Der Mongole

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
4. Oktober 2008
Abgelegt unter:
CD

Regisseur Sergei Bodrov, wohl einer der wichtigsten Protagonisten des neuen, kapitalistischen russischen Kinos, erzählt in Der Mongole bildgewaltig die Geschichte des kleinen Temüdschin, der uns späterhin als Dschingis Khan (1155/67-1227) geläufig ist. Bodrov hat sein Dschingis-Khan-Projekt als Trilogie geplant. Der erste Teil erzählt die Geschichte vom Aufstieg des Kindes zum großen Anführer aller Stämme. In einem Interview mit Welt online spricht Bodrov vom Protagonisten seines jüngsten Films als tolerantem Zeitgenossen, der kein Massenmörder gewesen sein soll. Nun, die Quellenlage zur Geschichte dieser frühen Periode ist äußerst dürftig. Das in Europa immer noch weit verbreitete, verzerrte Bild eines besonders grausamen Tyrannen ist vorwiegend durch Aussagen der Feinde des Mongolenherrschers geprägt. (Die Geschichtswissenschaft sieht dies längst deutlich differenzierter.) Wie auch aus vergleichbaren Fällen von der Antike bis heute vertraut, dürfte vieles der Gräuel zweifellos stark übertriebene Propaganda ihrer Epoche sein. Insofern ist das hier anhand alternativer Quellen, wie der 1240 entstandenen „Geheimen Geschichte der Mongolen“ entworfene, erheblich freundlichere Bild diskutabel.

Jurten, Schamanen, Fellmützen und wilde Reiter werden eingebettet in grandiose, exotisch-wild anmutende Landschaftsaufnahmen. Letzteres zählt zum Beeindruckendsten des zweifellos aufwändigen, aber zugleich auch recht spröde inszenierten Filmepos’, das besonders mit seinen recht üppig eingesetzten, digital generierten Effekten an Hollywood gemahnt. Der Erzählstil hingegen ist unlinear, sehr sprunghaft und in Teilen langatmig geraten. Hier bleibt der Regisseur dem traditionellen, auf westliche Kinobesucher oftmals schwerfällig anmutenden Stil der russischen Kinoära „vor der Wende“ durchaus verbunden. Mit seinen in den recht heftigen Kampfszenen überstilisiert wirkenden Blutspritzereien und einem schließlich doch arg auf Mystifikation abzielenden, überladenen Finale vermag der Streifen, trotz einiger interessanter Momente, insgesamt nicht recht zu überzeugen.

Heutzutage sind viele Kinostarts von einer CD-Veröffentlichung der Filmmusik begleitet. Der Finne Tuomas Kantelinen (•1969) ist hierzulande bislang noch ein kaum beschriebenes Blatt. Seine Komposition zu Der Mongole ist eine äußerst eigenwillige Mischung aus ethnischen, orchestralen und synthetischen Sounds. Außerdem finden sich eingestreute Erzählerpassagen und Dialogschnipsel. Das Kehlige der für die Mongolen typischen Obertongesänge ist zum einen zwar nicht uninteressant, aber zum anderen auch sehr gewöhnungsbedürftig. Die von der mongolischen Folk-Rock-Band Altan Urage interpretierten Stücke verleihen dem Ganzen partiell einen Touch von Mongol-Rock. Dabei werden die einzelnen Teile durch sehr konventionelle Synthie-Sounds miteinander verbunden.

Insgesamt handelt es sich damit um eine sehr uneinheitliche, experimentelle Mixtur gegensätzlicher Sounds, die konzeptionell an Arbeiten Thomas Newmans sowie ein wenig an Hans Zimmers Black Hawk Down erinnert. Zwischendurch tritt dann auch immer wieder einmal ein konventioneller, vom Orchester vorgetragener thematischer Gedanke auf den Plan.

Der Hörer findet anstelle eines üblichen Filmmusikalbums ein schon recht merkwürdiges Konglomerat vor. Etwas, das streckenweise mehr wie eine eigenwillige Collage denn wie eine traditionelle Filmmusik anmutet. Besonders kurios sind dabei die Einschübe des Erzählers. Eine Wertung nach den Cinemusic.de-Kriterien ist an dieser Stelle kaum sinnvoll machbar. Entsprechend entfällt diese. Dafür wird vor dem Kauf ein Probehören dringend nahegelegt.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum 3. Oktober 2008.

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Erschienen:
2008
Gesamtspielzeit:
56:19 Minuten
Sampler:
Varèse Sarabande
Kennung:
VSD-6902 (3969022)

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