Benjamin Frankel: Music for the Movies (Vol. 2)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
17. Januar 2002
Abgelegt unter:
CD

Score

(5.5/6)

Benjamin Frankel: Music for the Movies (Vol. 2) / Frankel: Sinfonien 7 & 8

Wie bereits im Juni 2000 im Rahmen des großen Benjamin-Frankel-Artikels angemerkt, sollte die Veröffentlichung der Filmmusik zu Battle of the Bulge • Die letzte Schlacht (1965) der Anfang von Neueinspielungen aus dem filmmusikalischen Œuvre Benjamin Frankels sein. cpo hat Wort gehalten und legt nun einen Sampler mit Auszügen aus insgesamt 6 Film-Partituren vor. Auch der Frankel-Sinfonienzyklus wurde in 2001 abgeschlossen. Wobei der CD mit den Sinfonien 7 & 8, als willkommene Füller, die „Overture to a Ceremony“ und „A Shakespeare Overture“ beigegeben sind. Wie gewohnt, erweist sich das Queensland Symphony Orchestra unter Werner Andreas Albert als kompetenter Sachwalter von Frankels edler Musik. Dass die Aufnahmetechnik ebenso tadellos gearbeitet hat und dem Hörer ein transparentes und gut gestaffeltes Klangbild präsentiert, ist schon fast selbstverständlich.

Bei Benjamin Frankel handelt es sich um einen bedeutenden britischen Komponisten, dessen Werk in den späten 50er und den 60er Jahren überraschenderweise in Deutschland ganz besonders geschätzt und gepflegt worden ist. So erlebten nicht allein die 1. und 3. Sinfonie hierzulande ihre Uraufführung, die 5. Sinfonie war sogar eine Auftragsarbeit der 1966er Ruhrfestspiele in Recklinghausen. Seit seinem Tod im Jahr 1973 ist Musik des Komponisten kaum noch aufgeführt worden, er drohte in Vergessenheit zu geraten. Seit Mitte der 90er hat ironischerweise nun ein deutsches Label, cpo, damit begonnen, weite Teile seines Werkes auf Tonträger zugänglich zu machen.

Seit Ende der 50iger Jahre (zuerst in seiner 1. Sinfonie) verwendete der Komponist dodekaphonische und auch serielle Arbeitstechniken. Diese Werke erfordern zwar schon eine gewisse Einhörarbeit, wirken allerdings selbst beim ersten Hören keinesfalls derart trocken, spröde und damit sperrig wie manche vergleichbare seriell komponierte Musik. Frankels sehr individuelle musikalische Lösungen heben den melodischen Aspekt stets hervor und bleiben damit – trotz angestrebter Modernität – zugleich der Tradition verbunden. Der Komponist hat (ähnlich wie auch Sergej Prokofieff) einmal gesagt: „Melodie ist der unverzichtbare Stoff, aus dem Musik hergestellt wird“.

Frankels geschmeidiger und zugleich geschliffener Umgang mit dem Orchester ist sowohl bei den filmmusikalischen wie auch bei den „ernsthaften“ Kompositionen spürbar. Die gegenseitige Beeinflussung und Befruchtung beider Bereiche sind erkennbar – nicht allein die „Overture to a Ceremony“ enthält deutlich hörbare Anklänge an die Filmmusik zu Battle of the Bulge. Stilistische Ausgangspunkte sind Gustav Mahler und Jean Sibelius, deren Einflüsse elegant und originell zu einer von Rhythmen und charakteristischen Effekten (insbesondere in Streichern und Bläsern) geprägten persönlich-markanten Tonsprache verschmolzen werden. Neben Leichtem, an der Unterhaltungsmusik Orientiertem – wobei auch das starke melodische Talent unüberhörbar ist – stehen komplexere klangliche Schichtungen; anderes entspricht einem eher introvertierten melancholischen Stil. Insgesamt begegnet der Hörer einer handwerklich perfekten, geschickt instrumentierten und dabei sehr farbigen und klangsinnlichen Musik.

