Koch Media Hammer Edition 01: Dracula und seine Bräute

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
20. Dezember 2008
Abgelegt unter:
DVD

Film

(3.5/6)

Bild

(4/6)

Ton

(3/6)

Extras

(4/6)

Brides of Dracula • Dracula und seine Bräute (1960) markiert den Startpunkt einer auch optisch markant gestalteten DVD-Reihe, gewidmet dem berühmten britischen „House of Horror“: die „Koch Media Hammer Edition“. (Die ebenfalls schon zuvor bei Koch Media erschienene Hammer-Produktion Vampire Circus • Circus der Vampire aus dem Jahre 1971 passt hier zumindest von der Präsentation nicht hinein.)

2740Brides of Dracula • Dracula und seine Bräute ging 1960 als Nachfolgefilm von Dracula, Prince of Darkness (1958) an den Start. Mit dem letztgenannten Film hat Hammer das bereits in den 1930ern und 1940ern von Universal im wahrsten Wortsinn (!) ausgeschlachtete und zu Tode gerittene Genre nicht nur wiederbelebt. Die Mythen der Gruselromantik wurden dabei erstmalig grundlegend und in Teilen auch neu definiert. Um den ganz spezifischen Hammer-Stil hat sich besonders der Drehbuchautor Jimmy Sangster verdient gemacht. Dabei wurde die Figur des Vampirgrafen Dracula wieder stärker an Bram Stokers Romanvorlage angenähert als in Tod Brownings zwar berühmter, allerdings völlig skurril und letztlich trashig wirkender Kino-Version von 1930, Dracula, die sich nicht am Roman (!), vielmehr an einem Bühnenstück orientiert. Das Einzige, was man der m. E. arg überschätzten Tod-Browning-Version zuerkennen muss, ist die für eine Reihe atmosphärisch sehr gelungener Einstellungen verantwortliche Kameraarbeit des berühmten deutschen Stummfilmkameramannes Karl Freund — siehe auch Der letzte Mann (1924).

Gewisse Akzente wurden aber auch neu interpretiert oder zumindest merklich anders betont. So bedeutet in den Hammer-Filmen das Sonnenlicht für einen Vampir das Ende (wie auch in Murnaus Nosferatu), während dieses den Unhold in Stokers Roman nur zu schwächen vermag. Ebenso wurde die Vorstellung von aggressiv bissigen Vampiren mit auffallend langen Eckzähnen gerade von den Hammer-Produktionen kultiviert und nachhaltig im Bewusstsein der Zuschauer implantiert. Entsprechendes gilt für das genüssliche Pfählen der untoten Beißer. Gegenüber den in Schwarz-Weiß gedrehten Universal-Filmen nutzten die Hammer-Produktionen eben auch von Anfang an die Möglichkeiten der Farbe zur visuellen Gestaltung der Atmosphäre und natürlich auch der Schockmomente. Blut im Farbfilm ist nun einmal eindrucksvoller und schauriger als im schwarz-weißen Kinofilm. Die speziell auf die Hammer-Filme zurückgehenden, dort definierten Regeln bestimmten die Machart von Genreproduktionen für rund zwei Dekaden und selbst in Produktionen jüngster Zeit, wie den Dracula-Trilogien von John Carpenter bzw. Wes Craven, besitzen sie (wenn auch in modernisierter Form) noch weitgehend Gültigkeit.

Sangster hat übrigens in den winzigen Hammer Studios, gelegen in Bray an der Themse in Buckinghamshire, geradezu eine Selfmade-Bilderbuchkarriere hingelegt: indem er sich vom Laufburschen bis zum Produktionsleiter hocharbeitete. Ebenso bedeutend war die Wahl des ausführenden Regisseurs Terence Fisher, eines ehemaligen Offiziers der Handelsmarine, der 1933 zum Film gekommen war. Ironischerweise hatte Fisher vor seinem Horror-Regiedebüt bei Hammer — mit Curse of Frankenstein • Frankensteins Fluch (1956) — bei den renommierten Gainsborough Film Studios brave Komödienstoffe realisiert.

2742In den frühen Hammer-Vampirfilmen bricht der übernatürliche Schrecken in eine scheinbar heile, gemütliche, aber auch prüde viktorianische Welt ein, die ebenso wichtiger Teil der Hammer-typischen Inszenierung ist. Deren Szenerien sind mit großer Sorgfalt detailgenau dargestellt. So wurde der charakteristische, typisch britisch-viktorianische Hammer-Plüsch und damit eine sorgfältig und detailgetreu inszenierte Atmosphäre inklusive der integrierten Elemente gotischen Horrors wiederum zu einem der Markenzeichen besonders der frühen Verfilmungen. Ein Merkmal, das seinerzeit für Produktionen mit eher kleinen Budgets äußerst ungewöhnlich war. Hierbei war der Produktions-Designer Bernard Robinson die entscheidende schöpferische Kraft.

