Seit heute, dem 14.11.2002, kann jetzt der 2. Teil der auf sieben Folgen angelegten Reihe um den derzeit wohl berühmtesten (schottischen) Zauberlehrling bewundert oder aber auch belächelt werden. In Harry Potter and the Chamber of Secrets • Harry Potter und die Kammer des Schreckens sind weitere Abenteuer der von Daniel Radcliffe verkörperten Titelfigur im neuen Schuljahr in „Hogwarts Zauberschule“ zu begutachten. Wie kaum anders zu erwarten, sollen diese das im ersten Film zu Sehende noch deutlich übertreffen: mehr Special Effects, Humor und Action sind angesagt.
Bereits seit dem 11.11.2002 wartet auch die CD mit der Musik von John Williams in den Geschäftsregalen auf ihre Liebhaber. Zu dem, was in den rund 70 Album-Minuten vom London Symphony Orchestra und The London Voices geboten wird, gibt’s sehr Positives zu vermelden. Selbstverständlich knüpft die Musik stilistisch beim ersten Film, Harry Potter and the Sorcerer’s Stone, an, und das bereits zur zugehörigen CD-Veröffentlichung Geschriebene gilt hier ebenso. Auch diese Musik bringt nicht grundsätzlich Neuartiges zu Gehör, geht über bewährte musikalische Standards nicht hinaus. Jedoch, deswegen einfach von blasser Routine oder gar Selbstplagiat zu sprechen, wäre unfair. Hört man beide Harry-Potter-CDs nacheinander, zeigt sich, wie inspiriert und ebenso liebevoll die Musik auch zum zweiten Film geraten ist. Trotz eindeutiger Verwandtschaft ist erheblich mehr dabei herausgekommen als nur ein „blasser Aufguss“ der Musik des ersten Filmteils. Wem die zauberhafte Atmosphäre von Peter Tschaikowskys Nussknacker-Ballett behagt, der kommt auch hier wieder voll auf seine Kosten. (Der für die glitzernden Celesta Soli Verantwortliche, Randy Kerber, ist vielbeschäftigt.)
Altmeister John Williams ist bei der Ausarbeitung der Partitur vom versierten Orchestrator William Ross unterstützt worden. Stilistische Brüche sind nicht heraushörbar, alles wirkt gekonnt, wie aus einer Hand. Die musikalischen Themen des ersten Filmteils klingen dezent an, werden aber nicht überstrapaziert; der Komponist vermochte ihnen vielmehr weitere geschickte Varianten abzugewinnen. Hinzu kommt auch neues thematisches Material, von dem das charmante für „Fawkes the Phoenix“ vergleichbare Ohrwurmqualität besitzt, wie seinerzeit „Jodas Thema“ aus The Empire Strikes Back (1980); sehr hübsch ist auch das für „Dobby the House Elf“, und „Introducing Colin“ knüpft als reizvolle Variante an die weihnachtliche Szenerie im ersten Film an. Alte und neue Themen werden – in gewohnt perfekter Williams-Manier – raffiniert verarbeitet und in ein ausgefeiltes und effektvolles klangliches Gewand gekleidet, das beim sehr überzeugenden Endergebnis das Tüpfelchen auf dem „i“ ausmacht. Und ebenso virtuos wird das bei derartigen Filmvertonungen unentbehrliche „Mickey-Mousing“ gehandhabt.
An diesem CD-Album wird auf Anhieb sicherlich ein größerer Hörerkreis seine Freude haben können, als an des Maestros letztem, erheblich sperrigerem Hör-Streich zur düsteren Science-Fiction-Vision Minority Report – der deswegen jedoch keinesfalls weniger „wert“ ist. Hier bewies der alte Fuchs, dass er noch nicht zum alten Eisen gehört, seine Klangpalette flexibel zu handhaben versteht, und auch zu Erweiterungen derselben fähig ist. Beim neuen Harry-Potter erweist sich Williams als nach wie vor souveräner Klangzauberer, inspirierter Melodiker und erstklassiger Handwerker. Es macht ihm offenbar viel Spaß, derart leuchtkräftige, klangsinnliche und damit unmittelbar ansprechende Musik zu komponieren. Letztlich gilt wohl auch: Dies ist die Art von Musik, die in besonderem Maße dafür verantwortlich ist, dass die Zahl der Freunde der Filmmusik auch weiterhin zunehmen wird.
Das CD-Album zu Harry Potter and the Chamber of Secrets gibt es mit insgesamt fünf unterschiedlichen Cover-Motiven: Offenbar hat ein eher zweifelhaftes Marketing-Experiment bei der CD-Veröffentlichung von Star Wars: Episode II – Attack of the Clones genug Kasse gemacht und zur Nachahmung angeregt.