Cold Mountain

Cold Mountain
Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
12. September 2004
Abgelegt unter:
DVD

Film

(4/6)

Bild

(5.5/6)

Ton

(5/6)

Extras

(3.5/6)

Cold Mountain ist ein kleiner Ort in den Appalachen in North Carolina, der weitab vom Glanz der Metropolen des „Old South“ liegt. Es ist 1861, der US-Bürgerkrieg wirft seine Schatten voraus. Kurz vor seinem Ausbruch lernen sich der Handwerker Inman (Jude Law) und die Pfarrerstochter Ada eher flüchtig kennen, sind aber voneinander tief beeindruckt. Inman zieht kurz darauf in den Krieg und über drei Jahre lang ist neben Briefen allein ein Foto, das ihm Ada beim Abschied übergab, der von ihm gehütete Schatz und die Erinnerung an die Frau, nach der er sich sehnt. In der Belagerungsschlacht von Petersburg wird Inman schwer verwundet. Halbwegs genesen nimmt er sich einen Satz aus Adas Briefen besonders zu Herzen: „Hör auf zu kämpfen! Komm zurück zu mir!“ Inman desertiert und macht sich, soweit die Füße tragen, auf den weiten und gefahrvollen Weg zu Ada, ist also Unterwegs nach Cold Mountain.

Aber auch im rund 300 Meilen entfernten Cold Mountain hat der Krieg das Leben einschneidend verändert. Ada hätte nach dem Tode ihres Vaters (Donald Sutherland) vor den Schwierigkeiten des rauen und ungewohnten Farmerdaseins fast kapituliert. Sie erhielt aber unerwartet Hilfe von der selbstbewussten und resoluten Ruby (Renée Zellweger). Den beiden Frauen gelingt es, sich zusammenzuraufen und die schlimmsten Schwierigkeiten zu meistern. Ada, die ihren Inman ebenfalls heiß ersehnt, gewinnt dabei neuen Lebensmut.

Inman begegnet auf seiner Odyssee Menschen unterschiedlichster Couleur. Neben Milizen, die Jagd auf Fahnenflüchtige machen, erlebt er, was der Krieg aus manchen Menschen macht und was diese unter derartigen Umständen anderen antun können. Aber auch in Cold Mountain ist der Kriegsalltag nicht nur reich an Entbehrungen: der bereits vor dem Krieg zwiespältige Teague (Ray Winstone) und seine Männer sind Angehörige der Heimatgarde, die vor Grausamkeiten ebenfalls nicht zurückschreckt.

Regisseur Anthony Minghella (Der englische Patient, Der talentierte Mr. Ripley) inszenierte diese mitunter schon etwas märchenhaft und auch idealisiert anmutende Geschichte einer ganz großen Liebe nach Charles Fraziers gleichnamigen Roman. Der Film erzählt seine Story im Geflecht von Parallelmontage und Rückblende, wobei er blockweise zwischen zwei Handlungsebenen wechselt.

Alles beginnt mit einem realistisch inszenierten grausamen Ereignis des US-Bürgerkrieges. Während der insgesamt rund 10 Monate dauernden Belagerung der Stadt Petersburg in Virginia, die im Sommer des Jahres 1864 begann, unterminierten Pioniere der Unionstruppen Teile des ausgebauten Grabensystems der konföderierten Verteidiger, um durch eine gewaltige Sprengung eine Bresche für bereitgestellte Infanterie aufzureißen. Das Resultat war allerdings ein — bereits auf den ersten Weltkrieg und Verdun vorausweisendes — entsetzliches Desaster: durch die Explosion entstand zwar ein tiefer Einbruch, aber zugleich ein riesiger, fast durchweg mehr als mannstiefer (!) Krater, an dessen Ende die Angreifer praktisch gefangen waren. Durch die nachdrängenden Einheiten bildete sich ein dichtes Menschenknäuel, unter dem die Verteidiger ein verlustreiches Gemetzel anrichteten. Der Film zeigt, wie dabei teilweise auch auf engstem Raum, Mann gegen Mann, gekämpft wird, wobei Verwundete und Sterbende von den über ihnen zäh und verzweifelt weiter miteinander Ringenden (wie auch das Sternenbanner!) in den aufgewühlten matschigen Boden förmlich eingestampft werden. Dies alles ist für einen von Disney (Buena Vista) verliehenen Film erstaunlich hart und realistisch in Szene gesetzt. Allein die relative Kürze des Gezeigten mildert den Vergleich zu Saving Private Ryan ab.

