Black Hawk Down

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
19. April 2002
Abgelegt unter:
CD

Score

(3/6)

In Ridley Scotts Black Hawk Down • Kein Mann bleibt zurück! Black Hawk Down geht es um die tragischen Ereignisse, die am 3. Oktober 1993 in Mogadischu ihren Anfang nahmen. Eine Kommando-Einheit der amerikanischen Delta Force — unterstützt von Hubschraubern des Typs „Black Hawk“ — sollte Offiziere des brutalen Clan-Chefs Aidid entführen. Die ursprünglich auf die Dauer von nur einer Stunde konzipierte Militäraktion entwickelte sich dabei zu einer blutigen Schlacht, die 500 bis 1000 Somalis und 18 Amerikaner das Leben kosten sollte …

Hans Zimmer erweist sich, wie das Booklet eindrucksvoll anhand der vielen Credits beweist, einmal mehr als guter Organisator, indem er sehr unterschiedliche junge Talente unter dem Dach von Media Ventures zur Arbeit an seiner Film-Vertonung vereinte. Er ging bei der Komposition zu Black Hawk Down mit einem sehr ähnlichen Konzept wie (nicht allein) bei Gladiator zu Werke. In beiden Fällen verknüpft er sinfonische, synthetische, pop-rockige und ethnische Klang-Elemente (unterschiedlich gewichtet) miteinander. Aus den im einzelnen relativ einfach gebauten musikalischen Ebenen baut er auch hier Schichtstrukturen auf, deren klangliche Wirkung mal mehr, mal auch weniger überzeugt. Die sinfonischen Elemente sind dieses Mal besonders wenig präsent und weniger bedeutungsvoll und damit eher hintergründiger Part der klanglichen Inszenierung. Im Vergleich wirkt Gladiator (auf seine ethno-pop-sinfonische Weise) ausgeprägter sinfonisch und partiell sogar recht opernhaft, während Black Hawk Down verstärkt ethno-pop-rockig klingt. In Black Hawk Down vermag mich Hans Zimmers Konzept (für diesen modernen Filmstoff) zwar grundsätzlich deutlich stärker zu überzeugen als in Gladiator, um eine herausragende Filmmusik handelt es sich aber trotzdem nicht.

Der Score enthält gut gemachte ethnische Einflüsse, wobei insbesondere die vokalen afrikanischen Elemente für den Schauplatz der Handlung überzeugen. Mitunter gibt es dabei auch Klänge, die sehr an die Marokko-Sequenz in Gladiator erinnern, und etwas klischeehaft wirkt es dann, wenn in den Streichern kurz Quasi-Afrikanisches anklingt; dann klingt es ähnlich konventionell wie in Mike Batts Musik zu Caravans (1979). Den Amerikanern sind die poppig-rockigen Teile und irisch anmutenden Klänge zugeordnet. So gibt es auf dem Album auch eine modernisierte Variante des klassischen Songs vom „Minstrel Boy“, wohl als eine Art (dezentes) Requiem für die toten Amerikaner. Erfreulicherweise bleibt insgesamt penetrantes Pathos ausgespart.

Auch Howard Shore kombinierte in The Cell ungewöhnlich und raffiniert ethnische und orchestrale Klänge. An den Reiz dieser komplexen Klangstrukturen reicht Hans Zimmers Black Hawk Down aber bei weitem nicht heran.

Demgegenüber steht sehr viel recht konventionell eingesetzte Synthetik, wobei manches hier zu reinen Sound-Designs und Klang-Collagen tendiert und die rockigen Teile von eher simplen Rhythmen (leider) ohne raffinierte Struktur und von viel E-Gitarren-Sounds dominiert werden. Gerade in Sachen Rhythmik hätte ich Martialisch-Rücksichtsloses und dabei vergleichbar Ungewohntes wie in Danny Elfmans Planet of the Apes[ als wesentlich reizvoller empfunden. (Der „Rule the Planet“-Remix auf dem zugehörigen CD-Album stammt zwar vom im Trance-Bereich recht bekannten Londoner DJ Paul Oakenfold, belegt aber sehr schön, wie rockig-poppig auch hier die Wurzeln sind und zeigt dabei zugleich, dass Elfman seine Musik deutlich raffinierter ausgearbeitet hat.)

