Innerhalb eines halben Jahres gibt’s Pearl Harbor bereits zum zweiten Mal auf DVD: jetzt als um rund eineinhalb Videominuten verlängerten Director’s Cut. Das zusätzliche Bildmaterial findet sich primär in den Action-, aber auch in einer der Lazarett-Szenen des im Zentrum des Films stehenden Angriffs auf Pearl Harbor. Die ursprünglich recht sterilen Kampfszenen sind jetzt durch spritzendes Blut und eine Reihe von Splatter-Effekten härter und beklemmender geworden. Erstmals sieht man auch wie die im und unter Wasser treibenden Soldaten von MG-Garben getroffen werden und ebenso wie einige der auf der gekenterten „Oklahoma“ Eingeschlossenen ertrinken müssen. Die zwiespältige Wirkung des Gezeigten wird dadurch nicht geringer, im Gegenteil: das rambomäßig aufgesetzte Helden-Pathos und der „spontane“ Beifall der im Wasser um ihr Leben schwimmenden Matrosen zum Abschuss einer japanischen Zero, bilden zum verstärkten Realismus der Schlachtszenen einen umso peinlicheren Sportstadion-Kontrast.
Mag sich Jerry Bruckheimer auch im beiliegenden Booklet noch so sehr bemühen, der Filmproduktion einen ambitionierten, seriösen und außerdem erhabenen Anstrich zu geben – etwas geschaffen zu haben, das noch Generationen von Wert sein möge, er überzeugt mich immer noch nicht (hier verweise ich auf meinen Kommentar zum Film im Rahmen des Pearl-Harbor-Specials).
Das Beste bei der neuen Edition ist das stark erweiterte Zusatzmaterial, das jetzt auf zwei DVDs untergebracht ist, wobei die Werbung gar 14 Stunden (!) Bonusmaterial verspricht. Beim näheren Hinsehen zeigt sich, dass dabei die drei separaten Audiokommentare zum Film bereits mit rund 9 Stunden ins Gewicht fallen. Nun, auch ohne diesen etwas überdrehten Werbe-Gag, das jetzt stark erweiterte Zusatzmaterial ist in der Tat das Überzeugendste der neuen Edition. Neben weitreichenden Einblicken in die aufwändigen Special Effects (inkl. separat wählbaren Tonspuren für Musik und Soundeffekte) sind es die jetzt ausführlich vorhandenen Infos über den historischen Hintergrund, die eine Spitzenbewertung ermöglichen: Sowohl der Entwicklung des Verhältnisses zwischen Japan und den USA (beginnend in der Mitte des 19. Jahrhunderts „Wenn Kulturen aufeinander prallen – Von Perry zu Pearl Harbor“) als auch dem Vergeltungsschlag gegen Tokio im Frühjahr 1942, dem sogenannten „Dolittle-Raid“, sind sehr ausführliche Dokus gewidmet. Sämtliches Bonusmaterial ist dabei, soweit kein deutscher Ton vorhanden, sorgfältig deutsch untertitelt: So muss es sein!
Das beiliegende Booklet ist ein recht gut gemachter kleiner Leitfaden durch die Edition und enthält auch einen markanten Hinweis über den Verlust an Bildinformation bei einer (Pan-Scan)-Vollbild-Präsentation gegenüber dem korrekten Bild-Seitenverhältnis (Letterbox).
Das neue 3er-DVD-Set Pearl Harbor ist alles in allem eine in Sachen Filmpräsentation tadellose, in Sachen Bonusmaterial hervorragende DVD-Edition eines – trotz einer Reihe spektakulärer Einzelszenen – insgesamt blassen, in manchem peinlichen Films. Primär etwas für stolze Heimkinoanlagen-Besitzer, die ein weiteres Demonstrationsobjekt in Sachen Anlagen-Power für ihre DVD-Kollektion haben möchten.
Dieser Artikel ist Teil unseres Pearl-Harbor-Specials.
Mehrteilige Rezension:
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