Neugier und Aufgeschlossenheit gegenüber dem Ungewöhnlichen, das sind die Markenzeichen des berühmten Cellisten Yo-Yo Ma. Dass der Virtuose auch der Filmmusik ohne Dünkel gegenübersteht, hat er bereits mit der Interpretation des Soloparts in John Williams Sieben Jahre in Tibet oder auch bei Tan Duns märchenhaftem China-Epos Crouching Tiger, Hidden Dragon bewiesen. Und so blieb auch die Begegnung mit Ennio Morricone, dem berühmten italienischen Komponisten unvergesslicher Filmmusiken, anlässlich der Preisverleihung in Hollywood im Jahr 2001 nicht folgenlos.
Schenkt man dem Text im Begleitheft des pressfrischen Sony-Albums Glauben, dann war Ennio Morricone über die Zusammenarbeit mit dem Cellisten Yo-Yo Ma geradezu hocherfreut. Aber dafür sprechen auch die unüberhörbar liebevoll und virtuos ausgeführten Arrangements des Komponisten. Sie geben dem Interpreten nicht allein Gelegenheit, den Melodien seiner Kompositionen gefühlvollen Ausdruck zu verleihen, sie geben dem Cellisten darüber hinaus auch genügend Möglichkeiten, in kniffligen Begleitfiguren sein Können unter Beweis zu stellen.
Die Aufnahmen mit dem von Ennio Morricone geleiteten Roma Sinfonietta Orchestra entstanden im Juni 2003 und sind klanglich vorzüglich geraten. Das Resultat ist eine knappe Stunde einer wunderschönen musikalischen Reise durch das glanzvolle melodische Œuvre des Italieners. Eine Reihe von Morricones besonders bekannten Leinwand-Themen passiert sehr gelungenen, zu Suiten zusammengefasst, Revue. Dank der keineswegs glatten Arrangements erscheinen die Musiken dabei mitunter sogar in dezent neuem Licht.
„Gabriel’s Oboe“ und „The Falls“ aus The Mission stimmen dabei gelungen auf das Folgende ein. Eine Giuseppe-Tornatore-Suite wartet mit The Legend of 1900, Nuovo Cinema Paradiso, Malèna und A Pure Formality auf. Eine Sergio-Leone-Suite führt weiter mit drei Themen aus Once Upon a Time in America, dem unvergänglichen Hauptthema aus Spiel mir das Lied vom Tod und schließt mit dem markanten „Ecstasy of Gold“ aus Zwei glorreiche Halunken ab. Weiter geht’s mit Musik zu Brian De Palmas Casualities of War und The Untouchables. Und nach einer „Moses und Marco Polo Suite“ bilden „Dinner“ und das stimmungsvolle „Nocturne“ aus La Califfa das Schlusslicht.
Hört man das vorliegende Sony-Album, fühlt man sich zwangsläufig an die ebenfalls von Sony vertriebenen beiden Alben „Cinema Serenade“ und „Cinema Serenade 2: The Golden Age“ erinnert. Dort wirken der Geiger Itzhak Perlman und der Dirigent John Williams mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra und auch den Boston Pops auf sehr ähnliche Weise zusammen. In allen Fällen resultieren CD-Alben von vergleichbarer, besonders hoher Hörqualität.
Easy Listening auf gehobenem Niveau und ebenso geschmackvolle Hintergrundmusik sind in diesen Fällen stimmige Attribute. Morricones Arrangements für Yo-Yo Ma betonen insgesamt das virtuose Konzertieren vor dem schwelgerischen Ausspielen der Melodien noch etwas mehr als die beider Itzhak-Perlman-Alben. Aber auch bei Yo-Yo Ma kommt Lyrisch-Sinnliches gewiss nicht zu kurz. Damit handelt es sich natürlich zugleich um eine CD, die man auch filmmusikalisch unbelasteten Gemütern unbedenklich zumuten, ja mit der man diese oftmals sogar ehrlich erfreuen kann. Auch als Geschenkidee ist das Album daher durchaus bedenkenswert.
Derartige Kompilationsalben entziehen sich weitgehend einer Bewertung. Insofern erscheint mir im vorliegenden Fall eine allgemeine Empfehlung als vernünftig. Wer es gern „exakter“ möchte, bekommt (nur im Text) rein gefühlsmäßig angesetzte vier bis viereinhalb Sterne.
Dieser Artikel ist Teil unseres umfangreichen Programms zum Jahresausklang 2004.