Zulu: Das „Welsh Epic“ in Super-Technirama-70 jetzt in HD auf Blu-ray
Der von Stanley Baker und Cy (Cyril Raker) Endfield produzierte Zulu schlägt ein sehr dunkles Kapitel der britischen Kolonialgeschichte aus heroischer Perspektive auf: Den Feldzug gegen die Zulus im Jahr 1879. In Szene gesetzt wird das Gefecht bei Rorke’s Drift, einer schwedischen Missionstation in Natal, welche den Briten als Lazarett und Vorratslager diente. Diesem am 22. und 23. Januar 1879 stattgefundenen Gefecht, bei dem sich rund 140 Briten gegen eine mehr als 25-fache Übermacht von etwa 4000 Zulu-Kriegern letztlich knapp behaupten konnte, war am Tag zuvor eine desaströse Niederlage bei Isandhlwana vorausgegangen, bei der rund 1300 Briten ihr Leben verloren. Douglas Hickox setzte diese in Zulu Dawn * Die letzte Offensive (1979, Musik: Elmer Bernstein) in Szene. Das Drehbuch dazu stammte wiederum vom Amerikaner Cy Endfield, der übrigens zu den durch die Verfolgungen der McCarthy-Ära Vertriebenen gehört und seit 1953 im britischen Asyl residierte. Endfield war zudem der einzige Nichtbrite im Team der Zulu-Produktion, bei der man es bewusst vermieden hat, US-Stars zu verpflichten, um die Echtheit der britischen Atmosphäre nicht zu beeinträchtigen.
Als die Nachricht vom Desaster bei Isandhlwana Rorke’s Drift erreicht, müssen sich im Film die beiden einzigen vor Ort befindlichen Offiziere, zwei Leutnants, der Pionier John Chard (Stanley Baker) und Gonville Bromhead (Michael Caine, der hier in seiner erste Hauptrolle zu sehen ist) zuerst darüber einig werden, wer das Kommando führt. Chard, der Dienstältere übernimmt letztlich die Führung und entscheidet sich statt zu dem von Bromhead favorisierten Abzug, die Missionstation so gut es geht zu befestigen und gegen die anrückenden Zulus zu halten. Dies erweist sich letztlich als die richtige Entscheidung. Bei Isandhlwana waren die in unbefestigtem Lager überraschten Briten, ihrem mit etwa 20.000 Kriegern zahlenmäßig weit überlegen Gegner auf freiem Feld (!) in weit auseinander gezogener doppelter Schützenlinie entgegengetreten. Bewaffnet mit dem einschüssigen Martini-Henry-Karabiner konnten die Rotröcke die nur mit kurzen Stoßspeeren (Assegai) und Büffelhaut-Schilden (Ishilangu) ausgestatteten Zulus zwar anfänglich abwehren. Sie wurden aber von den sowohl diszipliniert als auch geschickt in ihrer typischen Büffelhorn-Kampftaktik vorgehenden Eingeborenen letztlich umfasst und innerhalb von rund zweieinhalb Stunden im Nahkampf komplett aufgerieben. Zwar kamen beim anschließenden Gefecht von Rorke’s Drift auf Seiten der Zulus eine Reihe von Beuteschusswaffen zum Einsatz, mit denen diese allerdings viel zu wenig vertraut waren, um daraus einen entscheidenden Vorteil ziehen zu können.
