El Cid

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
2. Juni 2009
Abgelegt unter:
CD

Score

(6/6)

Samuel Bronston: Impresario des ganz großen Leinwandabenteuers

Der aus dem heutigen Moldawien gebürtige Samuel Bronston (1908—1994) gelangte über Paris, wo er sein Interesse für Fotografie und Film entdeckte und für den französischen Ableger von MGM arbeitete, 1937 im Alter von 29 Jahren in die USA. Dort gründete er in den 1940ern seine eigene Produktionsgesellschaft „Samuel Bronston Productions“. Sein erstes Projekt war eine filmische Biografie über den schillernden Schöpfer von Romanen wie „Lockruf des Goldes“ und „Der Seewolf“ mit The Story of Jack London (1943). Das filmische Porträt eines Seehelden und Abenteurers im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, der von Warner vertriebene John Paul Jones (1959, Musik: Max Steiner), ist gewissermaßen ein Vorspiel für das, womit die Freunde des groß angelegten Leinwandabenteuers den Namen Bronston zuerst in Verbindung bringen. Gemeint sind die zwecks Reduktion der immensen (US-)Produktionskosten in Spanien in der ersten Hälfte der 1960er produzierten 70-mm-Kinoepen: King of Kings (1961), El Cid (1961), 55 Days at Peking (1963) und The Fall of the Roman Empire (1964). Der 1964er Circus World zählt nur bedingt in diese Kategorie.

3291Was die vorstehend genannten ersten vier der Spanien-Produktionen hervorhebt, ist die aus der Kombination großer Statistenheere vor prächtiger Kulisse resultierende glanzvolle, mitunter schlichtweg faszinierende Optik. Zwar haben auch kompetente Stars wie Charlton Heston, James Mason, Alec Guinness und Christopher Plummer und ebenso die Komponisten Miklós Rózsa und Dimitri Tiomkin ihren Anteil, aber ganz besonders erwähnenswert sind gerade die speziell errichteten Filmbauten. Der sich anfänglich mit King of Kings sowie El Cid einstellende große Erfolg führte zur Gründung eines riesigen Studiokomplexes in Las Rozas, gelegen im Nordwesten von Madrid. Bronston leistete sich den Luxus gigantischer dreidimensionaler Sets für die beiden nachfolgenden Epen, 55 Days at Peking und The Fall of the Roman Empire. Die Wirkung der Schauwerte, besonders auf großer Kinoleinwand, ist schlichtweg atemberaubend. Das ist es, was die betreffenden Streifen jedem Kinofreund, der für das klassische Abenteuer- und Erzählkino empfänglich ist, unvergesslich macht.

Dem muss allerdings klar hinzugefügt werden, dass hinter der Gewalt der Bilder leider meist nicht vergleichbar grandiose Plots stehen. So verwässern und beeinträchtigen gerade die schwachen Drehbücher Peking und Roman Empire bereits in erheblichem Maße. Circus World kann sogar fast nur noch als komplette Enttäuschung bezeichnet werden, da im Film letztlich fast nichts passiert, was den Zuschauer blenden könnte und damit in der Lage wäre, vom arg flauen Handlungskonstrukt abzulenken. Von den so genannten Bronston-Epics ist El Cid unterm Strich zwar auch nicht perfekt, aber insgesamt mit Abstand das Überzeugendste. Zu Recht wurde Samuel Bronston dafür 1962 mit einem Golden Globe ausgezeichnet.

Doch das Konzept aufwändigst produzierter Schauwerte, aufgenommen auf hochwertigem 70-mm-Film, ging an den Kinokassen nicht mehr auf. Der katastrophale Misserfolg von The Fall of the Roman Empire brachte das Bronston-Imperium zuerst ins Trudeln und trieb es bald darauf in den Ruin. Bereits Geplantes – wie Isabella of Spain – wurde überhaupt nicht mehr in Angriff genommen. Diverse weitere Projekte, The Nightrunners of Bengal, Paris 1900, Suez, The French Revolution und auch Aldous Huxleys Brave New World waren angedacht, sind aber über erste Entwürfe nicht mehr hinausgekommen. Anschließend war Bronston nur noch an drei Filmprojekten beteiligt: dem allein noch völlig blassen, in Argentinien (immerhin in 70 mm) produzierten Savage Pampas • Die Verfluchten der Pampas (1965), dem auf einer kindertauglichen Adaption des Coppélia-Balletts beruhenden Doctor Coppelius (1966) sowie dem französischen Kolonialepos Fort Saganne (1984, Musik: Philippe Sarde).

Der Untergang des Bronston-Imperiums Mitte der 1960er führte immerhin dazu, dass eine Reihe von Weggefährten vorläufig weiter machten. Das Duo Philip Yordan und Bernard Gordon brachte mit ins Exil Getriebenen der „Schwarzen Listen“ der McCarthy-Ära ein kompetentes Team zusammen und produzierte in Folge noch eine Reihe weiterer Großfilme in 70 mm: das Ardennenschlachtepos Battle of the Bulge • Die letzte Schlacht (1965, Musik: Benjamin Frankel); eine Variante der Custer-Legende, versehen mit leichtem Karl-May-Western-Touch, Custer of the West • Ein Tag zum Kämpfen (1967, Musik: Bernardo Segall), sowie einen Vorläufer der Katastrophenspektakel der 1970er, Krakatoa — East of Java • Krakatoa — Das größte Abenteuer des letzten Jahrhunderts (1969, Musik: Frank De Vol).

