Lucienne: Voice of the Trumpet

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
17. November 2017
Abgelegt unter:
Klassik

Das Instrument als Ersatz für die Singstimme: „Voice of the Trumpet“ und „Silver Voice“

Die Trompeterin Lucienne Renaudin Vary (*1999) sowie die Flötistin Katherine Bryan (*1982) haben im jeweiligen Album, „Voice of the Trumpet“ & „Silver Voice“, sehr ähnliche Konzepte verwirklicht, nämlich ihrem Instrument eine besondere Stimme zu verleihen.

Mit „Voice of the Trumpet“ legt die gerade mal 18-jährige Französin Lucienne Renaudin Vary übrigens auf Warner Classics ihr Debutalbum vor. Es ist schon erstaunlich wie scheinbar mühelos und sicher sich die blutjunge, etwas frech und zugleich charmant-mädchenhaft wirkende Künstlerin in sehr unterschiedlichen Stilrichtungen zu bewegen vermag: vom Barock (Händels Ode for the Birthday of Queen Anne) über die Romantik (Donizettis Don Pasquale: Povero Ernesto) bis hin zu Swing/Jazz (z.B. Porgy & Bess: Summertime von George Gershwin) und Filmmusik/Musical (The Wizard of Oz: Over the Rainbow von Harold Arlen). Im entsprechend vielschichtigen musikalischen Programm wird nicht geschmettert, sondern vielmehr feinfühlig die jeweiligen Stimmungen geschmeidig und fein nuanciert ausleuchtend intoniert. In einigen Fällen erhält der auf dem Cover und dessen Innenleben in diversen kess-ungestümen Sturm-und-Drang-Posen abgebildete, hochtalentierte Nachwuchs Unterstützung von hochkarätigen Kollegen: vom Star-Tenor Rolando Villazón im Don Pasquale-Duett, vom Countertenor Christophe Dumaux beim Händel-Duett sowie zweimal (Barcarole aus Hoffmanns Erzählungen sowie Summertime) vom franco-helvetischen Trompeter Erik Truffaz. Das Orchestre National de Lille unter der Leitung von Roberto Rizzi Brignoli liefert dazu die kompetente Begleitung. Die sinnlich-warme, hallarme Akustik des Aufnahmeorts Le Nouveau Siècle im Zentrum von Lille wurde durch die sorgfältige Tontechnik vorzüglich eingefangen. Die melancholische Jazz-Ballade My Funny Valentine entlehnt aus dem Richard-Rodgers-Musical „Babes in Arms“ wird so zum besonders feinen Abschluss der CD, wenn Renaudin Vary ihr Instrument, ihrem erklärten Vorbild Chat Baker ähnlich, geradezu fantastisch samtig flüstern lässt.

Für Katherine Bryan (*1982) ist „Silver Voice“ zwar längst nicht das erste CD-Projekt, aber immerhin ihr Chandos-Debüt. Bryan ist insbesondere schottischen Konzertbesuchern bestens geläufig, da sie im in Glasgow ansässigen Royal Scottish National Orchestra seit dem 21. Lebensjahr die Stelle der ersten Flötistin besetzt. Das hinter „Silver Voice“ stehende Konzept ist, wie Bryan dazu selbst anmerkt, zu zeigen, wie sehr sich die Flöte der menschlichen Stimme annähern könne. So werden die entsprechend subtil für die Flöte transkribierten Stücke farbenreich und stets präzise vorgetragen, und entsprechend kompetent orchestral unterstützt, so dass das Zuhören unmittelbar zur Freude wird. Die Künstlerin interpretiert eine Sammlung von Arien und Konzertfantasien aus berühmten Opern, von Mozarts Zauberflöte über Puccinis Madame Butterfly bis hin zu Bizets Carmen. Neben Swingendem aus Porgy und Bess ist auch etwas seltener zu Hörendes wie Dvořáks „Rusalka“ mit von der Partie, und das Vilja-Lied aus Franz Lehárs Operette „Die Lustige Witwe“ hat ebenfalls einen Platz gefunden. Die versierte Begleitung von Frau Bryan erfolgte durch das im nordenglischen Leeds beheimatete Orchestra of Opera North unter der Leitung von Bramwell Tovey. Chandos-Toningenieur Ralph Couzens hat ebenfalls ganze Arbeit geleistet und die Klänge luftig und transparent in auch für Klang- und Technikfreaks interessanter hochauflösender 24-Bit/96 KHz Digitaltechnik eingefangen und auf SACD gebannt. Aber auch die im Double-Layer-Format wählbare CD-Version klingt vorzüglich.

Fazit: Auch wenn konzeptionell sicher nicht neuartig, so sind in beiden Fällen zwei spielfreudig dargebotene und abwechslungsreich zusammengestellte und somit sehr kurzweilige Soloalben herausgekommen. Wie elegant sie auch im Mix (!) funktionieren können, das lässt bereits der Vergleich beider Versionen von Summertime aus Porgy und Bess erahnen. Diese Musik ist vorzüglich zum Abschalten/Entspannen geeignet.

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Mehrteilige Rezension:

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Erschienen:
2017
Gesamtspielzeit:
71:40 Minuten
Sampler:
Warner Classics
Zusatzinformationen:
Lucienne Renaudin Vary, Trompete; Orchestre National de Lille, Dir.: Roberto Rizzi Brignoli

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