Das abseits der ausgetretenen Repertoire Pfade oft sehr schöne Blumen stehen, ist eine bekannte Weisheit, die sich hier aufs Neue bewahrheitet. So ist auf dem Varèse-Label kürzlich die erste CD einer angekündigten Kollektion mit Neueinspielungen von Musiken zur Fernsehserie Amazing Stories erschienen. In den USA lief diese in den Jahren 1985 bis -87, in Deutschland 1993/94 unter dem Titel Phantastische Geschichten. Die von Steven Spielberg unter Mitwirkung namhafter Kollegen wie z. B. Joe Dante, Martin Scorsese und Clint Eastwood produzierte Serie war eine Art neuer Aufguss von Rod Serlings Erfolgsserie der Sechziger: Twilight Zone – Unheimliche Schattenlichter. Der Erfolg freilich blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Das neben der Wahl kompetenter Regisseure ebenso qualifizierte Komponisten verpflichtet wurden, ist bei Spielberg eigentlich selbstverständlich. Es seien hier nur folgende genannt: John Williams, Jerry Goldsmith, Georges Delerue, James Horner und Leonard Rosenman.
Für die Musik der Twilight-Zone-Folgen standen Anfang der Sechziger nur kleine Ensembles, zwischen 4 und 14 Musikern, zur Verfügung. Trotz dieser bescheidenen Mittel gelang es schon damals, von Komponisten wie z. B. Jerry Goldsmith, Bernard Herrmann und Nathan van Cleave exzellente Kompositionen zu erhalten. Inzwischen ist das Fernsehen ja schon lange vom kleinen, im Schatten des Kinofilm stehenden Bruders, zum adäquaten Partner aufgestiegen. Dadurch sind auch die verwendeten Budgets für die Musik erheblich größer geworden, so dass viele Fernsehmusiken durchaus nach großem Kino klingen können. Die Titelmusik zur Serie stammt von Spielbergs Hauskomponisten John Williams. Von Williams ist neben der Abspannmusik auch die Komposition zur Folge The Mission • Die Notlandung auf der vorliegenden CD enthalten. The Mission war die einzige Folge der ersten Sendestaffel mit einer Laufzeit von einer Stunde, gegenüber rund 25 Minuten regulärer Spielzeit pro Folge. Dadurch konnte sich Williams natürlich beim Komponieren erheblich freier entfalten. Für die Geschichte eines Weltkrieg-II-Piloten, dem es mit seiner beim letzten Einsatz schwer beschädigten Maschine, trotz aussichtslos erscheinender Situation, unter mysteriösen Umständen doch noch gelingt, erfolgreich notzulanden, entstand ein knapp 30-minütiger, robust erfrischender Abenteuerscore in bester Williams-Manier, bei dem keine Langeweile aufkommt.
Daneben steht der auf knapp 12 Minuten begrenzte, klanglich intimere, Beitrag Georges Delerues zur Folge Dorothy and Ben • Koma sicher unfreiwillig etwas im Schatten der groß angelegten Williams-Musik, nicht zuletzt auch, weil Delerue ja eher ein Komponist der leiseren Töne gewesen ist. Nichts desto weniger ist er hörenswert. Für die Geschichte von Ben, einem alten Mann, der sich für die kleine Dorothy, welche ins Koma zu fallen droht, opfert, setzte der Franzose sein bewährtes Erfolgsrezept ein: Streicherteppich mit obligater Gitarre oder obligatem Holz (meist Flöte oder Oboe) gepaart mit einschmeichelnder liedhafter Melodik. Auch hier gelang ihm eine sehr einfühlsame Untermalung.
Das Royal Scottish National Orchestra liefert unter John Debney und Joel McNeely gewohnt gute Interpretationen, die mit ebenso guter Aufnahmetechnik aufgezeichnet worden sind. Ein Kritikpunkt ist die Spieldauer der CD, die mit gerade mal 41 Minuten doch etwas arg kurz geraten ist. Trotz dieser Einschränkung ist diese Veröffentlichung alles in allem eine willkommene Bereicherung für den Sammler sinfonischer Filmmusik. Man darf gespannt darauf sein, welche weiteren, wertvollen Musikbeiträge dieser Fernsehserie Varèse vor dem Vergessen bewahren wird.