Disney ist beim Übertragen seiner bislang nur auf DVD erhältlichen Filmklassiker ins HD-Format, Blu-ray, ein weiteres kräftiges Stück vorangekommen. Auch Bambi (1942) ist jetzt als zwei Discs umfassende „Diamond Edition“ (Blu-ray plus DVD) erhältlich. Und auch die kleine, aber recht feine Fortsetzung Bambi 2 — Der Herr der Wälder (2006) hat man nicht vergessen. Diese ist auf Wunsch als Einzel-Blu-ray „Special-Edition“, aber auch im drei Discs umfassenden Kombi-Pack, zusammen mit der „Diamond Edition“ von Bambi, erhältlich.
Bambi erstmalig im Glanz von HD
Alles bereits zur immer noch edlen 2005er Doppel-DVD „Special-Edition“ Geschriebene gilt im Prinzip auch hier. Wobei Bambi jetzt in HD eben doch noch ein — eben das entscheidende — Stückchen brillanter erscheint. Auch im vorliegenden Fall gilt damit die bereits bei Schneewittchen & Co. getroffene Feststellung, dass der Charme und die Brillanz der Machart dieses klassischen Animationsfilms erst durch HD richtig zur Geltung kommen. Bereits die 2005er Doppel-DVD „Special-Edition“ war eine tolle Sache und ist es für sich genommen auch heute noch.
Nur einzelne, kurze Einstellungen sind etwas softer und weniger detailliert. Hin und wieder sind geringfügige Artefakte sichtbar, die wohl im damaligen Herstellungsprozess (Multiplantechnik) mit begründet sind. Ansonsten sticht unmittelbar die Disney-typisch so ausgeprägte Plastizität hervor. Hier wird bereits die Brillanz der modernen 3D-Cumputeranimationen ein wenig vorweg genommen. Auch dank seines ausgewogenen Kontrastverhältnisses, erscheint das Bild fast durchweg vorzüglich scharf, detailreich und in stimmigen, da wo geboten, satten Farben. Jetzt sieht die in Bambi so eindringlich gespiegelte Natur im Wandel der Jahreszeiten, nochmals eindeutig brillanter aus.
Es ist bemerkenswert, wie sich das gegenüber der feinen 1997er-Laser-Disc-Edition bereits deutlich aufpolierte Bild der 2005er DVD-„Special-Edition“ in der aktuellen HD-Ausgabe nochmals so eindeutig deutlich hat verbessern lassen. Letztlich gilt aber eben immer, dass das Bessere der Feind des Guten ist. Und somit markiert derzeit die aktuelle Diamond-Edition die Spitze des Machbaren.
Wenn man schließlich doch festhalten muss, dass die Bambi-HD-Präsentation eben nicht ganz mit vergleichbaren Spitzenproduktionen aus jüngerer Zeit mithalten kann, z. B. mit Die Schöne und das Biest oder auch Bambi 2 — Der Herr der Wälder, dann erscheint dies fast schon wie kleinkarierte Streiterei um des Kaisers Bart. Im praktischen Gebrauch wirkt sich das auch nicht wirklich entscheidend aus, so erstaunlich gut sieht diese mittlerweile fast 70 Lenze zählende Produktion nämlich aus. Fette fünfeinhalb Sterne, also versehen mit nach oben, zu vollen sechs Sternen, weisenden Daumen sind hier ein Muss.
Auch für Bambi gilt das, was für sämtliche Disney-Produktionen Gültigkeit besitzt, die vor 1954 entstanden. Der Film entstand vor Einführung der Breitwandverfahren und sollte in seinem originalen Format (1 : 1.37) belassen, also auf den modernen 16:9-TV-Geräten nicht (!) formatfüllend aufgeblasen werden. Wer sich an den seitlich erscheinenden schwarzen Balken seines Breitbild-TVs stört, der teste „Disney-View“, das die Balken passend zum jeweiligen Bild gemäldeartig grafisch auffüllt.
Akustisch ist das Hirschkalb nun ebenfalls (im Rahmen des Machbaren) im HD-Zeitalter angekommen. Das Attribut DTS-HD-7.1 liest sich natürlich etwas großspurig kraftstrotzend. Immerhin stehen zum Abmischen nur Tonmaterialien der Lichtton-Ära zur Verfügung, und daraus lässt sich nun einmal kein echter Super-Surround-Sound basteln. Allerdings, in gewissem Maße ist es den Toningenieuren schon gelungen ein wenig zu zaubern — derart stimmig wirkt das „stereofonisierte“ Klangbild, das neben einer Portion Hall durch unterschiedliche Pegel auf den einzelnen Kanälen räumlich gerichtete Toneffekte erzeugt. Dabei erinnert das hier sehr behutsam ausgeführte Jonglieren an den Reglern an die frühen Tage der Kino-StereophonieStereofonie, an das recht kurzlebige Perspecta-Stereo-Lichtton-Verfahren der 50er Jahre.
Kritikwürdig bleibt freilich auch im vorliegenden Fall die Entscheidung, allein die deutsche Neusynchronisation aus dem Jahr 1973 zu verwenden und nicht zusätzlich die Originalsynchronisation aus dem Jahr der deutschen Erstaufführung, 1950, als Alternative zugänglich zu machen — zu dieser Problematik siehe auch Schneewittchen. Sicher ist es schade, dass der Sammler auf die ihre ganz eigenen Reize besitzenden, jeweils ersten deutschsprachigen Tonfassungen der Disney-Klassiker verzichten muss. Allerdings sollte man diesen einzigen größeren Negativpunkt in einer insgesamt doch mehr als zufriedenstellenden Gesamtbilanz nun auch nicht überdramatisieren und in der Sache schlichtweg überzogene Miesmacherei betreiben.