Im Zusammenhang mit dem Film ist verschiedentlich von „Bürgerkriegs-Epos“, „Panorama des Südens“ und damit auch vom berühmten Südstaaten-Melodram Vom Winde verweht zu lesen. Hierbei wird m. E. aber übersehen, dass der Fokus auf etwas anderem liegt: Es geht um das größte aller (positiven) menschlichen Gefühle: die reine und wahre Liebe. Und dies ist etwas, wofür es laut Aussage des Films immer Hoffnung gibt. Der zeitgeschichtliche Bezug ist dabei letztlich nur „Hintergrund“ und besitzt eher allegorischen Charakter: wodurch das Gezeigte letztlich zu jeder Zeit und an beliebigem Ort in irgendeinem Krieg passieren könnte.

Und gerade die besagte Hoffnung und die damit im Innern optimistische Grundtendenz auf bessere Zeiten spiegelt sich nicht nur in der Handlung, sondern auch in der herausragenden lyrischen Bildsprache des Kameramanns John Seale eindrucksvoll wider. Ich kenne keinen Film der jüngeren Vergangenheit, der mit vergleichbar schönen und stimmungsvoll eingefangenen Landschaftspanoramen in Serie den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen vermag — und das, obwohl nicht an Original-Schauplätzen, sondern in Rumänien gedreht wurde!

Auch die Schauspieler sind überzeugend. Bis in die kleinsten Rollen ist treffend besetzt worden. Da kann man schon mal über ein paar kleinere Klischees, wie den blonden, kinskihaft anmutenden sadistischen Bösewicht in den Reihen von Teagues Miliz hinwegschauen.

Wie bereits oben erwähnt besitzt Unterwegs nach Cold Mountain, trotz des teilweise überaus harten Realismus einzelner Szenen, märchenhaft-idealisierende und damit auch klar tief romantische Züge — was übrigens durch die relative Kürze gerade der realistisch-hässlichen Bildmomente noch klar unterstrichen wird. Drum darf man den Film auch als „schön“ bezeichnen, weil man ihn letztlich doch genießen kann. Und obwohl die große Lovestory schließlich doch unerfüllt bleibt, da Inman nicht überleben darf, enden die rund 150 Kinominuten wiederum trotzdem nicht trostlos: In der nachfolgenden Generation leben er und Ada weiter …

Bei dieser Gelegenheit muss auch noch ein Aspekt in der seinerzeit vor Ansehen des Films erfolgten Rezension der Filmmusik-CD korrigiert werden: Wie erst beim Ansehen des Films bewusst wird, sind die im vorstehend genannten Artikel gemachten Attribute „Bürgerkriegsdrama“ und „Epen-Score“ letztlich nicht nur wenig hilfreich, sondern sogar eher irreführend. Neben den als atmosphärisches Kolorit eingesetzten Folk- und Bluegrass-Songs erfüllt auch der im Film kaum wesentlich längere Score-Anteil durchaus seinen Zweck. Prägend ist das immer wieder aufscheinende elegische Liebesthema, das den Reiz der oftmals schönen Bilder romantisch unterstreicht. Trotz gewissermaßen eher schlichter Dramaturgie ist das Ergebnis im Film letztlich stimmig und damit funktional.

Die Präsentation auf der DVD ist sehr überzeugend: Bild und Ton rangieren qualitativ in der obersten Liga, wobei der 5.1-Sound stärker auf überzeugende Atmosphäre denn auf krachende Effekte setzt. Im Zusatzmaterial kann man sich über rund 22 Minuten 11 geschnittene Szenen anschauen, die jeweils dem einen oder anderen Aspekt der Geschehnisse noch etwas mehr Tiefe verleihen. Die hier zu sehende knapp zweiminütige von den Aufräumarbeiten nach dem Gemetzel von Petersburg ist dabei wohl eine der eindrucksvollsten. Vermutlich ist sie herausgenommen worden, um die Gräuel des Krieges nach der drastischen Schlachtdarstellung insgesamt etwas weniger zu betonen.

Auf die weiteren Boni der US-Version mit 2 DVDs muss man hierzulande zumindest bis auf weiteres verzichten. Trotzdem dürfte für viele auch die hierzulande erhältliche DVD-Edition von Unterwegs nach Cold Mountain ausreichende Attraktivität besitzen, um einen Kauf zu rechtfertigen.

Weiterführender Link:

US-Bürgerkriegs-Special

Erschienen:
2004
Vertrieb:
Buena Vista
Kennung:
DVD 102508
Zusatzinformationen:
USA 2003

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