Krzysztof Penderecki (∗ 1933)
Der Name dieses für die Musik des 20. Jahrhunderts bedeutenden Polen steht bei vielen für kompromissloses und damit häufig abschreckendes Neutönertum. Davon liefern seine frühen, avantgardistischen, klangexperimentellen Werke (auf Vol. 1) einen Eindruck, so das kraftvolle und wahrhaft „spannende“, nachträglich den Opfern von Hiroshima gewidmete, berühmte Streicherstück „Threnody“ und ebenso die bis zur Geräuschgrenze vorstoßenden „Fluorescences“, die für eine außerordentlich große Besetzung geschrieben sind — eine, die selbst singende Säge und Schreibmaschine einschließt.
Allerdings hat sich der Komponist bereits seit 1962 gemäßigt, sucht seitdem in der Verbindung von Tradition und Avantgarde eine ihm zeitgemäß erscheinende Lösung. Penderecki kommentierte diese Wandlung Anfang der 90er Jahre: „Das erkundete Material ist erschöpft. Man hat alles zur Verfügung — kann also aus dem Vollen schöpfen. Das ist das Faszinierende von heute: Wir können auswählen, Mittel finden, die nicht mehr (nur) neue, nie vorhandene Effekte darstellen, da in diesem Sinne Neues nicht mehr vorstellbar ist. Wir können aber beginnen, anstelle neuer Erfindungen von Klang-Gags wieder Musik zu machen.“ Nicht überall ist dieses Bekenntnis des Künstlers auf Verständnis gestoßen: Ob man den Bruch mit den Dogmen der Avantgarde nun als reaktionär, als „Verrat“ oder eher notwendigen Schritt ansehen mag, sei dahingestellt. Tatsache ist allerdings, dass Penderecki kein Einzelfall ist: Zu denen, die nach zum Teil heftigen modernistischen Experimenten wieder ihren Frieden mit der Tradition machten, zählen Komponisten wie Richard Strauss, Sergej Prokofjew und auch Hans-Werner-Henze. Naxos Penderecki-Zyklus vereint die derzeit umfassendste Werkkollektion dieses wichtigen zeitgenössischen Komponisten unter einem Dach. Allein schon um vernünftig mitreden zu können, sollte jeder ernsthafte Musikfreund sich zumindest mit einigen CDs dieser Reihe auseinander setzen.
Für die in Pendereckis gemäßigten Werken aufscheinenden, an Mahler und Bruckner erinnernden Romantizismen steht nicht nur die so genannte „Weihnachtssinfonie“ (Sinfonie Nr. 2, auf Vol. 3). Deren eher irreführender Name rührt von der dreimal zitierten Eröffnungsphrase des Liedes „Stille Nacht“ her. Dieses bringt allerdings keinerlei Weihnachtsstimmung mit sich, sondern ist vielmehr nur Teil des verwendeten Themenmaterials — Penderecki beendete das Konzept zufällig Heiligabend (!) 1979. Musikalisch handelt es sich um ein ernstes, von seelischen und politischen Konflikten zerrissenes Werk. Zu den sehr lyrisch anmutenden Kompositionen zählen die beiden Violinkonzerte, die für den vorsichtigen, romantisch geprägten Entdeckungsreisenden vielleicht gar einen besonders einfachen Einstieg markieren.
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