Broken Arrow

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
7. Februar 2000
Abgelegt unter:
CD

Score

(6/6)

Die brandaktuelle Veröffentlichung dieser Review in Sachen Restauration klassischer Filmmusiken ist Broken Arrow • Der gebrochene Pfeil (1950) der Brigham Young University. Im Gegensatz zu den von der Brigham Young University bislang vorgelegten Steiner-Musiken, die nur von damals als Sicherungskopie dienenden Azetat-Platten in Mono übertragen werden konnten, dienten für die Restauration in diesem Fall die originalen „quasi-zweikanaligen“ Lichttonmaster. Das Resultat ist höchst erfreulich: Auch wenn hier und da einige Störgeräusche und leichte Verzerrungen hörbar sind, ist der Sound insgesamt sehr ordentlich; und wenn man außerdem berücksichtigt, dass die Aufnahme „50 Lenze“ auf dem Buckel hat, ist sie sogar überaus gut. Drei Viertel der Musik liegen sogar in annähernd Prince of Foxes-Stereoqualität vor (s.o.). Auch dieser Score wurde, wie auch die auf den beiden FSM-CDs vorliegenden Aufnahmen, von Alfred Newman dirigiert und belegt das hohe Niveau des Fox-Orchesters sowie seines hervorragenden Dirigenten.

Der Film Broken Arrow des Regisseurs Delmer Davis ist einer der ersten Western, der sowohl um humane Darstellung der Indianer, als auch (weitgehend) historische Genauigkeit im Handlungsablauf bemüht ist: Zusammen mit Anthony Manns Devil’s Doorway • Fluch des Blutes aus dem selben Jahr ist er ein Klassiker seiner Art; eine Aussage, die recht regelmäßig auf einem der Fernsehkanäle überprüft werden kann. Bei dem Komponisten der Filmmusik Hugo Friedhofer (1902-1981) handelt es sich um einen auch gegenwärtig noch weitgehend unbekannten Meister des „Golden Age“: Als überaus gefragter Orchestrator für die „Großen“ dieser Epoche (Steiner, Waxman, Korngold) tätig, stand er als Komponist wohl fast zwangsläufig in deren Schatten. Dazu waren auf Tonträger unglücklicherweise bis vor kurzem nur wenige – von der hervorragenden Musik zu The Best Years of Our Lives • Die besten Jahre unseres Lebens (1949) einmal abgesehen – eher dem gehobenen Durchschnitt zuzurechnende Kompositionen erhältlich.

Mit der jetzt veröffentlichten Musik zu Broken Arrow tritt uns Friedhofer einmal mehr als großer und eigenständiger Meister auf dem Gebiet der Filmkomposition gegenüber. Die Wurzeln seiner Indianerthemen sind von der Tradition Max Steiners geprägt. Allerdings ist dabei nicht einfaches Stilkopieren gemeint; vielmehr fallen auch hier bei etwas eingehenderem Hören Eigenwilligkeiten auf. Ganz deutlich werden diese, wenn im Film die Attacke auf einen Treck und die Vernichtung des zuvor in den Wagen verborgenen Militärs musikalisch illustriert wird: Eine Schlachtmusik à la Steiners They Died with Their Boots On • Sein letztes Kommando (1942) gibt es hier nicht einmal ansatzweise! Die nur äußerst sparsam eingesetzten brutal-harschen Klangstrukturen wirken für ihre Zeit überaus „modern“: Die Behandlung der tiefen Bläser und die rhythmischen Akzente nehmen die dissonanten Klänge eines Alex North vorweg, und auch die anschließend für die Trostlosigkeit des Schlachtfeldes erklingenden hohen Violin-Cluster haben mit der entsprechenden musikalischen Lösung Max Steiners in They Died with Their Boots On kaum mehr etwas gemein. Die Love Scenes zeichnen sich zudem durch eine gegenüber Steiners verhältnismäßig „fettem“ Orchestersatz stark aufgelichtete, luftige, von Holzbläsern dominierte, insgesamt fast schon „neo-klassizistisch“ sparsame Behandlung des Orchesterapparates aus.

Hugo Friedhofers Broken-Arrow-Musik ist so ein „Bindeglied“ zwischen der jener Kollegen, die noch mehr dem üppig-romantischen Kompositionsstil des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts verpflichtet sind, und den verstärkten Dissonanzen der schon vor der Tür stehenden „modernen“ Komponistengeneration(en), zu der neben dem schon genannten Alex North auch Leonard Rosenman zählen wird. Ähnliches gilt für die typischen Western-(Americana)-Klänge folkloristischer Prägung, die vom Stil Aaron Coplands („Rodeo“, „Billy the Kid“ usw.) beeinflusst sind. Dieser „Fingerzeig“ wird zuerst von Elmer Bernstein und anschließend auch von Jerry Goldsmith und John Williams als richtungsweisend angenommen werden. Wie das ebenfalls überaus liebevoll gestaltete und sehr informative Booklet zu Recht vermerkt: „A Landmark Score“, und damit gebührt dieser CD, trotz vereinzelter kleiner tontechnischer Einschränkungen, der Spitzenplatz. Das Booklet ist sogar noch umfangreicher als die vorzüglichen Pendants der FSM-Editionen und ist außerdem reichlich mit Film-Farbfotos versehen – dies macht diesen Titel endgültig zum begehrten Sammlerstück.

Soweit gibt es also in Sachen Privat-Editionen nur Gutes bis Exzellentes zu berichten, aber ein Wermutstropfen kommt noch hinterher: Gemeint ist hier der Preis. Leider sind die vorliegenden Titel erheblich teurer (FSM/Prometheus-CDs ca. 22 Euro und 30-35 Euro für Broken Arrow) als reguläre CD-Veröffentlichungen. Es bleibt zu hoffen, dass diese überaus wertvollen Titel trotzdem in nicht zu geringen Stückzahlen gekauft werden, denn nur wenn genug Geld in der Kasse der jeweiligen Produzenten „klingelt“, werden sie uns mit weiteren „Schmankerln“ dieser Art überraschen.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Komponist:
Friedhofer, Hugo

Erschienen:
2000
Gesamtspielzeit:
42:30 Minuten
Sampler:
BYU
Kennung:
FMA-105

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