The Classic Film Music of Georges Auric, Vol. 3

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
22. April 2001
Abgelegt unter:
Sampler

Score

(5/6)

Der Schweizer Dirigent Adriano ist genau genommen „Der Pionier“ in Sachen Neueinspielungen klassischer (insbesondere europäischer) Filmmusiken auf dem Marco-Polo-Label. Bereits 1988 legte er die erste CD mit Filmmusiken Arthur Honeggers vor. Im Laufe der Zeit folgten neben drei weiteren Honegger-Alben, auch jeweils eines, das Filmmusiken von Jaques Ibert, Arthur Bliss und Golden Age Größen wie Bernard Herrmann und Franz Waxman gewidmet ist. Die genannten CD-Alben sind speziell wegen der Seltenheit des Gebotenen ihr Geld wert. Die Einspielungen hingegen vermögen zwar nicht immer völlig zu befriedigen, sind aber abgesehen von den etwas verunglückten Alben zu Rebecca (Waxman) und Jane Eyre (Bernard Herrmann) passabel. In seiner dem Komponisten Georges Auric gewidmeten CD-Reihe – von der erst kürzlich die Nummer vier erschienen ist (hierzu siehe auch meinen Auric-Artikel vom Dezember 1999) – ist die Qualität dagegen erheblich gesteigert.

Die ersten zwei Auric-CDs widmen sich der Zusammenarbeit des französischen Komponisten mit dem Regisseur Jean Cocteau. Besonders das erste Album mit La Belle et la Bête • Die Schöne und das Biest (1946) bringt eine impressionistisch gefärbte, faszinierend sinnliche Filmmusik zu Gehör und ist geradezu ideal für den Auric-Einsteiger.

Die Musik Aurics ist mit Termini wie frisch, luftig und neoklassizistisch treffend beschreibbar. Der Komponist vermeidet in der Regel große Melodie-Bögen und eine von Wagner geprägte Leitmotivik. Bevorzugt sind vielmehr kurze Motive, die oft raffiniert die einzelnen Orchestersektionen durchlaufen. Der Klang-Schöpfer hielt sich auch mit spätromantisch-üppigen tonmalerischen Effekten zurück, wobei allerdings gelegentlich (sanfte) Brückenschläge zum traditionell Gewohnten vorkommen, also nicht zwangsläufig ausgeschlossen bleiben – ein klarer Hinweis auf das Undogmatische im Kompositions-Konzept des Franzosen.

The Classic Film Music of Georges Auric, Vol. 3

Diese bereits im Vorjahr veröffentlichte CD bietet Musik aus drei Filmen:

Lola Montez (1955, Regie Max Ophüls) ist eine eigenwillig gestaltete Biographie der skandalumwitterten, schönen Tänzerin Lola Montez, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts Europa bereiste und berühmten Persönlichkeiten ihrer Zeit den Kopf verdrehte. Der Film schildert Lolas Leben in fortwährenden Rückblenden, ausgehend von einer der letzten Lebensstationen der „Femme fatale“, als sie Attraktion in einem Zirkus war. Die insgesamt sehr eingängige und angenehme Musik wirkt in Teilen recht ironisch. Die Partitur enthält auch mehrere charmante Walzer, wobei der „Farewell Waltz“ im Film ein Abschiedsgeschenk des berühmten Komponisten und Klavier-Virtuosen Franz Liszt ist. Daneben gibt es einige originelle Stücke für verschiedene Stationen der Filmhandlung: „Fandango“, „Cossacks“ und ein reizend-bieder wirkendes „Minuett“. Die starke Saxophon-Sektion des Orchesters unterstreicht das im Film bedeutende Element des Zirkushaften.

Notre-Dame de Paris •Der Glöckner von Notre Dame (1956, mit Anthony Quinn und Gina Lollobridgida) ist die im Vergleich zur 1937er Version von William Dieterle (mit Charles Laughton und Maureen O’Hara ) – trotz Technicolor und CinemaScope – eindeutig blassere Verfilmung des berühmten Romanstoffes von Victor Hugo. Aurics Musik ist im Film größtenteils kaum wahrnehmbar. Adriano hat in seiner Einspielung die wichtigsten sinfonischen Teile zu einer Suite zusammengefasst. Deren Höhepunkte sind: der „Main Title“ mit den vom Orchester tonmalerisch nachempfundenen Klängen der großen Kirchenglocken und eine gelungene sinfonische Fassung des pfiffigen „March of the Vagabonds“. Letzterer erklingt im Film in einer deutlich schwächeren choralen Version. Daneben gibt es noch eine kleine Suite mit recht modern klingenden Tanz-Stücken (für die schöne Zigeunerin Esmeralda), die für ein Ensemble aus zwei Harfen, zwei Gitarren und Cello gesetzt sind.

Farandole (1944) ist eine hierzulande wohl nahezu unbekannte französische Film-Version von „Der Reigen“ von Arthur Schnitzler. Die für ein recht kleines Orchester gesetzte Filmmusik ist weitab vom Hollywood-üblichen. Der Ton ist kammermusikalisch transparent, in Teilen komödiantisch und ironisch; eine charmante, spritzige Musik mit stark neoklassizistischem Einschlag.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Komponist:
Auric, Georges

Erschienen:
2000
Gesamtspielzeit:
33:33 Minuten
Sampler:
Marco Polo
Kennung:
8.225070

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