I Spy

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
29. April 2003
Abgelegt unter:
CD

Score

(4.5/6)

Tennisschläger und Kanonen

I Spy • Tennisschläger und Kanonen ist eine TV-Serie der NBC, die zwischen 1965 und 1968 in den USA ausgestrahlt worden ist. Robert Culp als Profi-Tennisspieler Kelly Robinson und sein dunkelhäutiger Trainer und Teamkollege Bill Cosby als Alexander Scott agierten – damals ein Novum – als gleichberechtigte Partner. Insbesondere die humorvolle deutsche Synchronisation machte die Serie hierzulande zu einem Publikumserfolg.

Die Musik komponierte zum Großteil der 1919 geborene Earle Hagen, ein versierter Posaunist, der in berühmten amerikanischen Big Bands, wie der von Benny Goodman und Tommy Dorsey, mitgewirkt hat. Zwischen 1946 und 1953 arbeitete Hagen als Arrangeur bei 20th Century Fox unter Alfred Newman. 1953 verließ er Fox zusammen mit Herbert Spencer (dem späteren Orchestrator von John Williams), und sie gründeten ihr eigenes Musikunternehmen für TV-Vertonungen.

Üblicherweise wurden Fernsehserien und -Shows größtenteils mit in Europa eingespielter Archivmusik (so genannten stock music libraries) unterlegt – eine Vertonungspraxis, die aus der Stummfilmära stammt. Erstaunlicherweise sind für sämtliche 82 Folgen von I Spy nur speziell komponierte Filmmusiken verwendet worden. Für 53 Folgen zeichnet Earl Hagen verantwortlich und immerhin 26 vertonte Hugo Friedhofer (siehe Friedhofer-Special). Friedhofer unterstützte Hagen auch bei den Orchestrierungen der Scores für die erste Serienstaffel.

Hagens auf Big-Band-Standards (Blechbläser, Schlagzeug und Holzbläser) basierende Vertonungen erweisen sich als erstaunlich vielseitig und auch experimentell. Hagen bezeichnete sein Ausgangs-Idiom als „Semi-Jazz“, erweiterte sein Ensemble aber z. B. durch eine Streichersektion und näherte seine Kompositionsweise stärker einem traditionell sinfonischen Stil an, wenn es der Stoff erforderte.

Die vorliegende CD präsentiert Musik aus den beiden ersten Staffeln und stellt die sorgfältige Arbeitsweise für diese „nur“ Fernsehmusiken klar hörbar unter Beweis. Neben eher leichtgewichtigeren jazzigen Big-Band-Sounds (gelegentlich eingestreute Popelemente inklusive) findet sich bemerkenswerte Vielseitigkeit im folkloristischen Klangkolorit für die über den Globus weitverstreuten Schauplätze – anders als bei The Man from U.N.C.L.E. wurden die Außenaufnahmen der exotischen Schauplätze dagegen ausschließlich im Studio realisiert.

Die den Serienfolgen zugeordneten Schauplätze (auf der vorliegenden CD: Hong Kong, Japan, Mexico, Burma und Spanien) spiegeln sich in jeweils sehr individuell zugeschnittenem und charakteristisch klingendem ethnischen Kolorit wider. Die in Burma spielende Folge „The Warlord“ hat ein wenig das exotischen Flair von Herrmanns [url id=1016]Anna and the King of Siam[/url], und in der in Hong Kong spielenden Folge „So Long Patrick Henry“ fehlt auch ein originelles Zitat des James-Bond-Themas nicht. Und in „Mainly on the Plains“ klingt es nicht allein überzeugend spanisch. Die einprägsamen von Streichern getragenen Melodien werden mitunter im gleichen Track mit schickem Swing kombiniert. Der Klang ist vorzüglich und das meiste Musikmaterial liegt sogar in erstklassigen 3-Kanal-Stereo-Aufnahmen vor.

Keinesfalls kann hier also von eher simpler fernsehtypischer musikalischer Einheitssoße gesprochen werden. Wie die Musiken zu The Man from U.N.C.L.E. oder auch zu den beiden Derek-Flint-Filmen Our Man Flint und In Like Flint bleibt auch das für I Spy Komponierte einer primär jazzigen Big-Band-Unterhaltung verpflichtet. Oder entpuppt sich in Teilen als mit Jazzigem angereicherte pop-sinfonische leichte Unterhaltungsmusik. Unterm Strich zeigt dabei dieses erste CD-Album zu I Spy – gerade durch die liebevoll eingearbeiteten Exotismen – ein Stück größere Vielseitigkeit und auch größere Eingängigkeit. Die CD dürfte daher bei manchem bevorzugt im CD-Spieler landen.

Wertungsmäßig 3,5 Sterne mit der Tendenz zu 4 Sternen. Den Ausschlag nach oben liefert hier das – in meinen Augen – besonders reizvolle und informative Booklet. Auch das mit kompetenten Texten von Jon Burlingame versehene Begleitheft zur Doppel-CD The Man from U.N.C.L.E. ist keinesfalls zu verachten, der Charme und die Informationsdichte des Beiheftes zur I-Spy-CD werden aber doch nicht ganz erreicht.

Unterm Strich sind diese CD-Editionen für die wohl recht zahlreichen Serien-Fans natürlich Schmuckstücke und ein absolutes Muss. Abseits vom Nostalgischen bieten sie aber auch interessante (Hör-)Einblicke in den musikalischen Zeitgeist der 60er Jahre.

siehe auch Jerry Goldsmith: Studs Lonigan, Our Man Flint/In Like Flint und The Prize


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Komponist:
Diverse

Erschienen:
2002
Gesamtspielzeit:
77:57 Minuten
Sampler:
FSM
Kennung:
FSM Vol. 5 No. 10

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