Die (Leinwand)-Legende um Rodrigo Diaz de Vivar

El Cid spiegelt sehr romantisiert und idealisiert die Lebensgeschichte des spanischen Nationalhelden Rodrigo Diaz de Vivar wieder, im von Regisseur Anthony Mann inszenierten Film verkörpert von Charlton Heston. Der Autor des Drehbuches, blacklist Ben Barzman, lehnte sich übrigens in Teilen an das aus dem 17. Jahrhundert stammende Bühnenstück „Le Cid“ von Pierre Corneille an. Der historische Rodrigo kam 1043 als Sohn eines verdienten kastilischen Kleinadligen in Vivar zur Welt und starb 1099 in Valencia. Seine auch muslimischen Brötchengeber haben ihm späterhin den Beinamen „El Cid“ verliehen, was „Der Herr“ bedeutet.

3292Vermutlich beginnt aber bereits hier die mythische Verklärung: „Sid“ oder auch „Sidi“ (vielen sicher bekannt aus den Wüstenabenteuern Karl Mays) als Dialektversion des hocharabischen „Sayid“ dürfte weniger eine besondere Auszeichnung bedeuten, denn die übliche Anrede eines Untergebenen für einen Führer gewesen sein.

In Spanien steht die Figur bis heute als Prototyp des für die Freiheit der Christen die Mauren bekämpfenden glanzvollen Ritters, der damit auch für die Einheit der spanischen Nation vereinnahmt wird. Letzteres macht auch die Bronston-Verfilmung, u. a. mit dem Schlachtruf: „Für Gott, den Cid und Spanien!“ Zwar taugt „El Cid“ beim genaueren Hinsehen nicht wirklich zum Nationalhelden, ein außergewöhnlicher Mann scheint Rodrigo Diaz de Vivar allerdings schon gewesen zu sein. Nachdem was den eher spärlich überlieferten Quellen einigermaßen zuverlässig entnommen werden kann, scheint er nicht nur ein gewandter Kriegsherr, sondern ebenso ein exzellenter Organisator und überhaupt ein intelligenter Zeitgenosse gewesen zu sein. Er diente seinen Auftraggebern nicht nur mit der Waffe, sondern stand diesen auch in juristischen Fragen zur Seite.

Im 11. Jahrhundert war Spanien allerdings weit davon entfernt ein Staat im Sinne der aus dem 19. Jahrhundert stammenden Nationalstaatsidee zu sein. Es war vielmehr, wie auch im übrigen Europa, eine Ansammlung kleiner Fürstentümer und Königreiche, die im Süden von Mauren und im Norden von Christen beherrscht wurden. Im Norden dominierten die christlichen Königreiche Kastilien, Aragon, Navarra, Asturien, Leon und die Grafschaft Barcelona (Katalonien), im Süden die arabischen Emirate Granada, Toledo, Valencia, Cordoba und Saragossa. Dabei standen sich nicht einfach Christen und Mauren feindselig gegenüber, nein, Bündnisse untereinander waren völlig üblich, jedoch waren sämtliche Parteien untereinander heillos zerstritten. Dabei ist es schwierig, für die Christen oder die Muslime einseitig Partei zu ergreifen. Abgesehen davon, dass nach heutigen Maßstäben Vertreter beider Glaubensrichtungen eh nicht zimperlich mit ihren Mitmenschen umgingen, führten die maurischen Emire und Kalifen die ihnen unterstehenden Provinzen zu einer kulturellen Hochblüte, von der man in den (nicht nur) fußkalten Gemäuern der christlichen Barbarenkönigreiche des Nordens nur träumen konnte. Am Ende des Jahrhunderts, beim ersten Kreuzzug, hatten viele Europäer erstmalig Gelegenheit, die zum Teil noch aus der Antike bewahrten Errungenschaften der muslimischen Kulturen kennen und schätzen zu lernen, die in Westeuropa praktisch völlig verloren gegangen waren.

