Im Spätsommer 1944 hatten die Alliierten fast ganz Frankreich besetzt. Um den schwierigen Übergang über den Rhein zu bewerkstelligen, plante der britische Oberbefehlshaber Montgomery die gigantische Operation „Market Garden“. 35.000 Fallschirmjäger (weit mehr als bei der Landung in der Normandie!) sollten in Holland hinter den deutschen Linien abspringen und eine Reihe wichtiger Brücken besetzen, die als Ausgangspunkt für die Eroberung des Ruhrgebiets dienen sollten. Die letzte und wichtigste Brücke war die über den Niederrhein in Arnheim. An dieser entscheidenden Brücke behielten die Deutschen jedoch die Oberhand, und die Alliierten, die die Widerstandskraft der Wehrmacht unterschätzt hatten, erlitten schwere Verluste. Wieder einmal erwies sich die Erwartung, zu Weihnachten sei „der Krieg vorbei und die Jungs zu Hause“, als bittere Illusion.
Im Jahre 1977 verfilmte Richard Attenborough diese Geschehnisse nach dem historischen Roman von Cornelius Ryan unter dem Titel A Bridge Too Far • Die Brücke von Arnheim. Bei der Besetzung der zahlreichen Rollen wurde dabei nicht gekleckert, sondern ordentlich geklotzt – u.a. sind zu sehen Sean Connery, Robert Redford, Gene Hackman, Anthony Hopkins, Ryan O’Neal, Laurence Olivier, Liv Ullman, Maximilian Schell, Hardy Krüger … um nur ein paar zu nennen …
Für die Musik holte sich Attenborough einen Mann, der zu den Geschehnissen eine besondere Beziehung hatte: John Addison. Dieser war kurz nach dem D-Day als 24-jähriger Panzerkommandant in der Normandie gelandet. Wenig später wurde sein Panzer jedoch abgeschossen, wobei zwei Besatzungsmitglieder umkamen und Addison selbst verwundet wurde. Später wurde er dann sogar Mitglied des britischen XXX. Korps, das in den Kämpfen um Arnheim eine zentrale Rolle gespielt hatte.
Drei musikalische Themen durchziehen den Film. Da ist zum einen der flotte, ohrwurmartige Marsch, mit dem John Addison das besagte XXX. Korps, also die alliierten Bodentruppen, beschreibt und der quasi das Titelthema des Filmes darstellt. Das zweite Thema ist den Luftlandetruppen gewidmet und ebenfalls ein Marsch. Am reinrassigsten ist er natürlich in der Szene zu hören, wo sich die gewaltige Armada von ihren Flugplätzen aus auf den Weg macht („Air Lift“) sowie in „March of the Paratroopers“.
Etwas zurückhaltender klingt das dritte Thema, mit dem Addison die holländische Zivilbevölkerung beschreibt, die unschuldig mitten zwischen die Fronten gerät. Es handelt sich um eine sehr schöne, ruhige, melancholische Melodie, die hauptsächlich in kleinerer Instrumentierung erklingt (z. B. als Solo für Klavier in „A Dutch Rhapsody“ oder für Oboe in „Arnheim Destroyed“). Wie bereits gesagt, sind diese drei Themen an zahlreichen Stellen des Filmes zu finden, und zwar in durchaus unterschiedlicher und abwechslungsreicher Orchestrierung.
Außerdem hat Addison noch einen weiteren Marsch komponiert, der allerdings nur während eines kurzen Abschnittes des Films zu hören ist (in den Tracks „March of the Paratroopers“ und „Bailey Bridge“). Die Melodie beginnt vorsichtig und verstohlen (aber mit einem nicht zu überhörenden akustischen Augenzwinkern) und steigert sich über diverse abrupte Tonartwechsel zu einem fröhlich-schmissigen Marsch, den man ebenfalls wohl eher in einem Sonntagskonzert ansiedeln würde als inmitten eines Kampfes auf Leben und Tod. Allerdings spiegelt die Musik auch hier nur die trotz Kriegs-Hintergrund mitunter etwas groteske Handlung des Filmes wieder: Amerikanische Soldaten, der Anführer (Elliott Gould) mit einer Zigarre im Mund (!), wollen im Handstreich eine Brücke nehmen, die allerdings vor ihrer Nase in die Luft gejagt wird. Eine Nachzügler-Explosion wirft eine Wassersäule auf, durchnässt den Colonel und die Zigarre geht aus …
Das übrige Themenmaterial findet sich eher an isolierten Stellen des Scores, vor allem bei Szenen, wo Addison weniger fröhliche Töne anschlägt (die eigentlichen Kampfszenen werden meist überhaupt nicht musikalisch untermalt). Diese Stellen klingen auch weit weniger melodisch (von dem bereits erwähnten Thema für die Zivilisten einmal abgesehen).
Zu diesen Stücken zählen z. B. „Hospital Tent“ oder der Anfang von „The Waal River“. Letztere Stelle untermalt Addison nur mit den Bässen, die sich die gleichen zwei Töne immer quasi hin- und zurückwerfen, sowie mit dazwischengestreuten dissonanten Fanfarenstössen.
An einer Stelle des Filmes („Futile Mission“) rennt ein britischer Soldat auf eine Wiese, um einen aus der Luft abgeworfenen Versorgungsbehälter zu bergen, obwohl er sich dabei deckungslos mitten im Visier deutscher Scharfschützen bewegen muss (und folgerichtig auch erschossen wird). Addison verwendet hier während des Laufes u.a. kurze, schnelle Figuren in den tiefen Streichern, die etwas an John Williams’ Titelthema aus Jaws • Der weiße Hai (1975) erinnern.
Mit einer Gesamtlänge von 38:08 Minuten ist die CD quantitativ eher im unteren Mittelfeld anzusiedeln. Dafür sind aber ausschließlich die Originalkompositionen von John Addison zu hören. Da die vorliegende CD eine remasterte Neuausgabe des Originalscores ist, gibt es es an der Aufnahmequalität praktisch nichts zu meckern, von einem geringfügigen Rauschen einmal abgesehen. Neben der Musik enthält die CD zusätzlich noch den (englischen) Originaltrailer des Films im .mpg und .mov Format. Hierbei ist zu bemerken, dass der Trailer schon mit der Originalmusik von Addison unterlegt ist und nicht, wie so oft, mit irgendeinem sogenannten „temp track“. Das Booklet besteht aus immerhin 16 Seiten und enthält u. a. eine ausführliche Beschreibung der Handlung mit der Zuordnung zu den einzelnen Musikstücken.
Fazit: Addison hat hier eine Arbeit abgeliefert, die einige bemerkenswerte Melodien aufweist, sehr ordentlich gemacht ist und wohl auch öfter als einmal angehört werden kann, ohne gleich langweilig zu werden. Ein ausgesprochenes Meisterwerk ist der Score aber nicht (dass die Musik an etlichen Stellen für einen Kriegsfilm etwas zu unbeschwert klingt, kann dem Komponisten wohl nur teilweise angelastet werden).