Der Fall Gleiwitz (1961) stammt ebenfalls aus dem DEFA-Archiv. Planung und Durchführung des angeblichen polnischen Überfalles auf den Reichssender Gleiwitz, der den Vorwand für den Überfall auf Polen lieferte, werden filmisch detailliert rekonstruiert. Regisseur Gerhard Klein hat hier ebenfalls keinen Action-Reißer gestaltet, sondern lässt die kühlen Fakten für sich sprechen. Dabei zeigt er auch klar das Ungeheuerliche und zugleich rücksichtslos Menschenverachtende der Nazi-Ideologie auf – wenn beispielsweise ein polnischer Häftling „angefordert“ wird, der als stichhaltiges „Beweisstück“ für polnische Niedertracht am Tatort ermordet zurückbleibt. Der Film verdeutlicht auch, wie austauschbar und alltäglich die Helfer (nicht nur) dieses Komplotts waren. Selbst der Planer der Aktion, SS-Hauptsturmführer Naujocks, erscheint weniger als klassischer Bösewicht; er ist vielmehr in gewissem Sinne ein typisches Produkt eines zwischenzeitlich zur Großmacht gewordenen verbrecherischen Systems, das nach dem Ersten Weltkrieg gestrandeten Landsknechtstypen seines Schlages Asyl bot, um anschließend deren „Fähigkeiten“ für seine Zwecke zu nutzen. Naujocks entpuppt sich damit ebenfalls als nahezu beliebig austauschbarer Teil einer mit erschreckender, verbrecherischer Präzision arbeitenden Organisation. Der Film beleuchtet damit zugleich das Allgemeingültige des Terrors eines jeden totalitären Systems, das derartig „geeignete“ Individuen hochkommen lässt, die es zu allen Zeiten in jeder Gesellschaft gab und auch zukünftig geben wird.
Erwähnenswert ist der vorzügliche Kameramann Jan Curík, der zum Teil mit eigenwillig-modernen, expressionistisch gehaltenen Bildkompositionen eindrucksstarke Resultate liefert. Auch hier wird ohne Breitwand, mit kontrastreichen Schwarz-Weiß-Bildern operiert.
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