3293Als 1085 kastilische Ritter Toledo bedrohten und eroberten, riefen die maurischen Emire als Retter in der Not den nordafrikanischen Berberfürsten (Almoraviden) Yusuf ibn Taschfin zu Hilfe. Durch dessen wilde Krieger erlitt König Alfonso VI. 1086 bei Sagrajas (Zalaca) eine schwere Niederlage. Nun konnte nur noch der Cid helfen, doch das Verhältnis zwischen König und Ritter war seit vielen Jahren schwer belastet. Bereits im Oktober 1072 hatte jener sich geweigert, seinem damals frisch zum König gekrönten Herrscher Alfonso VI. den Treueid zu leisten, wenn dieser nicht zuvor auf die Bibel schwöre, an der Ermordung seines Vorgängers und Bruders Sancho nicht beteiligt gewesen zu sein. Diesen demütigenden Affront hat Alfonso ihm wohl nie ganz verziehen. In jedem Fall gestattete er Rodrigo 1075, Jimena de Oviedo (im Film verkörpert von Sophia Loren), eine entfernte Verwandte des Königs, zu heiraten. Im Film erfolgt die Heirat mit Jimena übrigens erheblich früher, bekommt Rodrigo diese gar von Ferdinand I. von Kastilien (dem Vater von Alfonso VI.) nach siegreichem Schwertkampf um die Stadt Calahorra zur Frau. Dabei ist der „Kampf um Calahorra“ zwar eines der immer wieder beeindruckend anzuschauenden, brillant inszenierten Set- und Actionpieces des Films. Historische Wahrheit kann hierbei jedoch kaum attestiert werden. Die als Kulisse dienende opulente spätgotische Palastburg „Belmonte“ stammt nicht aus der Zeit des Cid, sondern entstand erst rund 400 Jahre später. Und abgesehen davon, dass der wahre Cid beim Tode Ferdinands I. erst jugendliche 22 Lenze zählte (womit Charlton Heston mit fast 40 bereits erheblich zu alt ist), wissen die historischen Quellen zu besagtem Kampf überhaupt nichts zu berichten.

Schon in diesen Jahren zeigte sich auch Rodrigos Skrupellosigkeit, indem er sich durch geschicktes Ausnutzen seiner Position persönlich zu bereichern verstand — Vergleichbares kann man selbst heutzutage immer wieder beobachten. Im Zusammenhang mit einer Hofintrige fiel er dann 1081 in Ungnade und wurde des Landes verwiesen. Begleitet von 300 Getreuen trat er in die Dienste von Mutamin, dem Emir von Saragossa. Das zeigt, dass es weder einen verwurzelten Religionskonflikt, geschweige denn eine generelle Antihaltung zwischen Christen und Moslems gab. Das Verhalten des Cid war also keineswegs ungewöhnlich, ging es doch sämtlichen Parteien nur um Macht und nicht um Religion.

Im Film tritt der Cid übrigens nicht in die Dienste von Mutamin, sondern führt diesen direkt zu Beginn als Gefangenen heim. Er bewahrt ihn allerdings vor den Rittern des Königs Ferdinand I., die muslimische Gefangene generell aufhängen wollen. Er lässt den Emir sogar frei und gewinnt ihn damit zum Verbündeten. Hier wird Rodrigo de Vivar geradezu als christlicher Friedensbringer und zugleich als Staatsmann mit Weitblick eingeführt. Und wenn der Cid von Ferdinands Sohn Alfonso verbannt (zuerst einsam) nur von Jimena begleitet durch die Lande zieht, gönnt sich Bronstons Epos auch noch einen Schuss Bibelkitsch — vielleicht als ein Anhängsel zu King of Kings — in der Begegnung mit Lazarus.

Nach dem bereits oben erwähnten militärischen Debakel von König Alfonso bei Sagrajas im Jahr 1086 wurde der von seinen muslimischen Glaubensbrüdern ursprünglich zu Hilfe gerufene Almoravide Yusuf ibn Taschfin bald zu einer allgemeinen Bedrohung, also sowohl für die Christen als auch die Muslime. Wie häufiger in der Geschichte ging der zu Hilfe Gerufene anschließend nicht wieder, sondern begann nun seinerseits muslimische Emire zu entthronen.

Yusuf, Führer fanatischer, straff organisierter und schwarz gekleideter islamischer Krieger, wird in der Bronston-Verfilmung entgegen den Fakten als stereotyper, zum Glaubenskrieg aufrufender muslimischer Bösewicht präsentiert. Darin spiegelt sich eine Rückprojizierung aus späterer Sicht, indem das Drehbuch diesen Charakter quasi im Sinne des „Mahdiaufstandes“ der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts (siehe Khartoum) aktualisiert interpretiert und damit völlig verzerrt.

Mit Rodrigos Hilfe — er hatte sich zwischenzeitlich an der Ostküste der iberischen Halbinsel (Levante) als lokaler Kriegsherr selbstständig gemacht — wurden die Berber in mehreren Gefechten fürs Erste zurückgedrängt. Worauf, dieses Mal mit Billigung von Sancho, der Cid auf eigene Rechnung (!) weiter Krieg führte und das wichtigste Macht- und Wirtschaftszentrum an der spanischen Mittelmeerküste, Valencia, belagerte und 1095 einnahm. Bis zu seinem Tode regierte er in Valencia als besonders bei der muslimischen Bevölkerung wegen seiner Raffgier und Strenge offenbar wenig beliebter Herrscher.

Hier wiederum nimmt sich die Leinwandversion ebenfalls beträchtliche Freiheiten. König Alfonsos Niederlage gegen Yusuf 1086 wird nämlich unmittelbar mit der Eroberung Valencias in Verbindung gebracht. Der Cid fällt erneut in Ungnade, weil er Valencia vor dem zum „Heiligen Krieg“ aufrufenden Yusuf für Spanien (s. o.) und damit die christlichen Spanier retten will, anstatt seinem König bei Sagrajas beizustehen. Es wird dabei unterschlagen, welche Zeiträume (Jahre) in Wirklichkeit zwischen den einzelnen Begebenheiten liegen. Was Rodrigo in den Jahren der Verbannung gemacht hat, lässt der Film im Dunkel. Dafür scheint Jimena die verstrichene Zeit dort gelebt zu haben, wo sie ihr Gemahl am Ende des ersten Filmteils zurückgelassen hat: im Kloster. Es hat sogar den Anschein, als habe er sie jahrelang nicht gesehen, wird er doch von ihr (im Kloster) mit den (legendären) Zwillingen offensichtlich erst bekannt gemacht.

