinaus den Indianern mit unnachgiebiger Härte. Als er den Sohn des Häuptlings willkürlich erschießen lässt, spitzt sich die Lage dramatisch zu, und es kommt zum Kampf um das Fort. Die gerade auf Patrouille befindlichen und konkret mit Fluchtgedanken spielenden Südstaatler machen schließlich doch kehrt, um ihren Unionskameraden beizustehen. Als die nach heftiger Abwehrschlacht bereits ins Fort eingedrungenen Apachen den Kampf bei Einbruch der Dunkelheit einstellen, ist die Lage praktisch hoffnungslos. Major Kenniston erkennt schließlich sein Fehlverhalten. Er liefert sich selbst den Indianern aus und kann so für die schwer berannte Garnison die totale Katastrophe gerade noch verhindern. Kurz darauf trifft die Nachricht von General Lees Kapitulation ein: Der Bürgerkrieg ist zu Ende. Tucker und Ella Kenniston sehen einer gemeinsamen Zukunft entgegen.
Neben dem recht aufwändig und für die Zeit rau in Szene gesetzten Höhepunkt, dem Kampf um das überraschend groß erscheinende Fort Thorne, beleuchtet der Film eine interessante, anderweitig kaum aufgegriffene Facette des US-Bürgerkriegs: die der „Galvanized Yankees“, derjenigen, die das konföderierte Grau gegen das Unionsblau tauschten, um dem Horror in den Gefangenenlagern zu entkommen. Frank S. Nugent (Haus-Drehbuchautor von John Ford) hat dies in einer zwar nicht von diversen Hollywood-Klischees freien, aber insgesamt sehr respektablen, unterhaltsamen Geschichte verpackt, die von Kameramann Leon Shamroy in manch wirkungsvoller Einstellung auf Zelluloid gebannt worden ist. Dabei unterstreicht die stimmungsvolle Schwarzweiß-Fotografie noch den Film-Noir-Touch dieses in Teilen grüblerischen wie grimmigen Westernabenteuers.
Ansehnlich ist auch das Ensemble, das durchweg sehr solide bis gute Leistungen zeigt. Gelungen ist die Zeichnung der Charaktere und Motivationen der beiden Protagonisten. Joseph Cotten wirkt sehr glaubhaft als pflichtbewusster konföderierter Offizier Clay Tucker, der hin- und hergerissen ist zwischen seinem Eid für den Süden und der Verantwortung für seine eigenen Männer sowie für seine neuen Kameraden und die Zivilisten im Fort. Ganz besonders allerdings überzeugt Jeff Chandler mit seinem tragisch-düsteren Porträt des völlig verbitterten Majors Kenniston, der in seiner anfänglichen Halsstarrigkeit an John Fords ähnlich glücklosen Colonel Thursday (Henry Fonda) in Fort Apache (1946) erinnert. Zu diesen beiden mit ihren bitteren, vom Krieg leidvoll geprägten Lebenserfahrungen ringenden Hauptfiguren bildet der deutlich jüngere Cornel Wilde als Captain Mark Bradford das noch wenig belastete, idealistische Gegenstück, welches sich ebenfalls in die Reihe der heimlichen Verehrer Elenas einreiht.
Erwähnenswert ist außerdem die Filmmusik: Hugo Friedhofer hat zu Wises Bürgerkriegswestern einen im positiven Sinne zwar traditionell geprägten, kraftvollen Westernscore komponiert, der allerdings nicht einfach nur der alten Schule entstammt. Trotz Spiegelung vertrauter musikalischer Schemata, etwa in den eingearbeiteten, so charakteristischen Traditionals und der Tom-Tom-Rhythmen für die Apachen, klingt dieser mengenmäßig eher sparsame Friedhofer-Score in weiten Teilen sehr typisch, nämlich deutlich rauer und harscher als das damals Genreübliche. Auch die Schlacht um Fort Thorne erscheint kaum patriotisch heldenhaft, da sie musikalisch ausgespart bleibt. Die rund 37 Minuten umfassende, in überraschend guter Qualität sogar in einer frühen Stereoaufnahme erhaltene Originaleinspielung, dirigiert von Alfred Newman, war übrigens im Jahr 2011 auf einer besonders kurzlebigen Intrada-CD erstmalig erhältlich.
