Indiana Jones – The Complete Adventures (Blu-ray)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
1. Dezember 2012
Abgelegt unter:
Blu-Ray

Film

(4.5/6)

Bild

(6/6)

Ton

(5/6)

Extras

(5/6)

Die „Indiana-Jones-Tetralogie“ jetzt erstmalig komplett in HD

Da ist sie also nun, die von vielen lange als HD-Neuveröffentlichung erwartete Indiana-Jones-Trilogie der 1980er, zum Komplettset ergänzt mit dem Nachzügler von 2008: Raiders Of The Lost Ark • Jäger des verlorenen Schatzes (1981), Indiana Jones And The Temple Of Doom • Indiana Jones und der Tempel des Todes (1984), Indiana Jones And The Last Crusade • Indiana Jones und der letzte Kreuzzug (1989) und Indiana Jones And The Kingdom Of The Crystal Skull • Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels (2008).

Die Indiana-Jones-Filme sind sämtlich klassische Hollywood-Traumfabrik pur, freilich zeitgemäß mit Slapstick-Elementen, viel Action, sowie augenzwinkerndem Humor aufgepeppt und auch tricktechnisch auf dem Stand der Zeit. 5555Sie leben und funktionieren primär durch ihre geschickt und damit wirkungsvoll aneinandergereihten Gags sowie ausgeklügelten und gewagten Stunts. Ein hohes Maß an Logik und Stringenz darf man bei den Plots nicht erwarten, aber man vermisst derartige Qualitäten an dieser Stelle keineswegs: So geschickt ist hier das allermeiste zusammengefügt, dass der schmunzelnde Zuschauer über diverse Ungereimtheiten bereitwilligst hinwegsieht. Zwar besitzen sämtliche Indy-Abenteuer in der Ausstattung eine kräftige Portion sorgfältig integriertes Zeitkolorit, mit der zeitgeschichtlichen Realität haben die Szenarien jedoch absolut nichts zu tun, sondern bewegen sich eher im Bereich des Märchenhaften und Fantastischen. Dabei bestimmen nicht nur die aus den Cliffhangern der US-Serials der 30er und 40er Jahre entlehnten Einfälle die Atmosphäre, z. B. im rasanten Prolog von Indy 1. Auch die eher comichaften, an den gezeichneten Superhelden derselben Ära orientierten Charakterzeichnungen des Helden und seiner schurkischen Gegenspieler sowie komödiantisch übersteigerte Kinoklischees sind für das unverwechselbare Feeling mitverantwortlich.

5559Hinzu kommen pfiffige Einfälle und diverse Zitate. So erinnert der wolkenverhangene Himmel in Jäger des verlorenen Schatzes sinnig an Die 10 Gebote (1956). Geradezu brillant steigt Tempel des Todes ein, mit der als Hommage an die großen Hollywood-Revuen aufwändig inszenierten Eröffnungssequenz: „Anything Goes“. Köstlich anzuschauen ist das große Dinner im Palast des Maharadschas, bei dem jede Delikatesse widerlicher ist als die zuvor servierte. Entsprechend stürzt sich anschließend Indys Begleiterin geradezu ausgehungert auf einen Apfel, den ihr Indy offeriert. Ebenso drollig ist die daran anschließende Szene, in der beide in getrennten Zimmern untergebracht darauf warten, dass der andere einen Anlauf für ein nächtliches Abenteuer startet. Ebenfalls sehr pfiffig ist die in die Vergangenheit, zu Indy als Halbwüchsigem, verweisende Eröffnungssequenz in Der letzte Kreuzzug. Da wird lustig erläutert, warum unser Held Angst vor Schlangen hat und wie er zu den so charakteristischen Insignien, Hut und Peitsche, gekommen ist. Zusammen mit der unvergesslichen Filmmusik von John Williams wurde die Indy-Trilogie der Achtziger verdientermaßen zum Kult und zementierte letztlich die Standards des erfolgreichen Popcorn-Kinos. Sie wurde zugleich zum Vorbild für diverse Nachfolger wie Rocketeer (1991) oder die Tetralogie Fluch der Karibik.