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Im Juli 1099 starb der Cid, allerdings nicht wie im nationalen Heldenepos „Cantar de Mio Cid“ berichtet wird, an einer Pfeilwunde, sondern vermutlich völlig undramatisch, nämlich friedlich im Bett. Seine Frau Jimena regierte noch rund drei Jahre über den Tod ihres Gatten hinaus. Sie wurde 1102 von König Alfonso aus der erneut von den Muslimen bedrohten Stadt evakuiert. Den anrückenden Eroberern überließ man verbrannte Erde, und erst 125 Jahre später wurde Valencia wieder spanisch.

Bronstons Film lässt auch dies alles außen vor und präsentiert seinen El Cid am Schluss als Leiche, mit Hilfe eines Eisengestells aufs Pferd gebunden, in die entscheidende Schlacht um Valencia und damit in die Legende reitend. Denn nicht erst hier gilt der berühmte Satz, der im Folgejahr des Kinostarts von El Cid in John Fords Der Mann, der Liberty Valance erschoss (1962) gesprochen wird: „Zwischen Wahrheit und Legende sollte man sich immer für Letzteres entscheiden“.

Dies alles lässt es zwar nicht zu, Samuel Bronstons El-Cid-Verfilmung im Sinne visualisierter Geschichte zu rezipieren, aber dank ihres insgesamt sehr soliden Spannungsbogens und guter schauspielerischer Leistungen kann man sie als rein auf Unterhaltung abzielende Reise ins Reich der mittelalterlichen Cid-Legende genießen. Und exakt unter diesem Gesichtspunkt funktioniert der Film durchaus überzeugend. Gar prächtig illustriert ist diese Leinwandlegendenschau, sehr gut fotografiert von Robert Krasker und außerdem unterlegt mit adäquater, das Gezeigte optimal versinnbildlichender Musik vom Experten für derartige Historienstoffe, Miklós Rózsa. Da vermag man großzügig den ausgeprägt christlichen Blick, das unterschwellige Nationalstaatsdenken sowie den Schuss Zeitgeist durchgehen lassen. Mit angemessenem Abstand hinter Ivanhoe platziert, markieren beide Filme zusammen das Beste, was das Ritterfilm-Genre zu bieten vermag.

Zwischen historischer Wahrheit und Kostümkino klaffen regelmäßig mehr oder weniger große Abgründe. Das hat Methode und ist erst einmal verständlich: Will man es doch für ein möglichst breites Publikum griffig und unterhaltsam machen und auch die Erwartungen der anvisierten Zielgruppe nicht enttäuschen. Dass man es dabei häufig unnötig mit dem Vereinfachen und vor allem mit dem Hinzufügen jeweils zeitgemäßer Mätzchen übertreibt, steht auf einem anderen Blatt — siehe hierzu Marcus Junkelmanns lesenswerte Studie zum Thema in „Hollywoods Traum von Rom“.

Aber nicht ausschließlich das Hollywoodkino klassischer Prägung liebt die blumige Übertreibung — siehe Kingdom of Heaven. Das gilt z. B. für die mit virtuos gekreuzten Klingen ausgeführten Schwertkämpfe, die in ihren besten Beispielen elegant und überzeugend hart zugleich erscheinen. In der Realität haben es die Kämpfenden zweifellos vermieden, ihre wertvollen Schwerter durch fortwährendes Aufeinander-Schlagen zu beschädigen oder gar ein Brechen der Klinge zu riskieren. Auch (in diesem Fall zum Cid) Überliefertes wie „Er versetzte ihm einen Hieb, so mächtig, dass die Rubine auf dem Helm aus ihrer Fassung sprangen. Helm und Kopf wurden gespalten, und dann sein ganzer Körper bis hin zur Hüfte.“ gehört ins Reich der Fantasie, ist bestenfalls mittelalterliche Propaganda.

El Cid auf der Kinoleinwand und im TV

Nachdem El Cid in Deutschland von Rank Organisation 1962 ungekürzt mit 187 Minuten Lauflänge gestartet worden war, wurde etwa 1967 die Schere angesetzt. Knapp 30 Minuten entfielen, und nur in dieser Schnippelversion ist der Film (zumindest in 35-mm-Kopien) zwischen 1973 und 1991 hierzulande noch regulär in den Kinos, wohl fast ausschließlich im Jugendprogramm, ausgewertet worden. Auch im Fernsehen ist der Film lange nur in dieser um knapp 30 Minuten verstümmelten Fassung gezeigt worden. Erst im neuen Jahrtausend ist El Cid auf Arte ungekürzt, aber natürlich ohne die zugehörige (in den genannten 30 Minuten enthaltene) Ouvertüre, Pausen- und Schlussmusik zu sehen gewesen.

