Der Klassik-Tipp VI-2021: Aus der Frühphase Rafael Kubelíks (1914–1996)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
9. November 2021
Abgelegt unter:
Klassik

Diverse Kritikermeinungen sind sich darin einig, dass die Exzellenz der Kubelík’schen Dirigate erst in den 1960er Jahren begann, als er von 1961 bis 1979 Chefdirigent des Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks war, welches er zugleich über die Jahre zum Klangkörper der Topkategorie formte. Diese spätere Ära ist diskografisch fast ausschließlich durch die Deutsche Grammophon abgedeckt. Inwieweit in den beiden ansprechend aufgemachten Box-Sets mit frühen Dirigaten aus der von Universal Music Australia vorgelegten Reihe Eloquenz nun allerdings eher durchschnittliche Interpretationen versammelt sind, ist allein dadurch freilich nicht belegt. Mir sind beim Durchhören beider Sets jedenfalls keine markanten Schwachstellen aufgefallen, und somit gestaltete sich das gesamte Hörerlebnis zur ungetrübten und spannenden Entdeckungsreise. Als der 36-jährige Kubelík 1950 nach Chicago kam war er ja beileibe kein unbeschriebenes Blatt mehr, sondern verfügte bereits über beeindruckende Referenzen. Die Begegnung mit diesen Archivschätzen ist aber auch dahingehend interessant, in den Interpretationen des zweifellos in Teilen noch tastenden, im Reifungsprozess befindlichen, recht jungen Künstlers für sich die Teile ausfindig zu machen, welche bereits den unbestrittenen Könner vorausahnen lassen.

Neben der künstlerischen Qualität spielt bei beiden Sets noch ein weiterer Aspekt eine mitentscheidende Rolle: die gegenüber dem von der 78er Schellackplatte Gewohnten hervorstechenden, in Teilen geradezu revolutionären aufnahmetechnischen Fortschritte in der ersten Hälfte der 1950er Jahre. Unterm Strich kommen damit zu den allein schon bemerkenswerten interpretatorischen Aspekten in Rafael Kubelíks frühen Aufnahmen zusätzlich noch ebenso eindrucksvolle Einblicke in die Frühphase der Hi-Fi-Ära inklusive des Übergangs von mono- zu stereofoner Aufnahmetechnik hinzu.

Rafael Kubelík war immer ein besonders zurückhaltend und bescheiden auftretender Künstler, einer der nie derartigen medialen Rummel um seine Person angestrebt oder inszeniert hat, wie einige andere seiner berühmter gewordenen Kollegen. Dass er somit in Teilen heutzutage auch als eher unterschätzt gelten darf, liegt auf der Hand. Diese beiden Box-Sets bilden einen feinen Einstieg, um mit diesem Fehlurteil aufzuräumen.

 


Rafael Kubelík: Complete Decca Recordings

Auf den allerersten Blick ist dies vielleicht die etwas weniger spektakuläre der beiden Rafael-Kubelík-CD-Box-Sets des australischen Ablegers von Universal Music. Doch ein zweiter, tieferer Blick auf das insgesamt Gebotene zerstreut eventuelle Bedenken. Die ersten acht der insgesamt 12 Datenträger vereinen Kubelíks Decca-Aufnahmen von 1954 bis 1959 in einem Mix aus überwiegend gut bis sehr gut klingenden Mono- bzw. Stereoeinspielungen … weiterlesen


Rafael Kubelík: The Mercury Masters

„The Mercury Masters“ widmet sich den Tonaufzeichnungen aus Kubelíks Wirken beim Chicago Symphony Orchestra (CSO) in den Jahren 1950 bis 1953. Als der 36-jährige Kubelík die Nachfolge für Artur Rodzinski beim CSO antrat, hatte er dieser Position den Vorzug gegenüber der Nachfolge von Sir Adrian Boult als Chefdirigent des BBC Symphony Orchestra eingeräumt … weiterlesen


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