Der völlig irreführende deutsche Titel Ich — einfach unverbesserlich • Despicable Me ist zwar mal wieder ein Synonym für die häufig äußerst unglückliche Hand der hiesigen Distributoren beim Übersetzen der Originaltitel. Doch davon einmal abgesehen ist das erste Animations-Produkt von „Illumination Entertainment“ alles andere als verunglückt.
Was passiert, wenn zwei Oberfieslinge darum wetteifern, wer von ihnen denn nun der Böseste und damit Weltmeister sei, das steht im Zentrum von Ich — einfach unverbesserlich. Der eine davon, die Hauptfigur des Films, ist Gru, dessen mitten in einer Vorstadtidylle gelegenes Anwesen bereits rein optisch vom Rest unheilsschwanger absticht. Gru, der Bösewicht mit fahler Hautfarbe und Spitznase, dessen recht massiger Oberkörper auf dünnen Spargelbeinen ruht, fühlt sich nur dann wohl, wenn er großen wie kleinen Leuten durch mehr oder weniger heftige Streiche den Tag vergällen kann. Doch damit nicht genug, er operiert nicht nur regional, sondern hält offenbar die ganze Welt mit seinen freilich eher komischen Schurkereien in Atem. Freilich ist hier auch das Widerwärtige eher komisch und skurril übersteigert, wie die zentrale Figur, die cartoontypisch auch nur scheinbar, aber doch nicht wirklich bösartig ist.
Alles könnte nun so perfekt sein, wäre da nicht Grus erheblich jüngerer Konkurrent, Vector, dessen Aktivitäten ihm den Rang, der Schlimmste der Schlimmen zu sein, abzulaufen drohen. Hat dieser doch gerade die Cheops-Pyramide den gaffenden Touristen vor der Nase weggeklaut. Dagegen kann Grus eher kümmerliches Husarenstück, die Mini-Replik des Eiffelturms in Las Vegas anstelle des Pariser Originals zu entwenden, einfach nicht mithalten. Ja, denn auch die Bösen dieser Welt haben offenbar unter den Folgen der Wirtschaftskrise zu leiden. Und so erscheint nun gerade Vector dem Direktor der drolligen „Bank des Bösen“, die derartige Schurkereien finanziell unterstützt, inzwischen als der vielversprechendere Kreditnehmer. Doch Gru gibt noch lange nicht auf. Im unter seiner Behausung angelegten, weitverzweigten Geheimlabyrinth, versehen mit Forschungs- und Produktionsstätten, plant er, unterstützt vom schwerhörigen Wissenschaftler Dr. Nefario und einem Heer kleiner Helfer, so genannter Minions, den totalen Coup: den Himmel seines Mondes zu berauben. Doch alles kommt anders. Grus Leben wird durch drei kleine Waisenmädchen, die ihn, den Kinderhasser, letztlich doch um den Finger wickeln, völlig auf den Kopf gestellt.
Das sehr fantasyhafte Märchen wirkt zwar recht schräg, teilweise auch etwas abgefahren und erscheint gerade im ersten Filmdrittel auch etwas überladen. Aber im Verlauf der rund 95 Filmminuten entsteht daraus dann doch ein insgesamt gut funktionierendes, da erfreulicherweise sowohl für kleine wie auch große Zuschauer taugliches, spritziges und zugleich amüsantes Animationsabenteuer.
Ein wenig sind Pixars Monster AG und besonders Die Unglaublichen spürbar. Und auch Grus kleine Helfer, die etwas dösig-naiven, fast ständig kichernden, wahlweise ein- oder zweiäugigen Minions, scheinen von den vergleichbar knuffigen, infantilen kleinen grünen Aliens aus Toy Story inspiriert zu sein. Und die völlig unerklärliche Affenliebe der drei Waisenmädchen für den bösen Gru erinnert an die plötzliche Zuneigung des Hundes Dug zu seinem neuen Herrchen in Oben. Aber mit den erkennbaren Vorbildern und auch insgesamt eher geläufigen Handlungsmustern wird storytechnisch unterm Strich geschickt umgegangen. Dazu gibt’s nicht nur Seitenhiebe auf ewig nörglerische US-Touristen, auch einige gut platzierte ironische Anspielungen, wie die „Bank of Evil“ ehedem „Lehman Brothers“, sorgen für gut platziertes Schmunzeln oder auch mal Lacher bei den Erwachsenen, die mit den Kids vor dem Film sitzen. Und letztlich erweist sich auch Gru als wiederum ein wenig von der Disney-Tradition inspiriert. Ist der Bad Guy denn doch beileibe nicht so herzlos wie es zuerst scheint. Er entpuppt sich sogar als voll familientauglich: Gru wird nämlich schließlich Adoptivpapa der drei Waisenmädchen, deren Anhänglichkeit er zwar anfänglich für seine Pläne missbrauchen will, die er dafür aber bald umso inniger ins Herz schließt.