Musik zu El Cid: Miklós Rózsas vorletzte Schöpfung der historischen Serie

3295Nach dem Abschluss der Arbeiten an dem ebenfalls von Samuel Bronston produzierten Bibelepos King of Kings hätte MGM Rózsa zwar gern für Mutiny on the Bounty (1962) verpflichtet. Doch der Komponist empfand das Skript des maritimen Abenteuerepos’ als eher seicht und war froh, dass Bronston ihn aktiv dabei unterstützte, MGM hinzuhalten, bis ein anderer (Bronislaw Kaper) den Job übernommen hatte. In seiner Autobiografie „Double Life“ vermerkte er dazu, er habe insgeheim Gott und natürlich Samuel Bronston für El Cid gedankt.

Manches, was sich bei der Entstehung der Bronston-Epics hinter den Kulissen abspielte, ist mindestens so interessant oder mitunter auch ähnlich kurios wie die Filme in Teilen selbst. So sind bei El Cid italienische Fördermittel eingeflossen. Natürlich mussten dafür Italiener beteiligt werden. Einige Studioaufnahmen erfolgten in Rom, und im italienischen Rollentitel wird deswegen sogar der unter anderem von der Ben-Hur-Filmmusik-LP als Dirigent geläufige Carlo Savina als Komponist genannt. Was bis hierhin schon dubios anmutet, wird durch die possenhafte Vorgeschichte von Rózsas Engagement noch übertroffen. Man führte „Verhandlungen“ mit Mario Nascimbene unter der Prämisse, dass man von ihm keine Eigenkomposition, sondern vielmehr eine Adaption der Musik der gleichnamigen Oper von Jules Massenet für den Film erwartete. Dass Nascimbene daran nicht interessiert war, wirkt wohl kaum überraschend.

Der Ungar Miklós Rózsa war über die Stationen Berlin, Paris und schließlich London durch die Zusammenarbeit mit dem britischen Regisseur und Produzenten Alexander Korda bei The Thief of Baghdad • Der Dieb von Bagdad im Jahr 1940 nach Hollywood gelangt. Die Produktion dieser zeitlosen Märchenverfilmung aus 1001er Nacht konnte infolge der Kriegsauswirkungen nur noch in den USA fertig gestellt werden. Für Korda erarbeitete Rózsa anschließend noch eine ähnlich farbige und stimmungsvolle Untermalung für The Jungle Book • Das Dschungelbuch (1942). Danach arbeitete er als freischaffender Komponist für verschiedene Studios, schwerpunktmäßig bei Universal. Aus dieser Phase wurden späterhin seine Film-Noir-Vertonungen — z. B. Spellbound • Ich kämpfe um Dich (1945) und The Killers (1946) — sowie die Kompositionen für Psychodramen berühmt, wie die eindrucksvolle Musik zur Alkoholismusstudie The Lost Weekend (1945). Ende der 1940er ging die Zeit als „Freelancer“ zu Ende. Im Jahr 1949 band der Komponist sich erstmalig an das Major-Studio mit dem brüllenden Löwen im Logo: MGM. Daraus wurde eine insgesamt 14-jährige Zusammenarbeit, aus der besonders die raffinierten Vertonungen üppiger Ausstattungsfilme hervorragen. Dabei begründete Rózsa mit Quo Vadis (1951) eine ganz individuelle Spezialität im historisierend ausgeführten Komponieren für in weit zurückliegenden Epochen angesiedelte Filmstoffe.

Als er für Bronston El Cid in Angriff nahm, waren die goldenen Tage Hollywoods längst Vergangenheit. Der Komponist ahnte wohl bereits, dass sein MGM-Kontrakt nicht mehr verlängert werden würde, was sicher nicht einfach eine Folge der Zurückhaltung bei Mutiny on the Bounty war, vielmehr mit den bereits in der Mitte der 1950er begonnenen und sich Anfang der 1960er Jahre beschleunigenden drastischen Veränderungen im Hollywooder Studiosystem zusammenhing. Und so endete 1962 die Rózsa-MGM-Ära, und zwar in einer schmuck-, ja würdelosen Art und Weise. Ohne eine wie auch immer geartete offizielle Verabschiedung, ohne auch nur die kleinste Würdigung seiner Verdienste konnte Miklós Rózsa von einem Tag auf den anderen schlichtweg wegbleiben …

