Hans-Martin Majewski: Deutsche Filmkomponisten, Folge 10

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
19. April 2003
Abgelegt unter:
Sampler

Score

(4.5/6)

Hans-Martin Majewski (1911-1997) gehört zusammen mit Rolf Wilhelm („Deutsche Filmkomponisten, Folge 4“) zu den bislang besten Komponisten des deutschen Nachkriegs-Kinofilms, die innerhalb der Reihe zu Gehör kommen. Der aus Schlawe in Pommern stammende Majewski studierte am Leipziger Konservatorium. 1939 engagierte ihn Arthur Maria Rabenalt für die Vertonung seines Films Flucht ins Dunkel. Nach dem Krieg arbeitete er in Hamburg für literarische Kabaretts und komponierte für Hörspiele beim damaligen NWDR. 1948 holte ihn Wolfgang Liebeneiner wieder zum Kinofilm, für die Adaption von Wolfgang Borcherts Drama „Draußen vor der Tür“.

Majewski komponierte nicht in erster Linie Ohrwürmer und war auch nicht auf klassisch-klotzige filmmusikalische Untermalungen im spätromantischen Sinne festgelegt. Vielmehr ging er oftmals mit unkonventionellen, eher zurückhaltenden Mitteln zu Werke. Während seines langjährigen Schaffens beschritt er dabei auch neue Wege, komponierte z. B. zusammen mit Oskar Sala die erste vollständig elektronische deutsche Filmmusik.

Die besonders gut fließende Zusammenstellung der CD belegt die Vielseitigkeit des Komponisten anhand von Musiken aus 30 Filmen von 1953 bis 1974. Trotz unüberhörbarer Einflüsse der Unterhaltungsmusik der Zeit bleibt dahinter der versierte Orchesterhandwerker (fast immer) deutlich spürbar. So in Scampolo (1960), wo jazzig Angehauchtes mit hübsch eingearbeiteten, auf Italien verweisenden Mandolinen-Sounds vermischt ist. Reizend ist der beschwingte, französisch anmutende Walzer zur Gaunerkomödie Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (1957) und ebenso charmant der mit typischen Hammond-Orgel-Klängen der Ära versehene „Thesi-Walzer“ aus Heute heiratet mein Mann (1956). Frisch, pennälerhaft-frech und etwas melancholisch zugleich kommt die mit Mundharmonikas begleitete Schneeballschlacht aus Das fliegende Klassenzimmer (1954) daher. Und Mundharmonika-Soli prägen ebenfalls die walzerhaften Hauptthemen der Tucholsky-Adaptationen Schloss Gripsholm (1963) und Rheinsberg (1967).

Interessante Klangcollagen aus orchestralen Klängen und elektronischen Verfremdungen bietet Der Mann im Strom (1958). Das Trautonium Oskar Salas ertönt in Schachnovelle (1960) und auch in Bernhard Wickis Die Brücke (1959). Zu letztgenanntem Film dürfte die CD mit knapp drei Minuten sogar die annähernd vollständige Musik enthalten: Trautonium-Akkorde bestreiten die Eröffnung und den Schluss. Zur Eröffnung in Form einer über dem Rollentitel erklingenden Collage zusammen mit verzerrten Kommandorufen. Und ansonsten gibt’s noch ein Stück Hintergrund-Unterhaltungs-Musik, die so verfremdet klingt als ertöne sie von einem Grammophon. Insgesamt ein äußerst zurückhaltendes Vertonungskonzept, das sich dem dokumentarischen Stil dieses wichtigen Films optimal anpasst, indem es diesem nicht – etwa durch eine ausladende, gefühlsbetonte Kinosinfonik – zuwider läuft.

Fast schon experimentell angehauchte schrille Big-Band-Klänge untermalen die Tragödie der Wilhelm Gustloff in Nacht fiel über Gotenhafen (1959). Originell ist der zeittypisch gepfiffene „Coxtrott“ aus Gestatten – mein Name ist Cox (1955). Und ähnlich hübsch beginnt Peter Voss der Millionendieb (1958), eine sehr gelungene Filmmusik, deren schönes Hauptthema in vielfältigen Variationen, virtuos angepasst an das Klangkolorit der wechselnden internationalen Schauplätze erklingt. Das rund 90-seitige Begleitheft zählt zu den besonders üppigen der Reihe.

Erschienen:
2003
Gesamtspielzeit:
78:09 Minuten
Sampler:
Bear Family
Kennung:
BCD 16490 AR

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