Casanova
Regisseur Lasse Hallström inszeniert seine Filme gern an Originalschauplätzen: entsprechend wurde Gottes Werk und Teufels Beitrag (1999) in Neuengland, Chocolat (2000) an verschiedenen pittoresken Orten in Frankreich und Schiffsmeldungen (2001) in Neufundland gedreht. Casanova entführt den Zuschauer nun in ein malerisch-prachtvolles Venedig, das mit dem Flair des 18. Jahrhunderts ausgestattet ist. Der Film um den, zumindest seinem legendären Ruf nach, größten Herzensbrecher aller Zeiten bemüht sich dabei freilich nicht um ein ernsthaftes, den historischen Tatsachen gerechtes Porträt seiner Titelfigur. Der Zuschauer bekommt vielmehr ein nicht zuletzt visuell reizvolles typisches Hollywood-Produkt in Sachen üppiger Kino-Unterhaltung geboten. Hallströms Casanova hat nichts mit Fellinis eigenwillig, sprödem 1976er Abgesang auf die Wollust gemein, sondern präsentiert seine frei erfundene Story vielmehr im Stile einer modernen, recht fantasievollen, temporeichen Verwechslungs- und Intrigenkomödie vor historisch-plüschigem Hintergrund. Dabei verkörpert Sienna Miller die außergewöhnliche Francesca, eine, die als Kämpferin für Frauenrechte ihrer Zeit weit voraus ist, wobei auch die Erfüllung horizontaler Begierden nicht ausgespart ist. Heath Ledger (Four Feathers, Brothers Grimm, Brokeback Mountain) als titelgebender Casanova zeigt keine Verwandtschaft zu Donald Sutherland in Fellinis-Version, ähnelt eher ein wenig dem D’Artagnan aus „Die drei Musketiere“ von Alexandre Dumas. Er versucht sich an der Zähmung dieser Widerspenstigen und verliert dabei — natürlich — sein Herz.
Alles in allem ist Lasse Hallströms Casanova sicher kein ganz großes Kino, aber eine sehr ansehnliche, augenzwinkernd in Szene gesetzte moderne Mantel-und-Degen-Romanze, bei der das Motto heißt: nicht (bier-)ernst nehmen, vielmehr angenehm unterhalten lassen. Dafür ist etwas mehr als nur die (ganz) kleine Empfehlung, also dreieinhalb Sterne vertretbar. Im Film funktioniert übrigens das musikalische Pasticcio klassischer Versatzstücke aus Barock und Rokkoko durchaus, für das Alexandre Desplat verantwortlich zeichnet. Insofern macht die Filmmusik-CD gerade als klingendes Souvenir zum Film besonderen Sinn. Hierzulande vermochte die charmante Pop-Corn-Variante um den legendären Herzensbrecher allerdings nur knapp 450.000 Besucher zum Kinobesuch zu animieren.
Die jetzt erhältliche DVD-Ausgabe besitzt das Zeug daran noch einiges zum Besseren zu wenden. Das Bild zeigt überzeugende Farben, Schärfe und ausgezeichneten Kontrast und der sorgfältig abgemischte (immerhin in vier Sprachen abrufbare) 5.1-Surround-Ton setzt ebenso gelungen stärker auf stimmungsvolle Atmosphäre, denn auf übertriebenen Effekt. Ebenso sehen lassen kann sich das Zusatzmaterial: Regisseur Lasse Hallström gibt im Rahmen eines unterhaltsam-sachkundigen Audiokommentars interessante Hinweise zur Entstehung und Machart des Films und ergänzt damit das sehr solide Making Of „Ein Abenteuer entsteht“. Die von Hallström betonte Faszination der Lagunenstadt kommt in den „Ansichten von Venedig“ eindrucksvoll zur Geltung. Eine erweiterte Szene sowie „Kostümdesign — zeitgerecht und stilvoll“ runden den sehr guten Gesamteindruck ab. Sämtliche Features sind übrigens sauber deutsch untertitelt: Was will man mehr?
DVD-Cover-Abbildung: ©Buena Vista Home Entertainment, Inc.