Am 31. Oktober des Jahres 1517 schlug der spätere Reformator Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg. Entsprechend startete am Jahrestag 2003 der Film Luther in den deutschen Kinos.
Luther war treuer und gehorsamer Sohn der katholischen Kirche, kein Revolutionär, der die alte Ordnung zerschlagen wollte. Allein die starre Haltung der konservativen Kräfte um Pabst Leo X. und die Politisierung der Situation durch die Reichsstände – die den jungen Kaiser Karl V. schwächen wollten – gaben der Reformation Aufwind und führten letztlich zur Spaltung.
Regisseur Eric Till hat das Leben der historischen Figur in sorgfältiger Ausstattung und mit weitgehend überzeugenden Darstellern interessant in Szene gesetzt. Mag sich das Drehbuch auch gegenüber der Historie einige zu große Freiheiten herausnehmen, um ein plattes kirchlich gefördertes Propagandamachwerk handelt es sich hier nicht. Vielmehr entsteht vor den Augen des Zuschauers ein weitgehend lebendiges Abbild einer vergangenen Epoche, das, auch wenn klar vereinfacht, geeignet ist, Interesse zu erwecken und damit zur eingehenderen Auseinandersetzung mit den Fakten anzuregen. Auf dem Level sehr guten Schulfunks wird für ein breites Publikum Essentielles in Spielszenen überzeugend herübergebracht und Wichtiges zumindest angerissen: Beispielsweise die Problematik bei der – für die Entwicklung der deutschen Sprache so grundlegenden – Bibelübersetzung. Die dunkle Seite Luthers kommt hier etwas zu kurz, wobei sein problematisches Engagement zugunsten der Obrigkeit während der Bauernkriege in einem selbstzweiflerischen Monolog – anklingt.
Die Musik für diesen im Zeitalter der Renaissance spielenden Kostümstoff komponierte der Brite Richard Harvey (Animal Farm, Arabian Nights). Er verwendet ein modernes Orchester (angereichert mit alten Instrumenten) und baut seine Musik zugleich konsequent auf Stilschemata des ausgehenden Mittelalters auf, wobei Liturgisches natürlich einen besonders breiten Raum einnimmt. (Harvey ist ausgewiesener Kenner alter Musik und hat dabei die in Luther eingesetzten restaurierten – zeitgenössischen Instrumente selbst gespielt.) Höfischer Pomp bleibt dabei (stimmig) gegenüber religiöser Verinnerlichung weitgehend ausgespart. Über große Strecken wirkt die Musik deshalb wie eine Art Requiem für den berühmten Theologen, dessen historische Leistungen auch im Bereich der Kirchenmusik zu finden sind.
Das historisierende Klangidiom ist konzeptionell ansatzweise vergleichbar mit Arbeiten Miklós Rózsas, wie Ivanhoe (1952), aber auch mit den Vertonungen des Franzosen Georges Delerue, wie Thibaud the Crusader (1968). Die Musik zu Luther steht Delerues Agnes of God (1985) nahe, wobei Harvey die romantische Süße Delerues meidet, da seine Komposition ausschließlich die alten Kirchentonarten verwendet.
Hier musste der Komponist aus Budgetgründen sogar nach Lettland gehen, um sich ein echtes Orchester und Chor leisten zu können. Die Riga Kamamuziki und der lettische Rundfunkchor agieren unter dem Dirigat Richard Harveys tadellos und auch die Tontechnik hat das ihre zu dieser sehr überzeugenden Aufnahme beigetragen. So erhält der Käufer nicht allein ein klangschönes Film-Souvenir, sondern überhaupt eine stimmungsvolle und im Albumschnitt gut fließende Filmmusik-CD.