Das Böse steht noch einmal auf

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
13. Dezember 2008
Abgelegt unter:
Lesen

Nicht mehr ganz neu, sondern zwischenzeitlich in der 2. Auflage erhältlich, aber immer noch originell: Christian Georg Salis’ „Das Böse steht noch einmal auf“. Im handlichen Büchlein hat sich der Autor darüber ausgelassen, was wohl praktisch jedem Kinogänger nicht nur (unterschwellig) geläufig ist. Es geht um die kinoeigene Welt der berühmt-berüchtigten Filmklischees. In 27 stichpunktartig skizzierten Themenbereichen zählt Salis annähernd 500 derart standardisierter Filmsituationen auf. Zu Teilen davon sind Filmbilder als Illustration vertreten.

Ins Kino gehen ist eben nur bedingt eine Angelegenheit der Überraschungen. In vielem spielt das Vertraute, eben die besagten Klischees, eine wichtige Rolle. Das Böse steht immer nochmals auf! Das gilt häufig auch dann, wenn es bereits dahingeschieden ist. Dafür stehen nicht nur die Freddy-Krüger-Reihe (A Nightmare on Elm Street) oder die Halloween-Filme. Mitunter übertreibt es die Regie damit aber auch: z. B. in Martin Scorseses Remake von Cape Fear • Ein Köder für die Bestie (1962). In besagtem Kap der Angst (1991) ist das fast schon permanente Wieder-Aufstehen des gefährlichen Killers im Finale schon ermüdend.

Böses geschieht im Kino nur selten unvermittelt. In der Regel wird das drohende Unheil zuvor durch aufziehende dunkle Wolken, unheilvolles Donnergrollen und/oder Wetterleuchten inklusive, angekündigt. Das gilt auch für die Anfang 2009 bei uns an den Start gehende Stauffenberg-Verfilmung Bryan Singers, Valkyrie, wenn über Hitler gesprochen wird.

Aber nicht nur um das Böse geht es hier, eben auch um harmlose Dinge wie, dass aus Einkaufstüten regelmäßig Baguettes herausragen; dass Asiaten bevorzugt Aphorismen zitieren; dass Hunde fast immer auf Schuhe oder Hosen pinkeln; dass selbst in dicksten Wälzern in Sekundenschnelle die gesuchte Seite gefunden wird oder dass Superhelden wie James Bond anstellen können, was sie wollen, ohne dass ihnen außer ein paar Schrammen etwas passiert.

Nun, derartige Klischees sind nicht unbedingt lächerlich oder gar penetrant. Sie sind häufig ein geradezu unverzichtbarer Teil filmischer Inszenierung. So setzt z. B. nur ein Blick in eines jener Fenster der Seine-Metropole, in denen sich immer der Eiffelturm spiegelt, eben auch unmittelbar ein markantes Signal; eines, das ohne viele Worte oder zusätzliche Erklärungen signalisiert, wo sich der Zuschauer befindet. Mitunter wird dieses Klischee dann auch mal selbst auf die Schippe genommen: So wenn Stephen Sommers in seinem satirischen Remake des 1931er Boris-Karloff-Horrorklassikers The Mummy (1999) dem Kinogänger sein Ägypten auch mal durch herumstehende Sphinx nebst Pyramiden suggeriert, wo es diese in der Realität nicht gibt. In der Filmtrilogie Fluch der Karibik funktionierte übrigens ohne die zwischendurch geradezu in Serie Revue passierenden, oftmals auf die Spitze getriebenen Kinoklischees die Unterhaltung praktisch überhaupt nicht.

Und das ist es, was bei der Publikation von Salis etwas auf der Strecke bleibt. Das ist nun kein Vorwurf, nur darf man eben nicht alles, was es zu lesen gibt, allzu ernst nehmen. Anstelle jedes der zitierten Klischees auf die Goldwaage zu legen, sollte man den Band vielmehr als humoristisch überspitzte Unterhaltung ansehen. Anregender Stoff für Stammtisch- und andere Debatten ergibt sich daraus in jedem Fall in einiger Fülle. Eine das interessante Thema stärker wissenschaftlich angehende Betrachtung wäre sicher auch einmal wünschenswert. Das würde allerdings neben dem Umfang natürlich auch den Preis, aber letztlich auch den Wert einer derartigen Publikation deutlich steigern.

Der Ausflug von Christian Georg Salis in die Welt der Filmklischees ist somit ein von Preis und Umfang kleines und zugleich ansprechendes Buch. Eines, das sich auch aufgrund seines Formats zum Mitnehmen und so beispielsweise zum Schmökern bei längeren Bus- oder Bahnreisen eignet. Die Klischeesammlung muss nicht chronologisch gelesen sein, lädt also auch zum Stöbern und Blättern ein. Aber ebenso, wer einmal nur eben keine Lust auf etwas Literarisches der Kategorie „Wälzer“ hat, dürfte an diesem unterhaltsamen Knusperriegel für zwischendurch seinen Spaß finden.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2008.

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Erschienen
2008
Seiten:
112
Verlag:
Schüren, Berlin
Kennung:
978-3-89472-446-7
Zusatzinfomationen:
€ 9,90 (D)

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