House of Flying Daggers (Premium Edition)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
9. August 2005
Abgelegt unter:
DVD

Der chinesische Regisseur Zhang Yimou (Das rote Kornfeld, Hero) hat mit House of Flying Daggers ein visuell opulentes Produkt des chinesischen Martial-Arts-Kinos (wuxia) in Szene gesetzt. Angesiedelt in einem China, das nach mitteleuropäischer Zeitrechnung mittelalterlich genannt werden müsste, spielt seine nach westlicher Lesart in die Kategorie Mantel- und Degengeschichte gehörende Dreiecksgeschichte. Gegen die abgewirtschaftete Tangdynastie regt sich Widerstand: Der Geheimbund „House of Flying Daggers“ verübt Anschläge gegen die korrupte Regierung des unfähigen Kaisers. Zwei Polizisten, Leo (Andy Lau) und Jin (Takeshi Kaneshiro), erhalten den Auftrag, innerhalb von nur zehn Tagen den Anführer der Rebellen zu entlarven. Die schöne, blinde Tänzerin Mei (Zhang Ziyi) entpuppt sich als Mitglied des Geheimbundes. Jin erhält den Geheimauftrag, Mei aus dem Gefängnis zu befreien und ihr Vertrauen zu gewinnen. Anfänglich scheint der Plan zu gelingen, doch Jin verliebt sich, und im weiteren Verlauf ist (fast) nichts so, wie es anfänglich scheint.

In der vor den Augen des Zuschauers ablaufenden Dreiecksgeschichte gibt es durchaus Parallelen zum vom westlichen Kino Gewohnten, so im betont Melodramatischen. Die völlig (!) wider die Gesetze von Schwerkraft und Logik gerichteten, einfach überzogen anmutenden Kampf- und Tanzkünste sind wohl besonders das, an dem sich hierzulande die Geister scheiden. Da laufen die ansonsten nicht gerade übernatürlich wirkenden Protagonisten nicht allein senkrecht die Wände hoch. Sie vollbringen außerdem mehr als nur olympiareif zu bezeichnende Sprünge. Ebenso werden Dolche nicht allein über riesige Distanzen erstaunlich treffsicher geworfen. Sie dürfen dabei auch mal groteske Kurven fliegen und treffen ihr Ziel trotzdem punktgenau. Und auch das rund fünfminütige „Echo-Spiel“, wo die blinde Mei rein akustisch erkennen muss, welche der um sie in einem Kreis positionierten Trommeln von einer Bohne getroffen wurde, um besagte anschließend (in einer Art Schleiertanz) ebenfalls zu berühren, gehört in diese Kategorie unglaublich wirkender fernöstlicher Kung-Fu-Märchenästhetik.

Verglichen wird Derartiges mitunter mit dem Genre Western. Die oftmals unbeholfen und klischeehaften Figuren in den Western von gestern durften zur leichteren Identifikation (böse) schwarze und (gute) weiße Hüte tragen und mitunter auch öfter mit dem Revolver herumballern als Patronen in die Trommel passen. Von den schlichtweg unmöglichen Aktionen ihrer fernöstlichen Kollegen wagten sie aber wohl kaum zu träumen. Als zum Vergleich stimmiger erscheint das Fantasy-Genre. Sind dabei die außergewöhnlichen Fähigkeiten noch auf den Superhelden und spezielle Bösewichte beschränkt, sind in den fernöstlichen Pendants praktisch sämtliche Träger der Handlung damit ausgestattet.

Andächtiges, bewunderndes Staunen oder irritiertes Kopfschütteln, das dürfte hierbei wohl für viele Betrachter die letztlich entscheidende Frage sein. In den hier in Serie präsentierten Extrema des für den Westeuropäer (und auch Amerikaner) schlichtweg Unmöglichen, stößt eine westliche Sichtweise auf Kinofilm und damit auch eine sinnvolle Bewertung im Kontext schlichtweg auf ihre Grenzen. Diese Art von Traumfabrik muss man mögen oder kann sie wohl nur achselzuckend meiden.

Von mangelnder Professionalität in der Umsetzung kann man hier aber gewiss nicht sprechen. Dies betrifft sowohl die Choreographie als auch die Ausstattung. Die Bilder des zugleich opernhaft und kammerspielartig anmutenden Spektakels sind technisch zweifellos prächtig und nicht allein in den Kostümen auch farbenprächtig inszeniert. Da dominiert im Bambuswald das Grün derart, das selbst die Gesichter dezent fahl erscheinen. An schönen und farbdramaturgisch eindrucksvollen Bildern mangelt es gewiss nicht, und ebenso sorgfältig hat auch die Tontechnik gearbeitet.

Für Freunde des Eastern sind die DVD-Editionen des in China sehr erfolgreichen Streifens gemacht. Neben der nur mit einer knapp viertelstündigen Featurette als Bonus aufwartenden Einzel-DVD-Ausgabe ist House of Flying Daggers ebenfalls (in vergleichbarer Aufmachung wie Alexander) als mit recht üppigen Extras ausgestattete Premium Edition mit zwei DVDs erhältlich. Neben einem 45-minütigen Making of gibt’s eine Fülle kleinerer Segmente: unter anderem das Musikvideo „Lovers“ mit Kathleen Battle, TV-Spots, Internationale Trailer sowie Storyboards, Filmrequisiten und eine Bildergalerie.

Den Film präsentieren beide DVD-Ausgaben in visueller Üppigkeit, wobei allerdings des Öfteren ein deutliches Quantum an Detailschärfe fehlt. Insofern fehlt es den insgesamt zweifellos sehr ansehnlichen Bildern am entscheidenden Tick an Brillanz, um die Fünf-Sterne-Marke zu erreichen, geschweige denn diese zu überschreiten. Dass es sich hierbei keinesfalls um gravierende, sondern allein um Einschränkungen in der Spitze handelt, sollten die immerhin vergebenen viereinhalb Sterne hinreichend deutlich machen. Uneingeschränkt fünf Sterne verdient hingegen der sowohl in AC3-5.1 als auch in dts abrufbare sorgfältig verräumlichte Ton.

Den musikalischen Rahmen für das chinesische Epos schuf der Japaner Shigeru Umebayashi. Seine Komposition ist eine stark mit traditionellem chinesischem Instrumentarium durchsetzte, partiell mit Elementen westlicher Sinfonik angereicherte Musik. Für das Opernhafte im Film steht die Gesangseinlage der Diva Kathleen Battle in einem ein bisschen auf Isoldes Liebestod verweisenden Arrangement des Liebesthemas in „Lovers“.

Insgesamt vermeidet Umebayashi sowohl standardisierten Ethnokitsch als auch überzogenen orchestralen Bombast. Neben einigen sehr rhythmisch-exotisch orientierten, eher atmosphärischen und stark bildbezogenen Stücken, wie „Echo-Game“, findet sich eine angemessen solide, eher subtil zurückhaltend agierende filmmusikalische Untermalung. Die im (annähernd) frischen Bambusgrün gehaltene CD sorgt für eine stimmungsvolle Wiederbegegnung mit dem Film, ist für die Freunde von Zhang Yimous Leinwandepos sicherlich ein besonders reizvolles Souvenir.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Regisseur:
Yimou, Zhang

Erschienen:
2005
Vertrieb:
Constantin Film
Kennung:
DVD HC083158 [Premium Edition, 2-DVDs]
Zusatzinformationen:
China 2004

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