Rechtzeitig zu Weihnachten 2010 hatten Tadlow/Prometheus den Filmmusik-Sammlern etwas besonders Feines beschert: eine noch dazu knackig neu eingespielte Gesamtaufnahme der Musik von Basil Poledouris (1945-2006) zu Conan The Barbarian • Conan der Barbar (1982). Damit wurde den vielen Filmmusikfreunden, die sich eine spiel- wie aufnahmetechnisch endlich voll befriedigende CD-Album-Edition dieses Scores mit Kultstatus sehnlich gewünscht haben, ein hoch willkommenes Weihnachtsgeschenk bereitet. Ebenso gut terminiert erschien im Vorfeld des Festes der Liebe 2011 nun auch die Musik zum Sequel Conan The Destroyer • Conan der Zerstörer (1984).
Conan der Barbar war ein großer Erfolg geworden. Die Produktion des Sequels stand jedoch unter keinem besonders glücklichen Stern. Das, was dann letztendlich das Licht der Kinoleinwände erblickte, hat die meisten Conan-Fans weder filmisch noch musikalisch sonderlich begeistert. Gegenüber dem mannigfaltig ausgekosteten Barbarischen in den recht ruppigen, zum Teil auch ziemlich brutalen Actioneinlagen des ersten Films ist die Fortsetzung beträchtlich entschärft. Conan der Zerstörer ist konzeptionell vielmehr dem damals die Kassen füllenden Indiana Jones and the Temple of Doom angenähert und damit insgesamt deutlich zahmer und auch familientauglicher geraten als sein Vorläufer. Dabei erinnert die zudem nicht besonders pfiffige Filmstory sogar ein wenig an Ray Harryhausens Sinbad-Fantasyabenteuer. Viele Fans irritierte offenbar in besonderem Maße das betont komödiantische Element. Das war dann wohl auch mitentscheidend dafür, dass der Film nur arg lauwarme Kritiken erhielt. Und sieht man vom Spin-off Red Sonja (1985) einmal ab, endete damit die Conan-Story für rund ein Vierteljahrhundert, bis zum ebenfalls verunglückten Conan The Barbarian von 2011 (Regie: Marcus Nispel).
Knapp 32 Minuten der Originalfilmeinspielung erschienen 1984 auf MCA-LP und 1992 als Varèse-CD-Reissue. Das, was es von diesen Tonträgern zu hören gibt, ist jedoch eher als ein arg enttäuschender Abklatsch des mitreißenden Scores zum Vorgänger, Conan der Barbar, in Erinnerung geblieben und nicht als eine dem Erstling würdige Sequel-Vertonung. Legt man aber nun die von Tadlow für Prometheus produzierte Neueinspielung in den Player, ist die Überraschung perfekt: Im Vergleich mit dem spieltechnisch flau anmutenden Original ist das, was hier aus den Boxen schallt, ein Unterschied wie Tag und Nacht. Man glaubt, nicht nur eine deutlich andere, sondern ja, auch bessere Musik zu hören.
Mitentscheidend für den so erheblich besseren Höreindruck der Neueinspielung ist, dass die Filmkomposition zu Conan der Zerstörer jetzt erstmalig überhaupt so eingespielt worden ist, wie ihr Schöpfer sie ursprünglich gewollt hat, das heißt, die Musik ist jetzt erstmals ohne die auch aufgrund des unzulänglichen römischen Orchesters von Poledouris vorgenommenen, recht drastischen Änderungen zu hören.
Auf Conans neues Filmabenteuer wird direkt mit einem vom Blech dominierten, ebenfalls neuen Conan-Thema („Drum Prelude/Main Title“) in barbarischem wie prachtvoll-mystischem Tonfall eingestimmt, das dem aus der Eröffnung im Barbarian, aus „Anvil of Crom“, verwandt ist. In der zweiten Hälfte des Tracks wird dann das aus dem ersten Film geläufige, lyrischere Conan-Thema zitiert und so eine thematische Verbindung zum Barbarian-Score hergestellt. In „Shadizar/Dream Quest“ begegnen dem Hörer wiederum die bereits aus dem Barbarian (aus „Mountain of Power“) geläufigen glanzvollen Fanfaren, die im Destroyer nie so prächtig geklungen haben wie hier in der äußerst ambitionierten Neueinspielung durch die Prager Philharmoniker. Auch das Thema für Conans verstorbene Geliebte Valeria ist wieder mit von der Partie, erhält erstmalig in „Valeria Remembered“ seinen Auftritt.