3296Wiederum in „Double Life“ stellte Rózsa rund 20 Jahre später rückblickend fest, El Cid sei neben Providence (1977, Regie: Alain Resnais) seine letzte bedeutende Filmmusik gewesen. Ein Statement, das man im Prinzip als richtig anerkennen muss. In historisierender Vertonung eines Kostümstoffes wurde der nachfolgende Sodom and Gomorrah nur noch eine überaus achtbare Fingerübung zu einem schlichtweg grottigen Streifen, gegen den selbst der schwächste Vertreter der Bronston-Epics zumindest noch eine Handvoll Goldstücke wert ist. Auch wenn man dem Selbsturteil des Maestros nicht widersprechen kann, so vermag man aber das Ernüchternde der Aussage durch einige doch sehr beachtliche Spätwerke etwas abzumildern, z. B. den charmanten Time after Time (1979) oder den ganz besonders fein geratenen The Private Life of Sherlock Holmes (1970). Es wäre außerdem sehr begrüßenswert, würde man sich mittelfristig im Rahmen einer Neueinspielung einer guten Suitenzusammenstellung aus dem Abschied des großen Ungarn vom Genre Fantasy-Film, The Golden Voyage of Sinbad (1974), annehmen. Diese in Teilen durchaus ansprechende Musik kommt durch das uninspiriert und unüberhörbar lustlos aufspielende Orchester der seinerzeit in Rom erfolgten Filmeinspielung einfach nicht angemessen zur Geltung, wird vielmehr eher ruiniert.

Doch zurück zur Glanzzeit von Maestro Rózsa und seiner meisterlichen Komposition zu El Cid. Sicher waren die äußeren Bedingungen für ein inspiriertes Arbeiten in diesem Falle besonders günstig. Infolge seiner garantierten, im Normalfall in Italien mit eigenen Projekten zugebrachten, von MGM vertraglich garantierten Sommerfreizeit, verbrachte der Komponist den Sommer 1961 mit seiner kompletten Familie in Madrid. Komfortabel untergebracht stürzte er sich begeistert in die Vorbereitungen, in Studien spanischer Musik des Mittelalters. Der Philologe und Historiker Dr. Ramon Menendez Pidal, damals bereits ein rüstiger 92er, fungierte als historischer Berater für die Produktion. Er machte Miklós Rózsa mit einer der größten Sammlungen mittelalterlichen Liedgutes bekannt, den „La Cantigas de Santa Maria“ („Lieder für die Heilige Maria“). Außerdem diente eine weitere Sammlung spätmittelalterlicher Lieder und liturgischer Texte, der katalanische „Llibre Vermell de Montserrat („Das Rote Buch von Montserrat“) als Quelle der Inspiration. Weitere Anregungen vermittelte eine Kollektion spanischer Volkslieder, zusammengetragen vom Musikwissenschaftler und als Vater der spanischen Nationalmusik geltenden Komponistenkollegen Felipe Pedrell (Lehrer von Manuel de Falla).

Das Resultat derartiger Beschäftigung mit möglichst genauen Quellen historischer Musik der jeweiligen Epoche führte auch hier zu dem, was dem Betrachter des Films auch musikalisch ein stimmiges Gefühl von Authentizität vermittelt. Dabei verlässt die historisierend angelegte Filmkomposition jedoch nicht ihr in der Orchestermusik der Romantik und Spätromantik angesiedeltes Grundfundament. Sie verfügt somit trotz ihrer so überzeugend exotischen wie archaisierenden Wirkungen letztlich über genügend dem Hörer unterschwellig Vertrautes. Und da liegt der Schlüssel zum Geheimnis ihrer praktisch unmittelbar großen Reiz entfaltenden Wirkung.

3298Für El Cid hat Rózsa vielleicht seine insgesamt glutvollste Filmmusik der historischen Serie geschrieben. Jeder Charakter ist mit einem sehr inspirierten Thema oder zumindest mit einem markanten Motiv ausgestattet. Auch Burgos, ein wichtiger Schauplatz der Handlung, wird einprägsam charakterisiert. Dabei stehen die Themen für den Cid, seine Frau Jimena und das Liebesthema im Zentrum der musikalischen Organisation. Eventuelle Befürchtungen, die komplette Musik könnte sich ohne Bild über die stattliche Spielzeit von rund 150 Minuten kaum tragen, sind unangebracht. Selbst die dominierenden Hauptthemen nutzen sich nicht ab, da sie eben nicht fortlaufend annähernd unverändert allein die Instrumentengruppen des Orchesters durchwandern müssen, sondern im Klanggeschehen vielmehr eingehend variiert und äußerst geschickt verarbeitet auftauchen.

Immer wieder sorgen zusätzlich eingestreute einmalig erscheinende Motive für Abwechslung, und ebenso einige Piècen quasi-mittelalterlicher Source Music, wie die so reizend dezente „Palace Music“ auf der ersten CD oder das liedhafte Thema für die Zwillinge, „The Twins“, auf CD zwei. Hinzu kommen natürlich die unmittelbar besonders faszinierenden und mitreißenden Set- und Actionpieces, wie „The Fight for Calahorra“, „Entry of the Nobles“ oder auch der Krönungsmarsch in „Coronation“. Garniert wird an vielen Stellen mit den ebenfalls so charakteristischen Rózsa-Fanfaren. Hier sticht der Einzug der Ritter in den Thronsaal in „Entry of the Nobles“ ganz besonders prachtvoll hervor. Dabei stimmen die dissonanten Fanfaren im Finale von „The Fight for Calahorra“ schon auf das Kommende ein: den schließlich furios mit Zweihändern ausgetragenen Zweikampf zwischen dem Cid als Schwertträger seines Königs und seinem Herausforderer. Und neben den großen Orchestertableaus für die Schlacht um Valencia im zweiten Filmteil ist da natürlich auch noch der berühmte, erst kurz vor Ende des ersten Filmteils hervortretende El-Cid-Marsch. Wie außerordentlich geschliffen alles gearbeitet ist, zeigt sich auch daran, dass es nie lärmend wird, wenn das groß besetzte Orchester des Öfteren die Muskeln spielen lässt.