Im eher sinnfreien Indy-Kosmos gibt’s also Ernstzunehmendes mitnichten, wobei sich die Filme erfreulicherweise auch selbst nicht ernstnehmen. Die immer wieder aufscheinende Ironie macht denn auch die ausgiebig zum Zuge kommenden Klischees durchweg unterhaltsam. Das hat nun auch den Schreiber dieses Artikels mit der eher nervigen, noch bis in die späten sechziger Jahre relativ häufig anzutreffenden, verzerrenden US-Darstellung eher depperter und brutaler Nazischergen in Indy 1 versöhnt. Nicht nur die „bösen“ Russen in Indy 4 sind vergleichbar dargestellt, auch dem sich regelmäßig in die Bresche werfenden Indy geht beim Retten der Welt häufiger denn doch mal etwas, dann meist recht originell, daneben. Und ebenso hat sich der mich seinerzeit etwas befremdende Hang zum Religiös-Übersinnlichem (z. B. die von den Nazis begehrte, Unbesiegbarkeit versprechende Bundeslade in Indy 1) durch den mittlerweile belegten Hang von Teilen der NS-Elite (insbesondere im Kreis um Heinrich Himmler und die Waffen-SS) zum Okkulten praktisch erledigt. Zu den m. E. eher sinnarmen Fan-Debatten zum Für und Wider der einzelnen Filme fällt mir zudem nichts Mitteilenswertes ein.

So bleibt dank der feinen BD-Edition nach dieser erneuten, besonders mitreißenden (Wieder-)Begegnung zum „Meckern“ erfreulich wenig übrig. Auch bei Indy 4, dem immerhin dritten Aufguss der Reihe, ist zweifellos nicht geschludert worden. Das Team der alten Trilogie um Regisseur Steven Spielberg und George Lucas ist durchaus respektabel zu Werke gegangen, hat an die bewährten Merkmale der Reihe liebevoll angeknüpft und diese solide weitergeführt. Der 2008, rund 20 Jahre nach dem dritten Teil der Saga, nachgereichte Königreich des Kristallschädels enthält als lustiges Selbstzitat eine Variante der wilden Lorenfahrt durch das Bergwerk in Tempel des Todes, dieses Mal verlagert in eine wilde Dschungelralley. Da liefern sich Irina Spalko und Mutt, der Sohn Indys, von Fahrzeug zu Fahrzeug, in klassischer Swashbuckler-Manier, ein rasantes Degenduell. Am Schluss der Pyramidensequenz endet die böse Russin Irina nebst Spießgesellen wie die Nazi-Pendants in Jäger des verlorenen Schatzes. Herausgekommen ist ein insgesamt wohl nicht perfekter, aber wiederum unterhaltsamer und sehr kurzweiliger Film. Exakt so funktioniert das moderne, im Retrolook gekonnt verpackte Popcorn-Kino — nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Indy x 4 im Blu-ray-Set

Ein Vergleich der neuen HD-Transfers mit den, für sich genommen, immer noch achtbaren der 2003er DVD-Ausgabe verdeutlicht rasch die insgesamt erheblichen qualitativen Verbesserungen des neuen BD-Sets: Niemals zuvor hat die Indy-Trilogie besser ausgesehen, auch im Kino nicht.

5556Gegenüber den neuen HD-Transfers fallen die der älteren DVD-Ausgaben sämtlich erheblich dunkler aus. Entsprechend gehen dort zwangsläufig Bilddetails zu früh im Schwarz verloren. Dagegen sind die neuen HD-Transfers nicht nur deutlich heller, sondern dank des besseren Kontrastverhältnisses zusammen mit einem sehr guten Schwarzwert erscheinen sie jetzt auch deutlich detailfreudiger und zeigen außerdem sehr scharfe, farbenfrohe und meist auch sehr plastisch wirkende Bilder. Dabei wirkt auch das erkennbare, keinesfalls störende feine Filmkorn angenehm naturbelassen, was dem sehr guten Gesamteindruck zugutekommt.

Mit den Filmen passieren zugleich rund 30 Jahre Filmtrick-Geschichte Revue. Derartiges muss man immer innerhalb seiner Zeit, vor dem Hintergrund einer sich stetig beschleunigenden technischen Entwicklung betrachten, die das, was „heute“ besser als jemals zuvor erscheint, bereits „morgen“ als veraltet und überholt dastehen lässt. Beim Start des Indy-Franchise arbeitete man bei der Effektschmiede ILM („Industrial Light and Magic“) in vielem — aus heutiger Sicht —, noch geradezu klassisch, dabei freilich auf dem technisch bestmöglichen Stand. Spezialeffekte wurden noch aus einzelnen Layern (einkopierten Miniaturen, Hintergrundmalereien auf Glas und anderem mehr), mit Hilfe so genannter Printer, mechanisch zusammengefügt. Dabei war bereits Computertechnik mit im Spiel, die schon einige Jahre zuvor unterstützend Einzug gehalten hatte — beim ersten Teil der Star-Wars-Saga. Durch den Einsatz computergesteuerter Kameras (Motion-Control-Fotografie) waren die Möglichkeiten, komplexe Tricks überzeugend zu realisieren, in besonderem Maße erweitert worden. Insofern muss man klar von High-Tech sprechen, auch wenn die heutzutage so selbstverständlich erscheinenden, höherwertigen CGI-Effekte damals noch visionäre Zukunftsmusik waren — siehe hierzu auch Tron (1982). Und das bedeutet eben auch, dass man z. B. das als Matte-Painting eingefügte Schloss des Maharadschas in Indy 2 deutlicher als Trick erkennen kann. Indy 4 aus dem Jahr 2008 ist nicht nur dabei zwangsläufig außen vor: Er ist im Set in identischer Top-Bildqualität enthalten wie auf dem bereits seinerzeit veröffentlichten Doppel-BD-Set.