Gerade in der vollständig vorliegenden Original-Musik wird besonders deutlich, wie ansprechend die auch stilistisch sehr ähnlich gelagerten Musiken beider Filme miteinander verbunden sind. Dafür steht auch das wiederverwendete „The Orgy“, das sich im Destroyer „Dagoth Ceremony“ nennt. Das bekannte Thema ist hier in neuem Arrangement und jetzt erstmals inklusive des vom Komponisten ursprünglich vorgesehenen Chors zu hören. Darüber hinaus finden sich weitere hübsche Spiegelungen des ersten Scores, z. B. eine vergleichbar reizend mittelalterlich gefärbte Musik für kleines Ensemble in „Town Source Music“, die der in „The Tavern“ im Barbarian ähnelt. Hört man etwas eingehender, nimmt man auch noch so manch weiteres nettes Echo des Barbarian-Scores wahr, etwa das kurz aufschimmernde „Wheel-Of-Pain“-Zitat in „Door Lift“.
Zwar ist das neue Musikmaterial nicht unmittelbar derart prägnant wie die besonders markanten Themen im Barbarian. Aber nach mehrmaligem Hören gehen auch sie gut ins Ohr: z. B. das düstere, marschartige Thema für die böse Königin Tamira („Net Fight“) oder das magisch erscheinende, viernotige Motiv für den Zauberer Toth-Amon, das erstmalig eingebettet in die delikaten Klangfarben von „Bird/The Princess/Boating in“ erscheint. In „Ice Palace“ steigt das Toth-Amon-Motiv schließlich aus dem statisch und unheimlich anmutenden Tremolo der Streicher hervor. Wobei die Statik des Stücks durch geschickt platzierte Klangtupfer von Cembalo und Glockenspiel aufgehoben wird, sodass die Musik lebendig und farbig erscheint. Am Schluss des recht groß angelegten Action-Stücks „Chamber of Mirrors“ verschwindet, erstirbt es auch musikalisch, wie der von Conan in Form eines Dämons besiegte Zauberer.
Das auf CD 1 erstmalig komplett vorliegende originale Musikmaterial wartet gegenüber dem alten Varèse-CD-Album mit verdoppelter Spielzeit von rund 62 Minuten auf. Dabei präsentiert es sich auch über die gesamte Länge überaus respektabel, ergibt ein prima Höralbum ohne großartige Hänger. Der so dynamische wie präzise Orchestervortrag der Prager Philharmoniker unter Nic Raine trägt natürlich mit zum sehr positiven Gesamteindruck bei.
Wohl auch Basil Poledouris wäre vom Ergebnis sehr angetan. Wie frustriert der Komponist hingegen seinerzeit gewesen sein muss, das wird im wiederum kompetent-informativ abgefassten Begleithefttext zum zweiten Conan-Tadlow-Prometheus-Album deutlich. Wie Frank K. DeWald dazu anmerkt, müssen die Arbeitsbedingungen aufgrund restriktiver Budgetvorgaben äußerst unbefriedigend gewesen sein. Nicht nur das vom Komponisten gewünschte großzügig besetzte Orchester musste erheblich verkleinert werden. Der an einigen Stellen eingesetzte Chor musste sogar komplett entfallen. Teile der rein klanglich unzulänglichen, dünnen Orchesterbesetzung sind deswegen sogar synthetisch verstärkt worden. Hinzu kommt, dass während der Aufnahmesitzungen wohl nicht die fähigsten Musiker des römischen Orchesters an den Pulten gesessen haben. Es klappte schlichtweg nicht, die mit recht pfiffigen Schlagwerk-Effekten durchsetzte Originalversion des Main Title zufriedenstellend aufzunehmen. Die daraus resultierende, abgespeckte und vereinfachte Version ist zum Vergleich (neben drei zusätzlichen Alternativ-Filmversionen weiterer Stücke) in der Boni-Sektion auf CD 2 vertreten.