Der wiederholte Ausflug von cpo in das filmmusikalische Œuvre Frankels ermöglicht die Begegnung mit Musik zu Filmen, die hierzulande nicht sämtlich gezeigt worden sind. Dies gilt für die Komödie The Importance of Being Earnest (1952) sowie den musicalhaften Trottie True (1949). Beide Filme sind mit edler melodienreicher Musik im Stil edler „British Light Music“ versehen. Aus einem von Hammers besseren Horrorstreifen, Curse of the Werewolf • Der Fluch von Siniestro (1960), ist der einzige Ruhepunkt, das tonale, lyrische „Pastoral“ (die Bezeichnung ist Programm) der ansonsten 12-tönig gehaltenen turbulenten Komposition enthalten. Eine vollständige Einspielung dieser auch filmmusikgeschichtlich bedeutenden Partitur dürfte nur eine Frage der Zeit sein.

Sogar vollständig vorgelegt wird die Musik zur bekannten Film-Adaption (nach einem Schauspiel von Tennessee Williams) The Night of the Iguana • Die Nacht des Leguans (1964), in der Richard Burton, Ava Gardner und Deborah Kerr die Hauptrollen spielen. Die rund 25 Minuten präsentieren eine fast durchweg ruhige, im Ausdruck stark verinnerlichte romantisch-melodische Musik für einen kleiner besetzten Klangkörper: ein Highlight dieser CD. Wobei einige dezente Exotismen auf den Schauplatz der Handlung verweisen: Mexiko.

Eine kleine melodische Perle ist das von Melancholie geprägte „Lullaby“ aus The Years Between • Die Jahre dazwischen (1946).

In Footsteps in the Fog • Zwischen Hass und Liebe (1955) geht es um ein Katz- und Maus-Spiel zwischen einem Mörder (verkörpert von Stewart Granger) und seiner vom Mord wissenden Hausangestellten. Für diese Psycho-Kriminalstudie schrieb der Komponist eine überwiegend romantische Musik mit einem sehr charmanten Hauptthema, mit pastoralen Teilen, aber auch dunkleren Passagen, welche die Thriller-Elemente der Handlung gekonnt reflektieren.

Für die CD mit den Sinfonien 7 & 8 verweise ich auf das schon im o. g. Frankel-Artikel bereits zu den anderen Sinfonien und Konzertwerken Geschriebene. Für den Einsteiger ist eine der beiden Zugaben besonders geeignet: die von Fanfaren, Glockenklängen und Trommelwirbeln geprägte leuchtprächtige „Overture to a Ceremony“, in die Zitate aus der britischen Nationalhymne kunstvoll verwoben sind.

Besonders erwähnt werden müssen die sehr sorgfältig und liebevoll ausgestatteten, cpo-üblich, dreisprachig gehaltenen Booklets. Beide liefern eingehende Informationen zu den vertretenen Werken. Das Booklet zum Filmmusik-Sampler liefert nicht allein eingehende Infos zu Musik und Handlung der vertretenen Filme, sondern im englischsprachigen Teil außerdem recht detaillierte Angaben zur Produktion sowie je ein rares schwarz-weiß reproduziertes Foto aus The Importance of Being Earnest und Trottie True.

Fazit: Mit dem Benjamin-Frankel-CD-Zyklus ist cpo den Landsleuten des Komponisten eine Nase voraus. Diese Edition dürfte auch längerfristig weniger als gut gemeinte Wiedergutmachung am Œuvre eines zu unrecht vernachlässigten Tonschöpfers angesehen werden. Sie ist vielmehr eine herausragende editorische Tat für ein meisterhaftes Gesamt-Werk, das zu vergessen, man sich nicht leisten kann. In jedem Fall sind diese cpo-CDs eine lohnende Anschaffung für alle aufgeschlossenen und entdeckungsfreudigen Musikhörer. Auch hier gilt: „Keine Angst vor der Musik des 20sten Jahrhunderts!“.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Komponist:
Frankel, Benjamin

Erschienen:
2002
Gesamtspielzeit:
67:13 Minuten
Sampler:
cpo
Kennung:
361 08 61

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