Die El-Cid-Musik besitzt unzweifelhaft archaisches Flair. Sie klingt wie aus einer längst vergangenen Epoche herüberwehend. Aber sie wirkt ebenso unmittelbar überzeugend spanisch wie durch ihre spätromantische Klangsinnlichkeit und Üppigkeit nicht abstrakt und zu fremdartig. Wie dem Komponisten dies gelang, das ist auf seine Art in der Kinogeschichte einzigartig geblieben, entstammt eben unverwechselbar der Feder von Miklós Rózsa. So unüberhörbar wie die typische Handschrift des Komponisten, so unverwechselbar handelt es sich im vorliegenden Fall um El Cid. Eine Feststellung, die auch im Vergleich der ähnlich grandiosen Mammutpartituren zu Quo Vadis, Ben Hur und King of Kings, deren Plots in manchem eng miteinander verwandt sind, noch funktioniert. Selbst da besteht höchstens zwischen wenigen Einzel-Cues für einen Moment minimale Verwechslungsgefahr.

Zu den Einspielungen der Filmmusik

Rund 43 Minuten seiner Musik spielte Rózsa mit dem Graunke-Orchester (heute Münchner Sinfoniker) auf der 1961er MGM-Filmmusik-LP ein. Im Umfeld dieses Filmalbums erschienen auch noch einige kürzere Suiteneinspielungen auf LP, z. B. die hierzulande mit dem Hamburger Konzertorchester unter Richard Müller-Lampertz realisierte, knapp 40 Minuten umfassende Kompilation von Konzertzusammenstellungen aus El Cid, Ben Hur und King of Kings — wiederveröffentlicht auf Varèse.

Erstmalig 1987 erschien eine zum überwiegenden Teil aus bislang unzugänglichen Raritäten bestehende kleine, rund 6-minütige El-Cid-Suite auf dem Miklós Rózsa zum 80. Geburtstag gewidmeten Sampler des Colosseum-Labels mit den Nürnberger Sinfonikern unter Elmer Bernstein. Dass Rózsa die darin enthaltenen beiden, den Hörer unmittelbar packenden und mitreißenden, Stücke „Einzug der Ritter“ sowie den „Krönungsmarsch“ ehedem sang- und klanglos hat unter den Tisch fallen lassen, ist schlichtweg unerklärlich. 1994 hat Erich Kunzel die von prächtigen Fanfaren begleitet in den Thronsaal einziehenden Ritter ebenfalls solide verewigt, in „The Great Fantasy Adventure“.

3299Das 1996er Koch-CD-Album mit dem New Zealand Symphony Orchestra unter James Sedares präsentierte erstmalig einen deutlich über die 1961er-Film-LP hinausgehenden Anteil der Filmmusik. Mancherorts wird die 65-minütige Sedares-Einspielung recht heftig kritisiert, was nach meinem Empfinden überzogen ist. Sicher kann man gegenüber der Auswahl und der einen oder anderen Tempo-Entscheidung Einwände erheben, aber um eine einfach nur schlechte Sache handelt es sich deswegen nicht. Ein klarer Schwachpunkt liegt im unverständlichen Fehlen der o. g. beiden Setpieces: „Einzug der Ritter“ und „Krönungsmarsch“. Platz genug dafür wäre auf dem Tonträger vorhanden gewesen. Unschön ist darüber hinaus die späterhin peinliche Werbekampagne von Koch, welche das Album als „Kompletteinspielung“ zu vermarkten trachtete.

Seit dem Erscheinen der Tadlow-Gesamteinspielung im September 2008 ist das Sedares-El-Cid-Album freilich klar überholt. Es bietet kaum mehr Kaufanreize, besitzt in erster Linie noch historisches Interesse. Was das Team um James Fitzpatrick und damit letztlich die Prager Philharmoniker unter Nic Raine dem Interessierten jetzt vorgelegt haben, ist vergleichbar liebevoll und ambitioniert geraten wie die Vorläuferalben The Guns of Navarone und The Private Life of Sherlock Holmes. Die Prager Musiker unter Nic Raine ziehen sich insgesamt tadellos aus der Affäre. Spieltechnisch gibt es nichts Entscheidendes zu beanstanden, und auch die gewählten Tempi können praktisch durchweg als überzeugend gewählt gelten. Bei der Abmischung wäre mir ein ähnlich wie beim Sherlock Holmes angelegtes, infolge wenig(er) Halls schärfer konturiertes und damit klareres Klangbild lieber gewesen, aber das ist primär Geschmackssache. Als unbefriedigend oder gar schlecht kann man das Resultat nun gewiss nicht bezeichnen. Das Gimmick mit den kurzzeitig eingeblendeten Schwertergeräuschen im Duell des Cid mit Jimenas Vater in „Count Gomez/Courage and Honor“ hätte man sich freilich schenken können. Aber wirklich tragisch ist das denn auch nicht.