Zum präsentierten Film gibt es auf der Blu-ray zusätzlich eine sehr vorzeigbare Boni-Kollektion, die sich aus den bereits von der 2005er-Vorgänger-DVD-Edition (s. o.) bekannten Segmenten — natürlich in Standardauflösung (SD) — sowie einigen neu hinzugekommenen in HD, zusammensetzt. Das Highlight bildet das bereits aus der 2005er-Edition geläufige, jetzt auf rund 90 Minuten erweiterte Segment „Einblick in Walts Kreativ-Meeting — Erweiterte Edition“. Auf Wunsch werden dazu erfreulicherweise auch deutsche Untertitel eingeblendet. Hier bekommt man die wichtigsten Filmszenen nochmals zu sehen. Dazu erhält man parallel anhand von Entwurfsskizzen und weiteren Materialien, die aus dem Disneyarchiv zusammengetragen worden sind, eingehendere Einblicke in den Produktionsprozess vermittelt. An einzelnen Stationen finden sich außerdem per eingeblendeter Symbole anwählbare, zusätzlich ins Detail gehende Kurzvideos. Wer darüber hinaus noch Lust hat, der kann in der üppigen „Interaktiven Galerie“ in mehr als 350 HD-Motiven schwelgen. Und auch die kleinen Disney-Fans wurden nicht vergessen. Für diese ist das interaktive Java-Game „Disneys grosses großes Wissensbuch“ gemacht. Alles in allem ist die Boni-Sektion beachtlich, allerdings nicht ganz so üppig ausgestattet wie bei den Diamond-Editionen zu Schneewittchen (s. o.) oder ganz besonders zu Die Schöne und das Biest (s. o.), welche derzeit die Spitze des im Verkaufssegment „klassischer Animationsfilm“ auf den Markt Geworfenen bildet.
Auch für den, der sich derzeit bei HD/Blu-ray noch in der Warteschleife befindet, ist die Diamond Diamond-Edition (Blu-ray plus DVD) zu Bambi gemacht. (Die DVD enthält den Hauptfilm und darüber hinaus den kompletten „Einblick in Walts Kreativ-Meeting — Erweiterte Edition“.) Diese gewissermaßen die Nahtstelle der modernen Videosysteme bildende Kombination aus beiden Formaten bietet sich nämlich geradezu an, das Set auch mobil einzusetzen: beispielsweise bei Freunden, die das nötige Equipment bereits haben und/oder bei Informations-/Shopping-Touren, um die technischen Systeme Blu-ray und DVD optimal, nämlich anhand desselben (!) vorzüglichen Bild- und Tonmaterials, miteinander zu vergleichen.
Disney bewirbt die Blu-ray in den hauseigenen Spots übrigens derzeit auch mit dem Argument, sie sei „kindersicher, da kratzfest“. Das erinnert schon an die inzwischen fast 30 Jahre zurückliegende Markteinführung der CD, wo derartiger Unsinn ebenfalls propagiert worden ist. Wirklich kratzfest sind die Silberscheiben sämtlich keineswegs! Im Gegenteil: Eine entscheidende Beschädigung (Datenausfall) an der richtigen Stelle, kann die Disc sogar komplett unspielbar machen! Sollte also die beiliegende DVD-Ausgabe besonders zur unbeaufsichtigten Verwendung im Kinderzimmer vorgesehen sein, dann empfiehlt es sich, den lieben Kleinen zuvor besser einen einigermaßen sorgsamen Umgang beizubringen.
Bambi 2 — Der Herr der Wälder als Blu-ray-„Special-Edition“
Natürlich bot es sich an, die nur bedingt als Kinofilm anzusehende, (indirekte) Fortsetzung, entstanden 2006, ebenfalls in die High-Definition-Ära zu katapultieren — Infos zum Film finden sich im zugehörigen DVD-Artikel.
Beim Bild hat das fast noch neuwertige, aus dem Computer stammende, recht liebevoll produzierte Filmabenteuer gegenüber dem 1942er Erstling ein wenig die Nase vorn und erreicht erwartungsgemäß praktisch Referenzqualität. Und auch der zwar recht zurückhaltende, ein wenig klassisch orientiert wirkende Tonmix ist dem des Vorläufers zwangsläufig überlegen. Bei der Blu-ray-Ausgabe sind allerdings beim Ton im Vergleich zur 2006er-DVD-Version keine nennenswerten Qualitätszuwächse zu verzeichnen. Die kleine Bonikollektion ist weitgehend von der DVD übernommen und wirkt als Blu-ray-Edition halt etwas sehr sparsam und damit unspektakulär.
Fazit: Nun ist auch das Hirschkalb Bambi im HD-Zeitalter angekommen. Beide Filme erstrahlen erfreulicherweise erwartungsgemäß fast durchgehend in untadeligem, neuem Glanz. Der 1942er Klassiker gewinnt dadurch besonders. Dieser ist zwar eindeutig gewichtiger als das (indirekte) Sequel aus dem Jahr 2006. Dank der sorgfältig ausgeführten Produktion im Verbund mit einer netten Story, bildet es aber in jedem Fall eine durchaus lohnenswerte Ergänzung.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.
Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zu Ostern 2011.
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