Ich — einfach unverbesserlich ist übrigens das erste Produkt von „Illumination Entertainment“. So heißt nämlich die noch relativ neue Konkurrenz für Disney-Pixar & Co, ein 2007 gegründetes Tochterunternehmen von Universal Pictures. Was sich bereits mit Horton hört ein Hu (2008) andeutete und erst recht mit dem aus der Dreamworks-Küche stammenden Drachenzähmen leicht gemacht (2010) abzeichnete, mit Ich — einfach unverbesserlich ist es nun Gewissheit: Die Konkurrenz hat kräftig aufgeholt. Zukünftig wird es für Pixar zweifellos deutlich schwieriger werden, den bislang noch unangefochtenen Spitzenplatz zu behaupten.
Ich — einfach unverbesserlich als 3D-Blu-ray-Set
Das in leuchtenden Farben erstrahlende, bereits sehr plastisch wirkende 2D-Bild (Disc 2) ist praktisch auf Referenzniveau angesiedelt. Es ist durchgehend gestochen scharf, detailreich und beim Kontrast ebenso tadellos. Auch die 3D-Präsentation (Disc 1) überzeugt durch ein nur geringfügig von Ghosting-Artefakten getrübtes Seherlebnis. Die mitunter etwas künstlich gestaffelt erscheinenden 3D-Eindrücke dürften dabei auf den recht eigenwilligen, abstrakten Animationsstil zurückzuführen sein. Allerdings finden sich genügend Momente, etwa die lustige und zugleich rasante Achterbahnfahrt, wo der beabsichtigte Raum-Effekt sehr wohlkalkuliert und damit umso überzeugender herüberkommt. Der sehr homogene und stimmig erscheinende Ton schneidet vergleichbar gut ab. Der im positiven Sinne surroundlastige, also auf den Effektkanälen wohldosiert fast fortwährend stimmig aktive Tonmix ist da, wo geboten, druck- und kraftvoll. Er überzeugt aber ebenso in den leiseren Passagen durch Ausgewogenheit im fein und detailliert gezeichneten akustischen Klangfeld.
Disc 2 wartet neben der 2D-Version des Films noch mit einigen zusätzlichen Bonus-Features auf. Abgesehen vom Audiokommentar der beiden Regisseure des Films, Chris Renaud und Pierre Coffin, sind diese allerdings in erster Linie für die Kids von Interesse.
Disc 3 des Sets enthält als weitere Zugabe nochmals eine 2D-Version des Films in Form einer sogenannten Digital Copy. Da diese nur ein einziges Mal auf einem PC, iPhone etc. freigeschaltet und damit genutzt werden kann, ist der Nutzen für den Interessierten eng begrenzt. Anschließend ist die Digital Copy nämlich wertlos. Das gilt auch beim Umstieg auf ein neues Gerät oder beim irreparablen Geräteschaden.
Fazit: Dem Film Ich — einfach unverbesserlich gelingt es, Zuschauer aller Altersstufen gut zu unterhalten, indem er es vermeidet, in Albernheiten oder in selbstzweckhafte, in Serie aneinandergereihte rein slapstickhafte Gags abzugleiten. Im beachtlich fantasievollen Drehbuch zeigen sich die eindeutigen Fortschritte, welche die Pixar-Konkurrenz, hier „Illumination Entertainment“, mittlerweile vorweisen kann, auch wenn die Originalität, die Eleganz der Animation wie auch die Tiefe in den erzählten Geschichten und damit der Charme der Pixarproduktionen letztlich noch nicht erreicht ist. Wie es weitergeht, wird die Zukunft zeigen. Für Pixar wird es gewiss nicht leichter, für den Liebhaber gelungener Animationsfilme dürfte es dafür umso spannender werden.
Die Blu-ray-Präsentation ist prima. Zwar funktioniert der Film bereits in 2D, aber erst inklusive der dritten Dimension erlebt, vermag er seinem Unterhaltungsanspruch wirklich vollständig gerecht zu werden.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.
Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zu Pfingsten 2011.
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