Two Weeks in Another Town

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
9. Dezember 2006
Abgelegt unter:
CD

Score

(4/6)

Two Weeks in another Town

David Raksin (1912-2004) zählt zu den klassischen Vertretern der Hollywood-Zunft, deren Musik auf Tonträger, gemessen an ihrem Rang, bislang unterrepräsentiert geblieben ist. Auch er begann seine Karriere als Arrangeur für Tanzkapellen und Broadwaymusicals. Er arbeitete eine kurze Zeit für Benny Goodman, bevor er im Jahr 1935, im Alter von 23 Jahren zielstrebig nach Hollywood ging. Immerhin war er schon als Kind mit dem Virus Filmmusik infiziert worden als ihn sein Vater an den Wochenenden in das Metropolitan Opera House von Philadelphia mitnahm, wo dieser Stummfilmmusiken dirigierte.

1710Die Orchestratoren Ed Powell und Herb Spencer wurden auf den jungen Raksin aufmerksam und empfahlen ihn Al Newman. Als erste Arbeit für das Kino arrangierte und adaptierte er Chaplins Musik zu Modern Times (1936).

Raksin arbeitete an der Vertonung von mehr als 100 Spiel-, Dokumentar-, Kurz- und Animationsfilmen und komponierte ebenso für Bühne und Konzertsaal. Sein mit Abstand bekanntester melodischer Einfall entstand für Laura (1944). Das berühmte, liedhafte Hauptthema mit Ohrwurmqualität erwies sich als grandioser Wurf und wurde infolge der großen Publikumsnachfrage als Song für eine Veröffentlichung auf Schellackplatte umgearbeitet. Tragischerweise wurde dieser Evergreen praktisch zum alleinigen Synonym für Raksin, dessen Musik im Übrigen eher Kennern geläufig ist und selbst bei den Freunden des Golden Age nicht mehrheitlich hoch im Kurs steht. Die Filmmusiken des Komponisten entstammen den verschiedensten Filmgenres, von der Komödie — The Secret Life of Walter Mitty (1947) — über das Krimidrama — Al Capone (1959) — bis zum Western — Will Penny (1968). Weitere bemerkenswerte Scores sind Forever Amber (1947), Force of Evil (1948), Carrie (1951), The Bad and the Beautiful (1952) und The Redeemer (1959).

Stilistisch gehört Raksin zu denen, die mithalfen, gegenüber dem gewohnten Hollywoodsound mit seinen ausgeprägt europäischen — dabei nicht zuletzt wienerischen — Wurzeln, eine modernere und auch typischer amerikanisch klingendere Filmmusik zu begründen. Neben Jazzanklängen spielen dabei auch bis zur 12-Tonmusik reichende modernistische Kompositionstechniken eine Rolle — Raksin hat seit den späten 30ern beim im kalifornischen Exil lebenden Arnold Schönberg gelernt. Entsprechend ist der Tonfall seiner Musiken des Öfteren kühl und harsch. Aber ebenso findet sich da, wo geboten, Romantisches, und damit natürlich auch charmante Melodien, z. B. das Hauptthema aus The Bad and the Beautiful.

Two Weeks in Another Town • Zwei Wochen in einer anderen Stadt (1962) ist eine Art Sequel zum berühmteren The Bad and the Beautiful • Stadt der Illusionen (1952) — auf CD erschienen bei Rhino-Records (R2 72400). Darf letztgenannter Film als Regisseur Vincente Minellis weitgehend schonungsloser und entlarvender Blick hinter die Kulissen der Traumfabrik gelten, ist Two Weeks in Another Town (ebenfalls von Minelli inszeniert) merklich weicher gespült und leichtgewichtiger. Das gilt letztlich auch für die im Vergleich zum Vorgänger weniger zusammenhängend erscheinende und ausgeprägter der lightsinfonischen Unterhaltung und dem Musical nahe stehende Filmmusik. Aber auch hier steht leichtgewichtig nicht einfach für banal. Im Score wird übrigens auch das Hauptthema aus o. g. The Bad and the Beautiful zitiert, es erklingt als Source-Musik zu einer Szene besagten Films im Projektionsraum. Der Käufer erhält unterm Strich eine gut fließende und sicherlich hörenswerte CD nebst informativem Begleitheft.

Damit ist auch dieses wiederum tadellos produzierte und einwandfreien Stereo-Sound bietende FSM-Album mit Musik eines weithin unterschätzten Komponisten eine sehr willkommene Repertoirebereicherung.

Dieser Artikel ist Teil unseres umfangreichen Programms zum Jahresausklang 2006.

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Komponist:
Raksin, David

Erschienen:
2005
Sampler:
FSM
Kennung:
Vol. 8 No. 5

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