Im Zentrum von CD 2 steht allerdings noch eine sehr feine Zugabe: die rund 20-minütige Musik zur Conan-Attraktion der Universal-Studio-Tour in den Jahren 1983—1993. Gemeint ist die Live-Show „The Adventures Of Conan: A Sword and Sorcery Spectacular“, für die Basil Poledouris ebenfalls Musik beigesteuert hat, die bei den Fans ebenfalls sehr geschätzt ist. Besagte Conan-Attraktion lief immerhin rund zehn Jahre, bevor die Dinos aus Jurassic Park sie ersetzten. Beim Ausarbeiten seiner Musik zur Show ist Komponist Poledouris nicht von bedrückenden Budget-Restriktionen beeinträchtigt worden wie bei der anschließenden Produktion des Destroyer. Stilistisch ist die Komposition zu „A Sword and Sorcery“ wiederum sehr ähnlich gelagert wie die wohl den meisten (Fan-)Teilnehmern der Universal-Studio-Tour ohnehin vom Barbarian geläufige. Da die markanten Filmthemen nicht in breiterer Form zitiert werden, erscheint die Musik zur Show mit der Filmmusik zwar eher indirekt verbunden, aber beim Anhören kommt nicht etwa nur wegen der recht kurzen Gesamtlänge keine Langeweile auf. Die vergleichbar Conan-Poledouris-typische und somit recht markante Klangschöpfung nimmt ein wenig James Horners Krull vorweg. Wobei die kleine, das Spektakel eröffnende Fanfare an die Insel-Fanfare aus Bernard Herrmanns Mysterious Island erinnert. Alles in allem ist zwar auch die Original-Musik zum Destroyer weder ein Meisterwerk noch ganz so stark wie die zum Barbarian. Sie hat es jedoch keineswegs verdient, nur als eher lieblos-routiniert gefertigter Abklatsch ihres Vorläufers angesehen zu werden.
Auf den ersten Blick mag die etwas knapp wirkende Gesamtspielzeit des von Tadlow für Prometheus produzierten Doppel-CD-Albums zu Conan The Destroyer den einen oder anderen etwas irritieren. Hier sollte nicht einfach nur stirnrunzelnd mit der oftmals üppigeren Boni-Ausstattung anderer Tadlow-Veröffentlichungen verglichen werden. Man sollte vielmehr berücksichtigen, dass das Thema Conan/Poledouris mit dem vorliegenden Material ausgeschöpft ist und auch, dass „A Sword and Sorcery Spectacular“ bislang nur exorbitant überteuert erhältlich war.
Im aktuellen, eine weitere Sympathieerklärung an Basil Poledouris bildenden, Tadlow-Prometheus-Projekt steckt eine gehörige Portion Herzblut, und Derartiges hat in jedem Fall die Unterstützung möglichst vieler Sammler verdient. Entsprechend sind die hier vergebenen insgesamt vier Sterne als eine großzügige Albumwertung zu verstehen, welche dem Doppel-CD-Set ein wenig verdienten Rückenwind verschaffen soll. Die originale Filmmusik für sich allein betrachtet ist ein gutes Stück wertiger als man sie bislang hören konnte: Dafür kommen solide dreieinhalb Sterne in Betracht.
Alles in allem erhält man ein sehr kurzweiliges Album, das auch wiederholt den Weg in den Player finden wird. Die mit enthaltene, wiederum fein interpretierte Musik zur Universal-Tour-Show „The Adventures Of Conan: A Sword and Sorcery Spectacular“, ist jetzt ebenfalls erstmalig vollständig zugänglich. Damit ist das Tadlow-Prometheus-Album zu Conan The Destroyer durchweg eine sehr willkommene, runde Sache, eine, die Freunde der Musik zu Conan the Barbarian keinesfalls links liegen lassen sollten.
Fazit: Zwar ist die Musik zum Conan-Sequel unüberhörbar weniger urwüchsig und auch nicht ganz so kraftvoll geraten wie die zu Conan der Barbar. Wenn sie aber in ihrer originalen Gestalt belassen (s. o.) und außerdem derart liebevoll interpretiert und gut aufgenommen ist wie auf dem vorliegenden Album, dann hören sich nicht nur die vom LP-Schnitt geläufigen Stücke deutlich besser an. In der Tadlow-Prometheus-Neueinspielung vermag die Musik zum kleineren Bruder sogar über die gesamte Albumlänge von rund 62 Minuten zu überzeugen. Sie zeigt dabei zudem ein Quäntchen Pfiff, das man von ihr bisher nicht kannte. Da lohnt es sich, auf Entdeckungsreise zu gehen.
Hier finden Sie einen Überblick über alle bei Cinemusic.de besprochenen CDs des Labels Tadlow Music.
Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zu Ostern 2012.
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