Vorposten in Wildwest auf BD
Die BD der Reihe „Koch Media Western Legenden“ präsentiert den Schwarzweiß-Film im korrekten Normalformat (1:1,37) in zwar längst nicht perfekter, in Anbetracht des Alters jedoch durchaus passabler Bildqualität. Im Mittel offeriert das deutlich Filmkorn zeigende, also wohl kaum mit Rauschfilter bearbeitete Bild sauberen Kontrast, solide Kantenschärfe und erscheint dabei dann auch recht detailfreudig. Häufiger zeigt aber die als Vorlage genutzte, in Teilen beschädigte und zudem sichtlich gealterte Archiv-Kopie, insbesondere an den Bildrändern, diverse Mängel. Neben gelegentlichen mechanischen Schäden wie Kratzern oder Laufstreifen zählen dazu verschiedentlich abnorme Helligkeitsschwankungen, die wohl auf Zersetzung des Filmmaterials zurückzuführen sind. Da erscheinen dann an sich schwarze Bildinhalte deutlich aufgehellt, also mehr oder weniger grau.
Den Mono-Lichtton gibt’s im englischen Original und in der originalen deutschen Synchronfassung. Dabei ist die deutsche Tonspur sogar zweimal im Gepäck. Einmal so, wie sie von einer erhaltenen Archiv- oder Sammlerkopie abgenommen werden konnte und alternativ in einer technisch nachbearbeiteten, dabei erfreulicherweise aber nicht zu Tode gefilterten, sondern weitgehend behutsam aufgepeppten Version. Der moderne Videokonsument ist natürlich durch Stereo- bzw. Multikanal-Ton längst erheblich Knackigeres gewöhnt. Aber wenn man auch hier, wie bereits beim Bild, das Alter dieses lange Zeit praktisch verschollenen Western-Schätzchens mit berücksichtigt, dann ist die Bilanz ebenfalls durchaus respektabel.
Bemerkenswerterweise ist die zugrunde liegende US-Fassung um eine Reihe kleinerer, in der deutschen Version bislang fehlender Szenen ergänzt, die anhand der deutschen Untertitel leicht zu erkennen sind. Dabei sind interessanterweise gerade einige der ehedem geschnittenen Szenen hilfreich, den Charakter Majors Kenniston besser zu verstehen.
Als Boni sind der deutsche und englische Kinotrailer sowie eine Bildergalerie mit Werbematerialien zum Film vertreten. Eine nette Ergänzung des recht ansprechenden Media-Books ist das eingeklebte Begleitheft, das neben einem soliden Einführungstext von Hank Schraudolph mit einer netten – aus einem zeitgenössischen Filmprogrammheft, etwa der FILM-BÜHE, entnommenen – Bildercollage nebst einigen Notizen zu den Protagonisten aufwartet.
Zu derartigen, technisch zweifellos nicht perfekten, aber deswegen nicht einfach schlechten Veröffentlichungen sind in manchen Foren recht deftige, nicht selten überzogen harsche Kommentare zu lesen. Dabei wird trotz punktuell berechtigter Kritik offenbar einiges vergessen: Etwa, dass man in früheren Tagen insbesondere bei Kino-Matinee-Veranstaltungen, aber auch im Fernsehen kaum Kopien annähernd in Topqualität präsentiert bekam, ja dies auch kaum erwartet hat. Außerdem wird offenbar ausgeblendet, welch erheblicher finanzieller Aufwand hinter einer möglichst perfekten Videopräsentation gerade eines älteren Films – dieser hat immerhin bald 65 Lenze auf dem Buckel – steckt. Großzügige Budgets zur Aufbereitung, wie für Klassiker á la Gone with the Wind oder Ben Hur (1959) selbstverständlich, sind bei kleineren Filmen wie Two Flags West einfach nur illusorisch, da der eher kleine Käuferkreis und damit der bescheidene Absatzmarkt dies einfach nicht hergeben.
Fazit: Mit Vorposten in Wildwest hat Koch Media dem Westernfreund eine lohnende Rarität in ordentlicher, freilich nicht makelloser Qualität zugänglich gemacht, einen praktisch vergessenen Western von Regisseur Robert Wise. Wenn auch kein Meisterwerk, so sorgt das unterhaltsame und überdurchschnittlich fotografierte wie auch filmmusikalisch beachtliche Bürgerkriegsspektakel unbedingt für eine solide Westernunterhaltung.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.