Gerade beim ersten Indy-Abenteuer fallen insbesondere in der langen Eröffnungssequenz, aber auch im Finale, ein paar kurze, deutlich unscharfe Teile auf, die man allerdings auch auf der alten DVD-Version identisch findet. Derartiges ist also wohl auf bereits beim Dreh gemachte Fokussierungsfehler zurückzuführen, d. h., dass im einen wie im anderen Fall die auf dem Filmnegativ enthaltenen Mängel, Tricksequenzen und auch beim Dreh gemachte Fehler, die Grenzen des Machbaren definieren.

5558Vom Qualitätszuwachs profitiert natürlich auch die lange, gegenüber dem übrigen Film deutlich lichtschwächere Eröffnungssequenz von Indy 1, bei der man jetzt erheblich mehr erkennen kann als früher. Dass man an ein paar Stellen trotzdem noch etwas den Eindruck hat, dass Details im Schwarz absaufen könnten, ist nicht zu ändern (s. o.). Was hier zu Beginn noch ein wenig schwächelt, ist im Anschluss, in den erheblich besser ausgeleuchteten Szenen, praktisch komplett verschwunden. So schaut denn auch der älteste 1981er Indy fast schon genauso gut und scharf aus wie seine sich beim Bild qualitativ insgesamt noch etwas steigernden beiden Nachfolgefilme.

Auch wenn an dieser Stelle natürlich erwähnt sein muss, dass Indy 1 qualitativ der Schwächste im Set ist, dann handelt es sich um Einschränkungen, die sich auf einem sehr hohen Qualitätsniveau bewegen und daher vom Leser nun keinesfalls überdramatisiert werden sollten! Auch das erste Indy-Abenteuer überzeugt nämlich bereits (fast) auf der ganzen Linie. Im guten bis sehr guten Gesamteindruck, den Jäger des verlorenen Schatzes hinterlässt, treten die genannten kleineren Mängel letztlich fast völlig in den Hintergrund und vermögen das Vergnügen nicht ernstlich zu beeinträchtigen. Indy 2 und Indy 3 sind bei der Bildqualität insgesamt noch etwas konsistenter. Beide Filme zeigen insgesamt noch ein Quäntchen mehr an Schärfe und enthalten nur noch hier und da, für einen kurzen Moment, etwas weniger sauber fokussierte Bilder.

Um das zuvor zu den „Mängeln“ Geschriebene ins rechte Licht zu rücken und um keine Zweifel an der hohen Qualität des Produktes aufkommen zu lassen, gilt: Indy 1 erhält beim Bild bereits fette fünf Sterne (also bereits mit Tendenz zu fünfeinhalb), die Teile zwei und drei liegen mit fünfeinhalb noch ein Stückchen darüber, wobei der fast durchgehend referenzwürdige Indy 4 sechs Sterne erreicht und damit klar den Spitzenplatz belegt.

Akustisch haben die komplett neu abgemischten englischsprachigen Tonfassungen in DTS-HD 5.1 die Nase vorn. Diese besitzen gegenüber den freilich sehr soliden deutschen Tonvarianten eine spürbare Portion mehr an Dynamik und in den ruhigeren Momenten ein Mehr an klarer ausgeprägten und auch im Klangraum besser positionierten Details. Dabei gibt es zu Indy 1 sogar zwei deutsche Tonspuren: einmal erfreulicherweise die 1981er Original-Synchronisation, in freilich etwas blassem Dolby-Surround, und zum anderen eine klanglich gegenüber der 1981er Erstsynchronisation verbesserte, dafür allerdings zum Teil mit neuen Sprechstimmen angefertigte Neusynchronisation. Dass man hierfür nicht die alten Original-Sprachaufnahmen verwenden konnte, liegt daran, dass man erst in den 1980ern überhaupt damit begonnen hat, auch von angefertigten Synchronfassungen nicht ausschließlich den fertigen Tonmix aufzuheben, sondern zusätzlich die einzelnen akustischen Ebenen (Sprache, Geräusche und Musik) separat zu archivieren. Was man hier nun bevorzugt, hat für meine Ohren überwiegend mit Geschmack und Nostalgie zu tun, denn lieblos gemacht ist auch die neue deutsche Sprachversion keinesfalls. Es lohnt sich aber in jedem Fall, die Filme auch mal im englischen Original anzuschauen, da nur diese für die Nazis drollige deutschsprachige Einschübe bereithalten.