Insgesamt gibt es sowohl in den synthetischen als auch in den rockigen Teilen von Black Hawk Down Parallelen zur insgesamt allerdings deutlich blasseren Musik, die Francis Ford Coppola (zugleich der Regisseur) und Carmine Coppola (zusammen mit der Popgruppe „The Doors“) zum berühmten Vietnam-Epos Apocalypse Now (1979) beigesteuert haben. Natürlich waren die Möglichkeiten in der Konstruktion synthetischer Sounds damals deutlich begrenzter als heute, aber wer z. B. mit [url id=1623]Logan’s Run[/url] (1976) von Jerry Goldsmith vergleicht, kann hören, mit wie viel mehr an Kreativität man bereits damals gestalten konnte. Der Interessierte sollte außerdem mit den ausgezeichneten synthetischen Klang-Designs in Total Recall • Total Recall — Die totale Erinnerung (1990) vergleichen.

Das im Vergleich mit Apocalypse Now wirklich Neuartige ist bei Black Hawk Down der Weltmusik-Touch, das heißt die ethnischen Klänge — die allerdings auch kein musikalisches Wagnis, sondern ein (jedoch durchaus passender) Tribut an den Zeitgeschmack sind.

Sicher ist der neueste filmmusikalische Beitrag von Hans Zimmer (und Co.) weder schlecht noch lieblos gemacht und auch als CD nicht belanglos. Zweifellos steckt hinter den Klangstrukturen viel Detailarbeit und überhaupt einiger Aufwand. Allerdings vermisse ich bei dem Gesamt-Resultat eben doch die gehörige Portion Pfiff und Raffinesse; etwas, was die oben genannten Scores zu The Cell, Planet of the Apes, Total Recall und auch Logan’s Run an Einfallskraft auszeichnet und die eine hohe Klassifizierung beim Bewerten rechtfertigen würden.

Keinesfalls geht es mir darum, grundsätzlich einer rein orchestral-sinfonischen Lösung — schon gar nicht klassisch im Stil des Golden Age — das Wort zu reden, und auch glatter Wohlklang ist bei der Thematik des Films nicht das Nonplusultra. Es fehlt Black Hawk Down aber eben auch das, was der Booklettext vollmundig verspricht: Ein schonungslos harscher Zusammenprall der Kulturen findet nur militärisch (im Film), musikalisch hingegen nicht wirklich statt. Insofern bewegt sich Hans Zimmer insgesamt eher auf gewohntem Kurs, ist im Vergleich mit Apocalypse Now besser, aber doch traditionell.

Mit drei Sternen liegt das Album zu Black Hawk Down im soliden Mittelfeld, was ja eine kleine Empfehlung beinhaltet. Die Klangschöpfung ist im Übrigen trotz der harschen Thematik des Films über größere Strecken gut anhörbar und weist sogar einige schöne Momente auf; die große Hörqualität (und damit wohl auch die Breitenwirkung) der Gladiator-CD wird hier aber (zwangsläufig) nicht erreicht. Dies macht die Musik allerdings um keinen Deut „schlechter“, sondern vielmehr die Anschaffung des Albums in besonderem Maße zu einer Angelegenheit des individuellen Geschmacks. Sicherlich liegt Zimmers Musik auch gut im Trend ihrer (unserer) Zeit: Das Album dürfte daher wohl in jedem Fall eine nicht zu knappe Anzahl von Liebhabern beiderlei Geschlechts finden.

Komponist:
Zimmer, Hans

Erschienen:
2002
Gesamtspielzeit:
67:03 Minuten
Sampler:
Decca
Kennung:
LC 017012-2

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