Zwei ebenfalls mit den Hammer-Horror-Produktionen verbundene Namen, die das Bild vom romantischen Blutsauger und seinen Jägern beim Zuschauer bis heute unauslöschlich geprägt haben, müssen an dieser Stelle noch genannt werden: Der von italienischen Vorfahren blauen Blutes abstammende Christopher Lee als Dracula und Peter Cushing als sein etwas verknöchert wirkender Jäger Dr. Van Helsing. Die von Sangster ausgearbeitete Rolle Draculas und deren Interpretation durch Lee unterstrichen auch das morbide Bild Stokers vom Vampir als auf den ersten Blick verführerischer, erotisch anziehender Persönlichkeit — etwas, das John Badham in Dracula (1979, Musik: John Williams) noch wesentlich deutlicher herausgearbeitet hat.

Auch in Dracula und seine Bräute führte Terence Fisher Regie. Kurioserweise kommt im Nachfolgerfilm der wohl berühmteste Vampir der Kinogeschichte, Dracula, überhaupt nicht vor, durfte nur für den Titel herhalten. Entsprechend taucht auch Hammers „Prince of Darkness“, Christopher Lee, nicht auf. Dafür ist allerdings Peter Cushing als Dr. Van Helsing wieder mit im Boot.

2743Als Blutsauger fungiert hier David Peel. Er verkörpert den jungen Baron Meinster, der, angeblich durch schlechten Umgang zum Vampir geworden, von seiner Mutter (Martita Hunt) als Gefangener gehalten wird. Er betört eine nichts ahnende Besucherin mit seinem Charme, wird von ihr befreit, und das Unheil nimmt seinen Lauf.

Trotz des Fehlens von Christopher Lee zählt Dracula und seine Bräute zu den besonders gelungenen Hammer-Produktionen. Besonders detailgetreue und zugleich farbenfreudige Dekors sowie Kostüme und eine stimmungsvolle Atmosphäre bestimmen einen für Freunde des klassischen Vampir-Horrors sehr ansehnlichen Film. Höhepunkt und Finale ereignen sich bei einer Windmühle. Hier wartet der Film mit einigen gelungenen Regieeinfällen auf und erinnert ein wenig an James Whales Frankenstein (1931).

Zu den Dingen, die den Liebhabern des soliden Hammer-Horrors Freude bereiten, gehören aber auch die offensichtlichen Unzulänglichkeiten dieser Produktion(en). Da ist einmal der ausgeprägte Studiotouch der allermeisten Einstellungen und die ebenso auf das Konto der kleinen Budgets gehenden ordentlichen, aber natürlich klar erkennbaren Modelltricks. Spätestens wenn die Vampirfledermaus deutlich sichtbar an Fäden hängend vorüberschwirrt, ist auch das erste Lächeln angesagt.

Originellerweise wagte sich im Jahr von Hammers erstem Triumph mit Dracula ein unabhängiges Studio, Dark Sky Films, ebenfalls auf das Terrain der Blutsauger mit Blood of the Vampire • Der Dämon mit den blutigen Händen (1958, Musik: Stanley Black). Das für seine Zeit recht sadistische Szenario entwarf wiederum Jimmy Sangster.

3008Zumindest eine Erwähnung verdient die in Teilen durchaus stimmungsvolle Filmmusik des gebürtigen Australiers Malcolm Williamson (1931-2003). Dracula und seine Bräute bildete das Debüt im sehr kleinen filmmusikalischen Œuvre eines im Bereich von Oper und Konzertmusik besonders interessanten Tonsetzers.

Die DVD-Edition von Koch Media

Koch Medias Einstieg in die Reihe mit Hammer-Produktionen ist sehr respektabel geraten. Die konventionelle DVD-Box kommt in einem mit farbig üppigem Plakatmotiv versehenen Pappschuber daher. Das macht Eindruck und besitzt zugleich beträchtliches Nostalgiepotenzial.

Ohne Tadel präsentiert sich der Film. Das gut durchzeichnete Bild (Format: 1 : 1,85) besitzt fast durchweg gute Schärfe und satte Farben. Der sauber abgestufte Kontrast und die erkennbare Detailvielfalt in den recht aufwändig gestalteten Interieurs und Kostümen sorgen für ungetrübten Sehgenuss. Solide ist auch der saubere Mono-Ton, wählbar in Deutsch und Englisch. Hinzu gibt’s noch einen Originaltrailer in anständiger Qualität, ein paar Radiospots sowie eine Bildergalerie.

Das 13-seitige Begleitheft bietet über fünf Seiten einen mit soliden Infos versehenen Artikel von Uwe Huber. Auf der vorletzten Seite findet sich noch eine feine Zugabe: Eine Liste der Figuren, ihren Darstellern und die entsprechenden deutschen Synchronsprecher. Eine Reihe von fast durchweg farbigen Illustrationen rundet den guten Eindruck ab. So z. B. über eine Doppelseite David Peel als Baron Meinster in schauriger Vampirpose: mit rot unterlaufenen Augen, blutgierigem Blick und ebenso blutigen Eckzähnen.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2008[.

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Regisseur:
Fisher, Terence

Erschienen:
2007
Vertrieb:
Koch Media DVD
Kennung:
DVM000341D
Zusatzinformationen:
USA 1960

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