In Zulu bekommt man ein Schlachtenepos alter Schule zu sehen, dass mit exzellent choreografierten und fotografierten Kampfszenen im Breitwandformat (Kamera: Stephen Dade) aufwartet, eingebettet in eine grandiose Landschaft. Die Gewaltdarstellung ist dabei, wie bis etwa Ende der 1960er noch weitgehend Konvention, recht zurückhaltend. Natürlich vermag das visuell eindrucksvolle Spektakel heutzutage zweifellos nicht als „korrekt“ durchzugehen, u.a. da man beispielsweise über die Hintergründe dieses unerklärten, letztlich rein imperialistischen Expansionskrieges des British Empire überhaupt nichts erfährt. Dafür ist aber eine kräftige Portion britisches Fair Play spürbar, so wenn ein Bure, Angehöriger der Natal Mounted Police, seine vom Viktorianischen Geist der Ära beseelten britischen Kameraden darüber aufklärt, dass sie es keineswegs mit primitiven, undisziplinierten Wilden zu tun haben. Während die Briten am Tag vielleicht 15 oder 20 Meilen zurücklegten, würden die Zulus 50 Meilen rennen und seien anschließend durchaus noch in der Lage, eine Schlacht zu schlagen. Auch weiterhin geht es eher ehrenvoll zur Sache, wenn hunderte von Zulus einen machtvollen Kriegsgesang anstimmen und die Briten mit „Men of Harlech“, einem walisischen Traditional mit Ohrwurmqualität antworten. Am Ende „salutieren“ die Zulus vor ihrem Abzug dann auch noch vor den britischen Verteidigern. Zu den „Men of Harlech“, die Alfred Newman auch in John Fords So grün war mein Tal (1941) integrierte, gibt es interessanterweise nicht nur x-fach Textfassungen, für Zulu entstand sogar noch eine weitere zusätzlich. Wenn man sich allein vor Augen führt in welch ausgeprägt rassistischer Umgebung, im von strengster Rassentrennung, der Apartheid, geprägten Südafrika, seinerzeit gedreht wurde, sticht die besagte, rassistische Stereotypen ausklammernde Fairness in der Darstellung der Gegner besonders angenehm hervor.
Anständig zugegangen ist es offenbar auch bei den Dreharbeiten. Die in großer Zahl als Statisten benötigten Zulus wurden nachweislich korrekt in harter Währung entlohnt. Als diese mit Bussen herangekarrt wurden war Stanley Baker zwar anfänglich enttäuscht. Die nicht als Wilde erscheinen wollenden waren nämlich wie die Weißen bekleidet und erschienen ihm wohl zu brav. Das änderte sich aber rasch als diese im Outfit ihrer Vorfahren eingekleidet wurden und erst recht als man ihnen, für die „Kino“ fast durchweg ein völliges Fremdwort war, einen alten Gene-Autry-Western vorführte. Das versetzte die Zulus derart in Begeisterung, dass bei den ersten Drehtests für die Britischen Verteidiger einfach nichts zu halten war. Sie wurden einfach überrannt.
Auch wenn dieses Schlachtenepos mit seiner ausgeprägten Durchhaltetendenz in der Zeichnung der britischen Charaktere und ebenso der Ausstattung unmittelbar sehr überzeugend erscheint, nimmt der Film sich nicht ausschließlich bei der Rekonstruktion des historischen Vorfalls eine Reihe von Freiheiten. Bereits der Drehort wurde vom originalen, da nur dezent hügeligen recht unspektakulären Rorke’s Drift rund 90 Meilen weiter südwestlich in den bergigen Royal Natal Nationalpark verlegt und dort die Missionsstation vor der wesentlich packenderen, pittoreskeren Naturkulisse nachgebaut. Auch die landläufige Bezeichnung „Welsh Epic“ ist nicht völlig korrekt gewählt. Bei den im Film als South Wales Borders bezeichneten Regiment handelte es sich in Wirklichkeit um das 2nd Warwickshire, das erst zwei Jahre nach den Ereignissen ein walisisches Regiment wurde. Nun, immerhin wird im Film süffisant eingeräumt, das im walisischen Regiment ein paar Ausländer aus England dabei wären.
Dieses quasi britische Alamo wurde von John Barry vertont. Seine mit nur rund 20 Minuten Gesamtlänge eher knappe Filmmusik für das Zulu-Epos ist zwar nun gewiss kein Geniestreich, aber ihre insgesamt doch relativ schlichte Konzeption wird durch das überaus kraftvolle und unmittelbar einprägsame Hauptthema anfänglich weitgehend überstrahlt – siehe dazu auch den Silva-Zulu-Sampler. Dieses ist bereits ein Beleg für die auch späterhin oftmals prächtige melodische Inspiration des Briten. Noch im Jahr der terminlich bewusst gesetzten britischen Uraufführung (am 22 Januar 1964 im Plaza Kino im Londoner West End) gelang ihm mit seiner so pfiffigen wie unverwechselbaren Musik zu Goldfinger der Durchbruch und die langjährige ikonenhafte Etablierung im Bond-Genre.
