Plymouth Adventure

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
18. Juni 2003
Abgelegt unter:
CD

Score

(6/6)

1011Plymouth Adventure • Schiff ohne Heimat (1952) schildert die legendäre Auswanderung der ersten 102 britischen Puritaner (Pilgerväter) und die Begründung ihrer ersten Ansiedlung in Plymouth im heutigen US-Staat Massachusetts im Jahre 1620. Ein Kostüm-Epos, das die historischen Ereignisse stark vereinfacht, zu sehr idealisiert und – gemessen am typischen tristen Quäkeroutfit – in deutlich zu üppigem (wenn auch reizvollem) Technicolor inszeniert. Gewisse Einschränkungen in der Dramaturgie werden durch die üppige Ausstattung teilweise wettgemacht: Bemerkenswert sind z. B. die brillante Rekonstruktion des Dreimasters Mayflower und stimmige Sets, wie das vom Hafen von Southampton. Und natürlich trägt auch Miklós Rózsas exzellente Musikuntermalung ihren Teil zur guten Gesamtwirkung bei. Unterm Strich bleibt eine Begegnung mit dem Film auch heutzutage nicht ohne Charme.

Für Miklós Rózsa war es der dritte historisierend angelegte Epic-Score nach Quo Vadis (1951) und Ivanhoe (1952). Er entwarf eine hervorragend durchkomponierte, abwechslungs- und themenreiche Partitur. Neben dem historisch stimmigen 136. Psalm baut der Score auf sieben weiteren Themen auf, mit deren wichtigsten der Komponist den Score handwerklich äußerst geschickt und vielseitig gestaltet. Die Musik zu Plymouth Adventure ist außerdem eine faszinierende Verbindung von Rózsas typisch magyarischem Klangidiom mit dem des 17. Jahrhunderts, der Zeit der Filmhandlung. In ihrer hervorragenden Machart zählt sie überhaupt zum Besten, was der Komponist geschrieben hat.

Die Filmmusik zum Pilgerväter-Epos erschien bereits 1999 auf dem Label ticker-tape. Die aktuelle FSM-Ausgabe ist um rund 6 Minuten länger als die 1999er Edition. Klanglich liegen beide Alben dicht beieinander: Der Mono-Klang der ticker-tape-CD rauscht deutlich weniger (dank Cedar-Rauschverminderung) als die FSM-Ausgabe, welche dafür allerdings besonders in den Höhen etwas präsenter und in den Bässen ein wenig präziser klingt. Alles in allem handelt es sich hierbei jedoch um eher geringfügige Unterschiede, die für eine Neuanschaffung wenig ausschlaggebend sind.

Die auf der FSM-CD erstmals vertretene, von Rózsa gewollte Version des Film-Finales (mit Chor) ist eine willkommene Ergänzung, aber ebenfalls nicht der wesentliche Punkt, der diese Ausgabe besonders wertvoll macht. Das Entscheidende ist hier das vorzügliche Booklet, in dem – neben dem schönen Bildmaterial – jedes Stück der CD hervorragend und detailliert dokumentiert ist. Die im Anhang untergebrachten alternativen (zum Großteil nicht im Film verwendeten) Bonustracks geben wertvolle Hinweise auf die ursprüngliche Konzeption des Komponisten. Dank ihres hohen Informationsgehaltes ist die neue FSM-Ausgabe von Plymouth Adventure in jedem Fall die definitive Edition dieser hervorragenden Filmmusik.

Es ist schon schade, dass die ursprünglichen 3-kanaligen Stereomaster der Aufnahme-Sitzungen allein noch in Form des (immerhin) sauberen Mono-Mix-Downs existieren. Für den noch im Normalformat und dementsprechend mit Mono-Lichtton in die Kinos gebrachten Film schienen die seinerzeit in der Erprobungsphase stehenden frühen Stereo-Aufnahmen nicht erhaltenswert: Wer hätte sich damals auch vom großen Interesse späterer Generationen an dieser Art von Musik träumen lassen.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Originaltitel:
Schiff ohne Heimat

Komponist:
Rózsa, Miklós

Erschienen:
2003
Gesamtspielzeit:
79:35 Minuten
Sampler:
FSM
Kennung:
Vol. 6 No. 1

Weitere interessante Beiträge:

Nino Rota: La Strada (Ballet Suite)

Nino Rota: La Strada (Ballet Suite)

Schubert Epilog

Schubert Epilog

Der Klassik-CD-Tipp I-2022: Das Anthony Collins Box Set von Decca Eloquence

Der Klassik-CD-Tipp I-2022: Das Anthony Collins Box Set von Decca Eloquence

The Rifleman

The Rifleman

Cinemusic.de