Der komplette Score belegt die ersten beiden CDs. Der dritte Datenträger besitzt den Charakter einer netten Zugabe und verfügt auch über einen CD-ROM-Teil. Die rund 32 Minuten mit Alternativversionen einzelner Cid-Tracks sind eher weniger bedeutsam. Darunter findet sich eine geradezu kurios anmutende Variante vom Einzug der Ritter. Bei dieser müssen die Geharnischten ob des rasant geschlagenen Tempos förmlich rennen, um noch rechtzeitig ihre Plätze im Thronsaal zu erreichen. Von feierlichem Schreiten kann hier wirklich nicht mehr die Rede sein. (Dazu würde ich gerne einmal die entsprechend montierte Schnittfassung sehen.) Dafür hätte ich mir allerdings schon noch die originale Filmversion von „The Fight for Calahorra“ gewünscht, und nicht nur die in die Gesamteinspielung integrierte, etwas getrimmte Konzertversion des Stücks, die Rózsa 1961 für die Film-LP erstellt hat und die ebenfalls nur bei Sedares vertreten ist. In einem Stück ist denn auch Rózsas Tribut zum Wunsch nach einer Songversion des Liebesthemas (Dimitri Tiomkins High Noon lässt grüßen) zu hören. In den Kinokopien wurde das etwas sehr süßlich anmutende Arrangement mit Chor, „The Falcon and the Dove“, abgesetzt von der eigentlichen Filmkomposition, beim Verlassen des Kinos als Exit-Music eingesetzt.

Obendrauf gibt es noch einen kurzen Rückblick in die Film-Noir-Ära des Komponisten mit einer kleinen Suite aus dem 1944er Double Indemnity, dirigiert von James Fitzpatrick. Im CD-ROM-Teil finden sich vier Musikvideos, die über rund eine Viertelstunde Einblicke in die Aufnahmesitzungen gestatten, sowie ca. 11 Minuten Interviewmaterial mit Dirigent Nic Raine und Produzent James Fitzpatrick. Ein ansehnlich illustriertes Begleitheft, versehen mit kompetenten Informationen, fehlt natürlich ebenso wenig.

3300Rund 23 Minuten der Musik (darunter der komplette Krönungsmarsch!) fielen bereits im Rahmen des Editierprozesses 1961 unter den Tisch, was den Komponisten seinerzeit verständlicherweise sehr enttäuscht und auch verärgert hat. Diese und noch rund 67 weitere Minuten dieses essenziellen Scores sind damit jetzt erstmalig überhaupt auf Tonträger verfügbar. Somit macht erst die jetzt vorliegende Gesamteinspielung der Musik die wahren Qualitäten dieses letzten Meisterwerks von Miklós Rózsa wirklich erfahr- und nachvollziehbar. Zumindest auf längere Sicht darf diese gelungene Neueinspielung wohl als das letzte Wort zur El-Cid-Musik angesehen werden.

Epilog

Nach Rhinos auch klanglich vorzüglicher 2002er Komplettedition von King of Kings sind mit Tadlows El Cid nun bis auf den 1951er Quo Vadis sämtliche Rózsa-Epen-Scores in sehr zufriedenstellender Form zugänglich. Ob irgendwann vielleicht doch noch die reinen Musikaufnahmen der 1961er Originalfilmeinspielung zu El Cid als wertvolle Referenz veröffentlicht werden können, erscheint mir sehr zweifelhaft. In gutem Zustand erhalten, könnten diese in den britischen Shepperton Studios erfolgten Einspielungen technisch ähnlich hohe Ansprüche erfüllen wie die derzeit besten Fundstücke aus den Archiven von MGM oder 20th Century Fox. Beim relativen Chaos, das im Bronston-Nachlass zu herrschen scheint, ist es eher unwahrscheinlich, dass diese überhaupt aufbewahrt worden sind. Denn — wer hat nach der Fertigstellung der Tonspur für den betreffenden Film noch Interesse an den reinen Musikaufnahmen, braucht diese überhaupt noch? Für eine spätere Wiederauswertung des Films sind diese nun einmal nicht erforderlich. Zu diesem Zweck sind neben einem guten Filmnegativ allein eine Kopie der kompletten Tonabmischung für den heimischen Markt sowie eine nur Musik und Geräusche enthaltende Version ohne Dialoge für Synchronisationszwecke erforderlich.

Klar, wir, die kleine Filmmusikklientel, möchten die besagten reinen Musikaufnahmen! Aber an diese hat man seinerzeit kaum gedacht, zumal wir doch bereits mit der rund 40-minütigen LP-Nachspielung mehr als ausreichend abgefunden galten, oder?

Hier finden Sie einen Überblick über alle bei Cinemusic.de besprochenen CDs des Labels Tadlow Music.

Dieser Artikel ist Teil unseres kleinen Spezialprogramms zu Pfingsten 2009.

© aller Logos und Abbildungen bei den Rechteinhabern.

Komponist:
Rózsa, Miklós

Erschienen:
2008
Gesamtspielzeit:
ca. 180 Minuten
Sampler:
Tadlow Music (Silva Screen Records)
Kennung:
TADLOW 005 (3 CDs)

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