Damien: Omen II (The Deluxe Edition)

Geschrieben von:
Marko Ikonić
Veröffentlicht am:
29. Dezember 2001
Abgelegt unter:
CD

Score

(6/6)

Im Vorfeld der Neuauflage sämtlicher Omen-Scores wurde auch die Meldung verbreitet, beim 1987 veröffentlichten Silva-Screen-Release von Jerry Goldsmiths zweitem Beitrag zur Filmreihe, Damien: Omen II, handle es sich gar nicht um den Originalsoundtrack, sondern um eine noch im selben Jahr (1978) in London angefertigte Albumeinspielung. Diese Nachricht wird viele etwas überrascht haben. Auch mich hat sie damals ins Grübeln gebracht, denn meine als Besprechungsbasis weiterhin gültige Rezension der Silva-CD zeigt, dass selbst mir trotz weitgreifender Beschäftigung mit der Musik der Nachspielungscharakter besagter Aufnahme nicht weiter aufgefallen war.

Die neue Deluxe Edition dieses 1978 komponierten Bindeglieds zwischen The Omen • Das Omen und The Final Conflict: Omen III • Barbaras Baby: Omen III (siehe Rezension der Deluxe-Editionen) enthält zusätzlich zum alten LP-Schnitt auch erstmals den gesamten Score in der Filmfassung, der, wie sich jetzt herausstellt, als einziger der Trilogie ursprünglich in Hollywood mit den üblichen Los-Angeles-Vertragsmusikern verwirklicht wurde. Das ordentlich bestückte Booklet beleuchtet in einem eigenen Abschnitt auch kurz die für Album-Veröffentlichungen lange Zeit sehr ungünstigen Umstände in der US-Filmmusikindustrie. In diesem Fall der späten 70er führten sie – wie unzählige Male zuvor und in geringerem Umfang auch danach – dazu, dass eine komplette Neuaufnahme in Übersee, zum damaligen Zeitpunkt bevorzugt in und um London, finanziell immer noch wesentlich interessanter war, als einfach die bestehenden Originalsitzungen in LP-Form auf den Markt zu werfen. „Re-Use-Fees“ lautet einmal mehr das Stichwort.

Frühere Bestrebungen, den Damien-Score in der hörenswerten Originalform greifbar zu machen, sind aber nicht ausschließlich an der heiklen Geldfrage gescheitert. Durch einen unglücklichen Zufall wurden auch noch die Bänder falsch gekennzeichnet, verlegt und galten über 20 Jahre lang als verschollen. Nach langem, heuer endlich von Erfolg gekröntem Stöbern in den Fox-Archiven gesellt sich, in Anlehnung an die Farbgebung der US-DVDs, zur „Roten“ (The Omen) und „Gelben“ (The Final Conflict: Omen III) nun also auch die mittlere „Grüne“.

Obgleich die Filmeinspielung in manchen Punkten merklich von der LP-Fassung abweicht, stellt sich der ganz große „Aha“-Effekt beim Direktvergleich erwartungsgemäß nicht ein. Dafür haben Lionel Newman, der Komponist und das National Philharmonic Orchestra beim zweiten Anlauf in England zu genau gearbeitet, was natürlich keinesfalls abwertend zu verstehen ist. Bis hin zur Wiederaufnahme im Film gar nicht verwendeter Stücke („Fallen Temple“, Track 13 bzw. 6) und den Einsatz der betörend-unheimlichen Slide Whistle in „I Love You, Mark“ wurde mit viel Mühe und Fingerspitzengefühl versucht, die Stimmung der Filmfassung ein weiteres Mal einzufangen. Dem tut der leicht vergrößerte Orchester- und Chorapparat der Londoner Aufnahme keinen Abbruch. Das Jahr 1978 fällt aber auch in eine Zeit, in der Jerry Goldsmith die scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten elektronisch erzeugter Klänge endgültig für sich entdeckt hatte. Während also allerlei metallisch zirpende, elektrisch surrende Spielereien dieser Art das Damien-Original durchziehen, wurde dieser Aspekt in der Nachspielung deutlich abgeschwächt – unter Umständen auch eine Frage des Aufwands und der damals in London verfügbaren Ausrüstung.

Wie erwähnt findet sich auf der Deluxe Edition mit einem Anteil von etwa 34 Minuten der komplette Originalscore in chronologisch korrekter Abfolge, und dazu zählen auch zwei nicht nachgespielte Musikausschnitte, die somit vordem noch nie außerhalb des Films zu hören waren. Neben dem derb bösartigen „Aunt Marion’s Visitor“ gibt es im ebenfalls erstmals vertretenen, einzig lieblich-leichten Cue „Snowmobiles“ winterliches Familienvergnügen mit verspielten Violinen und Piccolo-Flöten.

Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass fast alle der inhaltlich „neu“ beigefügten Selektionen in Wirklichkeit schon beim alten Albumschnitt mit an Bord waren, nur eben in teilweise recht gewagten Kombinationen mit anderen Stücken: „Face of the Antichrist“ (Album: 2. Teil des „Main Title“), „Another Thorn“ (Album: 1. Teil von „The Knife“), „Number of the Beast“ (Album: 2. Teil von „Fallen Temple“), „The Daggers“ (Album: 2. Teil von „The Knife“) und das leider hörbar beschädigte „The Boy Has to Die“ (Album: 2. Teil von „Runaway Train“, hier zum Glück unversehrt). Oft berechtigte Skepsis gegenüber derartigen Manipulationen ist hier fehl am Platz, denn als „A Black Mass“, so der damalige Untertitel, sorgt diese Zusammenstellung immer noch für ein erstaunlich homogenes, in sich geschlossenes Hörerlebnis.

Fazit: Innerhalb weniger Monate repräsentative, liebevoll aufgemachte Deluxe-Versionen aller 3 Omen-Scores zu bekommen, damit hat noch zu Beginn des Jahres mit Sicherheit niemand gerechnet. Mit Damien: Omen II, einer Musik, die auf dem Besten aus The Omen aufbaut und das Bewährte in verschärfter Form und keinen Deut weniger überzeugend zum Ausdruck bringt, beschließt Varèse Sarabande den hochqualitativen Zyklus erweiterter Omen-CDs. Die Originalaufnahme kann ihr Alter von gut 23 Jahren zwar nicht ganz verbergen, und auch der ebenso alte Plattenschnitt dürfte nicht einfach digital (von der Silva-CD) übertragen, sondern nochmals neu von den seit 1987 sicher auch nicht jünger gewordenen Bändern der Nachspielung abgemischt worden sein. Bei allgemein leicht verbesserter Transparenz rauscht es da trotzdem ab und zu dezent an Stellen, die die ältere CD noch rauschfrei brachte.

Das schöne Booklet und die seltene Gelegenheit, gleich zwei in Maßen verschiedene, jeweils außerordentlich gelungene Fassungen einer faszinierenden Filmmusik zu erleben, verhelfen dieser somit klar auf Film-Score-Monthly-Niveau angesiedelten Edition jedoch noch über den Omen-Deluxe-Standard von 5 ½ Sternen hinaus zur Höchstwertung. Bravo, Varèse!

Weiterführender Link:

Omen-Special

Erschienen:
2001
Gesamtspielzeit:
68:10 Minuten
Sampler:
Varèse
Kennung:
VSD-6309

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