Unternehmen Wüste – Hitlers letzte Hoffnung

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
2. Oktober 2003
Abgelegt unter:
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Das „Unternehmen Wüste“ war Teil des bereits seit 1942 praktizierten Konzepts einer „ökonomisch sinnvollen Verwertung“ von KZ-Häftlingen zur „Vernichtung durch Arbeit“. Das gleichnamige Buch von Klaus Riexinger und Detlef Ernst beleuchtet entsprechend ein weiteres, ebenfalls düsteres Kapitel, das wegen der immer prekärer werdenden Luftlage noch in den letzten Kriegsmonaten in der Nähe von Heilbronn aufgeschlagen worden ist: den Ausbau des Salzbergwerks Kochendorf zur Rüstungsfabrik. Das Buch ruft dabei ins Gedächtnis, wie effektiv nicht erst bei diesem Projekt die Interessen der Machthaber in NS-Staat und Industrie miteinander verschmolzen waren. Als Nutznießer stehen auch heute geläufige Namen wie Volkswagen, Porsche und Ernst Heinkel. Wie sehr man sich an die Beschäftigung von Häftlingen im Alltag deutscher Fabriken gewöhnt hatte, ja, wie erschreckend selbstverständlich dies offenbar noch Jahre später für manchen Unternehmer war, zeigt ein Nebensatz in Heinkels Autobiografie von 1953: „… konnten auch tausende ausländischer Arbeiter, die nicht wie Häftlinge oder Gefangene unter Druck standen, noch einmal Ungeheures leisten …“.

Das Buch zeigt dabei ein weiteres Beispiel für eines der „vergessenen Lager“ auf, dokumentiert detailliert die Geschichte des KZs Kochendorf (Außenkommando des KZ Natzweiler-Struthof) und gewährt darüber hinaus tiefere Einblicke in die Organisation dieser berüchtigten Nebenlager. Es wirkt heutzutage schon bizarr, wenn man erfährt, wie verbissen, völlig abseits der Realitäten die hinter der Front operierenden SS-Lagerverwaltungen bis zuletzt handelten. Mitunter wurde in den geheimen Rüstungsfabriken – im sprichwörtlichen Sinn – geradezu bis zur letzten Minute vor der Ankunft der Amerikaner gearbeitet.

Die Autoren der drei Publikationen haben aber nicht nur die zum jeweiligen Thema gehörenden Fakten zusammengetragen, sondern lassen den Leser auch über das Kriegsende hinaus blicken. So erfährt der Leser, wie die französischen Besatzer versuchten, aus den teuren Produktionsstätten des „Unternehmen(s) Wüste“ Nutzen zu ziehen. Berichtet wird aber auch über die oftmals eher zweifelhafte juristische Aufarbeitung der betreffenden Vorfälle durch die bundesrepublikanische Justiz. In „Die Trägödie von Brettheim“ finden sich dazu einige schon zynisch-grotesk anmutende Stilblüten von wichtigen Zeitgenossen des damaligen politischen Lebens, wie Franz Josef Strauss und auch Hans Filbinger – der Ende der 70er (von der Vergangenheit eingeholt) als „furchtbarer NS-Jurist“ Schlagzeilen machte.

Erschienen
2002
Seiten:
222
Verlag:
Siberburg-Verlag, Tübingen
Kennung:
ISBN 3-87407-508-7
Zusatzinfomationen:
€ 16,90 (D)

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