Battle Cry
Raoul Walsh Battle Cry • Urlaub bis zum Wecken (1955), nach dem Roman von Leon M. Uris, zeigt nicht erst heutzutage einen ausgeprägten Hang zur kitschigen Soap-Opera, auch das Hurrapatriotische fällt eher unangenehm auf. Der Film erzählt, wie die nach dem Überfall auf Pearl Harbor zum großen Teil als Kriegsfreiwillige zu den Fahnen strömenden Halbwüchsigen durch Drill und harten Einsatz bei den US-Marines zu „echten“ Kerlen und Männern geformt werden. Natürlich lernt man in dieser „Schule des Lebens“ nicht allein das Handwerk des Kriegers, sondern zugleich auch, sein Privatleben unter schwierigen Bedingungen zu ordnen. „Berichtet“ wird das Ganze von einem namentlich ungenannt bleibenden Sergeanten, der als eine Art Chronist der Ereignisse fungiert. Dass hier für Nachkriegskonflikte wehrhafte „Stimmung“ gemacht werden sollte, ist zumindest sehr wahrscheinlich. Dafür stehen der zur Zeit der Uraufführung noch „frische“ Korea-Krieg sowie die extrem antikommunistische Grundhaltung der McCarthy-Ära. Nun, bei der Erstauswertung und auch beim 1961er Reissue erwirtschaftete der Film für Warner Brothers einen satten Gewinn.
Max Steiners Komposition ist jetzt zum ersten Mal gelöst von den Filmbildern hörbar. Zwar ist die hier exakt chronologisch angeordnete Komposition sicher keine Sternstunde im Œuvre des Vaters der Tonfilmmusik, aber immerhin ein sehr ansehnlich gelöster Fall von Routine. Interessanterweise liegt der Edition die Musik der ursprünglich deutlich längeren, nämlich 195-minütigen Schnittfassung zugrunde – anstatt den 148 Minuten bei der Premiere. Geradezu ein Kuriosum ist allerdings, dass der Film die einzige Oscar-Nominierung für die „Original“-Musik erhielt. Immerhin basiert das als Marschlied „Honey Babe“ (Text von Paul Francis Webster) eingeführte Hauptthema auf einem amerikanischen Volkslied aus den Appalachen. Neben dem ebenfalls famosen Haupthema aus The Caine Mutiny • Die Caine war ihr Schicksal (1954) gehört „Honey Babe“ zu den wenigen aus der Welt des Films stammenden Märschen, die jenseits des großen Teichs den Sprung ins Repertoire vieler Militär-Bands geschafft haben. Auch das charmante Liebesthema ist keine Eigenschöpfung Steiners, es – stammt vielmehr aus der Feder von Henry Warren und entstand bereits rund 20 Jahre zuvor für Twenty Million Sweethearts (1934). Wenn man dies nicht weiß, vermutet man hier sogar „echten“ Steiner; weiß mans, muss man ihm gleichwohl bescheinigen, das fremde Material gekonnt in sein typisches Klangidiom eingearbeitet und auch verarbeitet zu haben. Dies gilt ebenso für die weiteren sich für diesen Filmstoff (zwangsläufig) anbietenden thematisch ausgeformten Militärsignale und Traditionals. Von Letztgenannten kommen diverse zum Zuge, so „Halls of Montezuma“ und auch das gefühlvolle aus Irland stammende „Londonderry Air“ – auch bekannt als „Danny Boy“. Dass der Komponist für die Handhabung derartigen Musikmaterials ein besonderes Händchen besaß, weiß jeder Steinerfreund.
Rund 18 Minuten des gesamten Scores bestehen aus Source Cues, die von Ray Heindorf und weiteren Orchestratoren beigesteuert wurden. Am Wert derartiger, als Hintergrundmusik fungierender Stücke scheiden sich die Geister. So dürfte an dieser Stelle mancher Leser spontan etwas die Stirn runzeln, eine Einzel-CD allein mit Steiners Musikanteil vorziehen; allerdings handelt es sich hier auch um eine Produktion, die ihren Käuferkreis klar bei spezialisierten Liebhabern des Golden Age sucht und wohl kaum auf den noch eher tastenden Einsteiger bzw. auf den auf die ganz großen Scores dieser Ära fokussierenden Sammler abzielt. Alles in allem fließt aber auch der chronologische Musikschnitt überraschend gut und wirkt dabei auch recht abwechslungsreich. Das schöne Begleitheft gibt zu jedem Track minutiös darüber Auskunft, wo besagte Musik in der ursprünglichen Schnittfassung eingesetzt war und auch darüber, was anschließend in Teilen oder sogar ganz der Schere zum Opfer fiel.
Ray Faiola, der Produzent und ebenso Verfasser der sorgfältig recherchierten Texte vermerkt im wiederum liebevoll ausgestatteten Booklet dieser BYU-Edition, dass an den für Sicherungszwecke allein noch existierenden Mono-Magnettonbändern im Warner-Archiv mehr als 430 einzelne Fehler korrigiert werden mussten. Nicht allein in dieser Albumproduktion steckt also viel liebevoll ausgeführte Detailarbeit, geleistet von einem Team aus Überzeugungstätern. Dem entsprechend sind nur noch ganz vereinzelt minimale Tonartefakte hörbar und der Klang ist insgesamt sehr frisch und klar.