Produziert wurde der Film in Technirama, einer Weiterentwicklung des hochwertigen Vista-Visions-Verfahrens im Verbund mit anamorphotischer Optik. Insbesondere im nichtbritischen Ausland ist Zulu neben 35-mm-Scope- auch in 70-mm-Kopien, in Super-Technirama-70, in besonders brillanter Qualität gezeigt worden.
Die Briten verehren diesen Klassiker in besonderem Maße, welcher im Vereinigten Königreich regelmäßig zu Fest- und Feiertagen im Fernsehen gezeigt wird und der im vergangenen Jahr sein 50-jähriges Jubiläum beging.
Cyril Endfields Zulu auf Blu-ray
Nach dem bereits zuvor Geschriebenen sollte man, insbesondere bei einer HD-Veröffentlichung, beim Bild Topqualität erwarten dürfen. Erfreulicherweise ist dies hier auch der Fall. Das Bild ist schlichtweg atemberaubend. Filmkorn macht sich fast überhaupt nicht bemerkbar. Neben den erstklassig zur Geltung kommenden, fein differenziert abgestuften Farben sind auch der sehr gute Kontrastumfang und der tadellose Schwarzwert mitentscheidend für den vorzüglichen Gesamteindruck. Dies sorgt nämlich dafür, dass auch die diversen Grauabstufungen in der Kleidung der Herren bis zum Rabenschwarz des Kätzchens derart überzeugend aussehen. Da in der meist prallen Farbpalette außerdem das Redcoat-Rot der britischen Uniformröcke so satt und überzeugend und nicht zu orange tendierend erscheint, ist der Eindruck beim Bild perfekt. Besser dürfte Zulu selbst im Uraufführungsjahr in Top- Erstaufführungskinos kaum ausgesehen haben. Dass im Rollentitel „Super-Technirama-70“ zu lesen ist, verwundert daher nicht.
Dagegen ist die akustische Seite der Veröffentlichung zwar ordentlich, erscheint im Vergleich zum tollen Bild jedoch ziemlich blass. Die englische Originalfassung kommt gegenüber dem soliden deutschen Mono-Ton (die deutsche Tonspur war wohl immer nur monoral) etwas voller daher. Sie wartet auch mit einer Handvoll dezenter direktionaler Stereoeffekte auf. Im Vergleich zu großformatigen Produktionen der Ära, wie etwa Lawrence von Arabien oder Doktor Schiwago erscheint der 2.0-Stereosound allerdings doch allzu unspektakulär. Sprache und Geräusche sind auch in der zwangsläufig etwas enger klingenden deutschen Fassung durchweg sauber und klar. Auffällig ist allerdings (in beiden Tonfassungen!), dass die Einsätze von John Barrys Filmmusik gegenüber dem Rest deutlich schwächer, recht hallig und blechern klingen. Boni gibt’s leider keine. Im vorliegenden Falle kommen allerdings auch die Käufer der US-BD-Ausgabe nur unwesentlich besser weg. Ein recht informatives rund 20-minütiges „The making of Zulu … and snappeth the spear in sunder“ ist zum Trost online bei Youtube abrufbar.
Fazit: Bei Zulu, dem britischen Pendant zu Alamo, kommen die Leinwand-„Schlachtenbummler“ voll auf ihre Kosten. Der visuell eindrucksvolle und auch spannende Film ist als in der Gewaltdarstellung eher zahmes Heldenepos „alter Schule“ auch für diejenigen durchaus ansehbar, denen heutige Vertreter der Gattung Kriegs- und Schlachtenkinos entschieden zu hart sind. Von BD macht er gerade beim Bild eine herausragende Figur und eignet sich damit auch für Demozwecke.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.