Bei den Boni stehen die Dinge ebenfalls sehr respektabel. Auf den Film-BDs finden sich jeweils nur ein paar Trailer, von denen die der Indy-Trilogie der 1980er von den früheren Laser-Disc und DVD-Editionen stammen und wenig ansehnlich daher kommen. Indy 4 hinterlässt dafür auch in diesem Punkt einen Top-Eindruck.

Die gesamten übrigen Boni befinden sich auf BD 5. Die meisten Zugaben stammen, wie auch die Trailer, aus älteren Veröffentlichungen und liegen daher in SD vor. Aber auch die neu produzierte zweiteilige Doku „On the Set of Raiders Of The Lost Ark„ (58 Minuten) enthält überwiegend Archivmaterial in SD, das bereits direkt beim Dreh aufgenommen worden ist. Dabei gibt’s nicht nur Blicke direkt hinter die Kulissen, sondern am Schluss auch einige nicht verwendete Szenen zu sehen. Darüber hinaus findet sich noch eine rund einstündige Doku speziell über Indy 1, „Das Making-of von Jäger des verlorenen Schatzes“, wie auch Making-ofs zu den drei Sequels. Außerdem gibt’s unter „Hinter den Kulissen“ noch ein Dutzend kürzerer Segmente, die Auskünfte zu spezielleren Aspekten der Filmproduktionen enthalten.

5557Das ist alles unterm Strich schon sehr umfang- und aufschlussreich, deckt vieles gut ab und ist zudem erfreulicherweise (wie auch die Filme) auf Wunsch mit deutschen Untertiteln zu haben. Leider gibt es zu den Filmen keinerlei Audiokommentare. So etwas zählt, wenn engagiert gemacht, zu den besonders wertvollen Beigaben auf dem Home-Video-Markt. Etwas schade ist außerdem, dass es nur ein Teil der umfangreichen Boni von BD-2 des Doppel-BD-Sets zu Indy 4 auf die Boni-Disc des vorliegenden Komplett-Sets geschafft hat. Und ein weiterer kleiner Minuspunkt liegt im Fehlen eines gedruckten Faltblatts als Führer. Insbesondere bei den Materialien der Bonus-Disc wäre eine Übersicht mit etwas eingehenderen Infos zu den einzelnen Doku-Segmenten schon sehr hilfreich.

Häufiger ist im Zusammenhang mit den HD-Transfers der Indy-Trilogie der 80er von „4K-Restauration“ zu lesen. Abgesehen davon, dass Filme aus den 1980ern normalerweise kein Fall für den Restaurator sind, ging es hier doch vielmehr darum, ausgehend von bestmöglichem Quellenmaterial (aus dem Paramount-Archiv), klassischen 35-mm-Film in Top-Qualität — hoher 4K-Auflösung — auf ein völlig anderes, neues Medium (!), nämlich die digitale Videotechnik, zu übertragen. Um dabei für das Heimkino ein Ergebnis zu erhalten, das dem einer Kinoprojektion unter optimalen Bedingungen möglichst nahe kommt, ist eine spezifische Arbeitsweise erforderlich, Farbkorrekturen etc. inklusive. Mit „Restauration“ im eigentlichen Sinne des Begriffs hat dies aber nichts zu tun.

Fazit: Auch hier ist nun gekommen, was letztlich kommen musste: Die komplette Indiana-Jones-Film-Tetralogie gibt’s nun in insgesamt sehr guter bis exzellenter HD-Qualität auf Blu-ray. Dagegen kann die für sich genommen bereits ordentliche Indy-Trilogie der 1980er als DVD-Edition von 2003 einfach nicht mehr mithalten und wird damit ein Kandidat zum Ausmustern.

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2012.

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Regisseur:
Spielberg, Steven

Erschienen:
2012
Land:
USA 1981-2008
Vertrieb:
Paramount Home Entertainment
Kennung:
P425985
Zusatzinformationen:
5-BD-Set

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